Mehr als nur ein Hobby

Über seine bisherigen Erfolge kann er sich nur „minimal freuen“. Sprinter Kevin Ugo vom Post-Sportverein Trier strebt nach mehr: Er will ins Nationalteam und an die Spitze der deutschen Jugend. „Das Talent und den Ehrgeiz habe ich“, sagt er selbstbewusst. Zweieinhalb Jahre läuft der 17-Jährige erst und kann sich ein Leben ohne Leichtathletik schon nicht mehr vorstellen. In der Serie “Auf dem Sprung nach oben – Talente aus Trier” stellt 16vor-Mitarbeiter Jörn Pelzer regelmäßig vielversprechende Trierer Nachwuchssportler vor.

TRIER. Verblüffend und zugleich etwas ärgerlich verlief das vergangene Wochenende für Kevin Ugo. Bei den Bezirksmeisterschaften im Trierer Moselstadion verpasste der Sprinter des Post-Sportvereins Trier nur knapp die Norm für die deutschen Meisterschaften. Über 100 Meter lief er zwar persönliche Bestzeit, am Ende fehlten dem 17-Jährigen aber drei Hundertstel, über die 200 Meter sogar nur eine Hundertstelsekunde, um sich vorzeitig für die deutschen U20-Meisterschaften im Sommer zu qualifizieren.

Die Bezirksmeisterschaften waren für Kevin die ersten Wettkämpfe in diesem Jahr. Von Januar bis März musste er mit dem Laufen aussetzen: Erst plagte ihn eine Erkältung, dann verletzte er sich am Sprunggelenk. „Nach meiner Verletzung dachte ich, diese Saison zu nutzen, um wieder in den Rhythmus und an meine Bestzeiten heranzukommen. Dass ich aber gleich so schnell laufe, hat mich selbst überrascht“, sagt Kevin und fügt selbstbewusst hinzu: „Es ist schon etwas ärgerlich, die Norm so knapp verpasst zu haben, aber die Zeiten sollte ich spätestens in einem Monat geschafft haben.“

Im September 2010 fing der gebürtige Trierer, dessen Vater aus Nigeria stammt und selbst früher Läufer war, beim Post-Sportverein an. Zuvor machte er Breakdance mit Freunden und spielte Basketball bei der MJC Trier. Schon im Sommer 2011 nahm er an seinen ersten großen Wettkämpfen teil. Mit der 4×400-Meter-Staffel der unter 20-Jährigen durfte er bei den Deutschen Meisterschaften der Frauen und Männer in Kassel an den Start gehen – vor rund 15.000 Zuschauern. „Da war mir am Anfang etwas schlecht vor Aufregung. Das war ein Feeling, das mich begeistert hat, weiterzumachen und irgendwann mal alleine bei Deutschen Meisterschaften starten zu wollen.“

Das blieb ihm nicht lange verwehrt. Im vergangenen Jahr trat Kevin bei den Deutschen Jugendmeisterschaften im Einzel an und erreichte den siebten Platz über 200 Meter. 2012 wurde er zudem dreifacher Rheinland-Pfalz-Meister und Vierter bei den Westdeutschen Hallenmeisterschaften, jeweils über 400 Meter. Über seine Erfolge habe er sich aber bisher nur „minimal freuen können“, sagt er. „Ich will mehr erreichen. Ich will ins Nationalteam kommen und irgendwann bei Welt- und Europameisterschaften starten“, zeigt er sich ehrgeizig.

Obwohl Kevin erst seit zweieinhalb Jahren läuft, könne er mittlerweile schon gar nicht mehr leben ohne Leichtathletik: „Das ist schon mehr als ein Hobby. Für mich ist es eine Lebenseinstellung.“ Vier Mal pro Woche läuft der 17-Jährige, hinzu kommen drei Trainingseinheiten im Fitnessstudio und Stabilitätsübungen zuhause. „Manchmal stehe ich schon um sechs Uhr auf, mache meine Stabi-Übungen oder einen kurzen Dauerlauf, frühstücke und gehe dann in die Schule.“ Ausnahmen gibt es keine: „Egal wie das Wetter ist: Ob Schnee, Regen oder bei minus zehn Grad – ich laufe meine Runden.“

Manchmal habe aber auch er wenig Lust. Wie heute, wenn es regnet. Dann helfen ihm seine Zettel mit Motivationssprüchen, die an seiner Zimmerwand hängen. „Hard work beats talent when talent doesn´t work hard.“ Sein Lieblingszitat. „Von nichts kommt nichts“, sagt der 1,90 Meter große Schüler des Humboldt-Gymnasiums, der mit seinem Vater und Sprinter-Star Usain Bolt gleich zwei Vorbilder hat: „Von der Statur her kann ich mich mit Bolt identifizieren. Mit meinem Vater gibt es einen familiären Wettstreit“, schmunzelt er. „Ich will schneller als mein Vater laufen, der wie ich auch 400-Meter-Läufer war.“ Kevins Bestzeit liegt bei 49,70 Sekunden, sein Vater lief die 400 Meter in 47,00 Sekunden.

Ursprünglich sollte 2013 „ein großes Jahr“ für Kevin werden. „Ich dachte, dass ich mich in meinem ersten U20-Jahr in der Spitze meiner Altersklasse über 400 Meter etablieren kann und möglicherweise sogar schon den Schritt ins Nationalteam anpeile.“ Im Winter arbeitete er deshalb vor allem an seiner Ausdauer, doch die dreimonatige Verletzung Anfang des Jahres warf ihn zunächst zurück: „Ich bin letztes Jahr schon unter den besten zehn Deutschen in meiner Altersklasse gewesen. Deswegen dachte ich, dass es sogar schon dieses Jahr klappen könnte.“

Spätestens 2014 will er sich ins Nationalteam kämpfen. Unter anderem deshalb wechselte Kevin im vergangenen Herbst zum TSV Schott nach Mainz. „Der Verein hatte das Ziel, mich bis 2014 in der deutschen Jugendspitze und im Nationalteam zu etablieren“, begründet Kevin seinen Wechsel und sagt: „Der TSV hat mehr analysiert, wie ich persönlich laufe, gerade im Hinblick auf die Biomechanik. Das kannte ich vom PST nicht.“ Zwei Monate lang trainierte Kevin unter der Woche privat und pendelte am Wochenende nach Mainz. „Das wurde mir dann aber besonders mit der Schule zu stressig und ich bin wieder zurück zum PST.“

Über kurz oder lang wird Kevin wohl wieder den Post-Sportverein Trier verlassen. Nach dem Abitur zieht es den Zwölftklässler nach Köln. Dort will er Sport studieren.

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