Auf den Spuren von Draxler, Höwedes und Co.

Mit 14 Jahren verlässt Lukas Achterberg Freunde und Familie für seinen großen Traum: Er will Fußballprofi werden. Über seinen Heimatverein Kenn und Eintracht Trier wechselt der „Dorfjunge“, wie sich Lukas immer wieder selbst nennt, im vergangenen Sommer in die U15-Nachwuchsmannschaft des Bundesligisten FC Schalke 04. Seitdem ist er als Innenverteidiger aus dem Team von Trainer Willi Landgraf nicht mehr wegzudenken. Fast wäre der inzwischen 15-Jährige allerdings zu einem anderen Bundesligisten gewechselt. In der neuen 16vor-Serie „Auf dem Sprung nach oben – Talente aus Trier“ stellt Jörn Pelzer ab sofort regelmäßig vielversprechende Trierer Nachwuchssportler vor.

GELSENKIRCHEN. Viel Zeit hat Lukas Achterberg heute nicht. Es ist Montag, 16 Uhr, als er am Trainingsgelände des FC Schalke 04 zu einem seiner ersten Interviews erscheint. Vor zehn Minuten saß der 15-Jährige noch auf der Schulbank. In rund eineinhalb Stunden geht es für ihn schon weiter – der Terminkalender ist voll: Die erste Trainingseinheit in dieser Woche steht an. Sieben Mal pro Woche hat Lukas Training, am Wochenende kommt in der Regel noch ein Saisonspiel dazu. „An Trainingstagen habe ich überhaupt keine Zeit, da geht alles Schlag auf Schlag. Wenn dann noch ein Interview wie heute dazu kommt, ist das Stress pur“, beschreibt er seinen Tagesablauf mit einem Augenzwinkern.

Die Trainingseinheiten sind nicht nur nachmittags wie heute. Jeden Dienstag, Donnerstag und Freitag muss Lukas auch vormittags auf dem Trainingsplatz stehen. Umso wichtiger ist es für den Nachwuchsspieler, dass Unterricht und Training genau aufeinander abgestimmt sind. Wie viele andere Nachwuchstalente des Vereins besucht er deshalb die Gesamtschule Berger Feld, eine DFB-Eliteschule, mit der der FC Schalke 04 in der Nachwuchsförderung zusammenarbeitet. „Hier sind zum Beispiel schon Manuel Neuer, Benedikt Höwedes, Mesut Özil und Julian Draxler ausgebildet worden“, schwärmt Lukas und fügt hinzu: „Alle haben den Sprung zu den Profis geschafft.“ Wenn Lukas aus der Schule kommt, kann er Höwedes, Draxler und den anderen Schalke-Profis oft beim Training zuschauen. „Dann sehe ich jedes Mal, für was ich kämpfe. Soweit will ich es auch schaffen.“

Hat Lukas kein Training oder Unterricht, wohnt er im Schalke-Internat, einer umfunktionierten Villa eines ehemaligen Schalke-Profis. Hier lebt er mit elf weiteren Nachwuchsspielern, für die der tägliche Weg von ihrem Zuhause nach Gelsenkirchen zu weit wäre. Dort werden sie von einem Ehepaar betreut, das für die Jungs kocht und wäscht. Eine Art „Elternersatz“ für Lukas und die anderen Jugendlichen.

Schließlich trennen den 15-Jährigen und seine Familie seit dem vergangenen Sommer mehr als 250 Kilometer. „Am Anfang war es wirklich schwer für mich, dass auf einmal meine Familie weg war. Aber daran habe ich mich inzwischen gewöhnt“, so Lukas. Dass dies so sei, verdanke er besonders seinem Vater. Dieser versucht zu jedem Heimspiel zu kommen und seinen Sohn anschließend mit nach Hause zu nehmen. „Mein Vater investiert seinen ganzen Samstag nur für mich, damit ich wieder zufrieden nach Hause komme“, sagt Lukas stolz. Doch viel Zeit kann er mit Familie und Freunden zu Hause nicht verbringen. Sonntagmorgens muss er schon wieder zurück nach Gelsenkirchen.

Denn seitdem Lukas im vergangenen Sommer nach Schalke gewechselt ist, ist der Innenverteidiger eine feste Größe in der U15 von Trainer Will Landgraf. Von 14 Spielen in der laufenden Saison stand Lukas zwölf Mal in der Startaufstellung. Ein lange im Voraus geplanter Urlaub mit der Familie kam dazwischen, sonst hätte er auch in den restlichen Partien gespielt. Auch wenn Lukas von Beginn an einen Stammplatz in der Mannschaft hatte – am Anfang war es alles andere als leicht für ihn: „Jeder im Team kämpft in gewisser Weise für sich selbst, jeder will es bis zu den Profis schaffen. Dass es da dann auch mal härter zur Sache geht und die Ellenbogen ausgefahren werden, ist klar“, sagt Lukas. Sein Trainer habe sich aber gut um ihn gekümmert und dafür gesorgt, dass er schnell ins Team integriert wurde.

Nachdem er sich bei Schalke durchgesetzt hat, will sich der 15-Jährige nun auch bei der Junioren-Nationalmannschaft in den Vordergrund kämpfen. Seit Sommer gehört er zum erweiterten Kreis der U15-Auswahl. Zu Spieleinsätzen reichte es noch nicht, bei einigen Lehrgängen durfte er aber schon dabei sein. „Es ist ein tolles Gefühl, den Adler auf der Brust zu tragen“, erzählt Lukas von seinen ersten Eindrücken bei der DFB-Auswahl. „Für sein Land zu spielen, ist das Schönste, was es gibt. Leider habe ich das noch nicht geschafft, aber ich hoffe, dass ich die Chance irgendwann bekomme.“

Trotz seiner bisherigen Erfolge wirkt der 15-Jährige bescheiden. „Reden wir lieber über meine Schwächen“, antwortet er auf die Frage, wo er denn seine Stärken sehe. Seinen linken Fuß und seine Beweglichkeit müsse er noch verbessern. „Und mein Kopfballspiel“, sagt der 1,87 Meter große Verteidiger und fügt hinzu: „Das denkt man bei mir gar nicht so, aber daran muss ich wirklich arbeiten.“ Dann fallen ihm doch noch seine Stärken ein: „An mir kommt man nicht so schnell vorbei.“ Im Zweikampf und Stellungsspiel sei er besonders gut. „Das ist auch das Wichtigste als Innenverteidiger.“ Genau wie bei seinem Vorbild Mats Hummels.

Dass Lukas einmal ein solch aussichtsreicher Nachwuchsfußballer werden würde, war früher noch nicht abzusehen. Mit sechs Jahren begann er bei seinem Heimatverein Kenn mit dem Fußballspielen. Erst nach dem Wechsel von der Grundschule in die Sportklasse des Max-Plank-Gymnasiums in Trier im Sommer 2008 kam seine Karriere ins Rollen. Lars Uder, Jugendtrainer bei Eintracht Trier, sichtete ihn während des Sportunterrichts und lud ihn zum Probetraining ein. Lukas überzeugte und wechselte zum SVE. An sein erstes Spiel im Eintracht-Trikot gegen die TSG 1899 Hoffenheim kann er sich noch genau erinnern: „Das war eine Katastrophe. Ich habe gleich am Anfang gegrätscht und einen Elfmeter verursacht. Das Tempo war am Anfang noch zu hoch für mich.“

Doch trotz des katastrophalen Spiels war es die TSG 1899 Hoffenheim, die im Winter 2011 anrief und ihn zu einem Probetraining in den Kraichgau einlud. „Die konnten sich wohl nicht mehr an das Spiel erinnern“, lacht der 15-Jährige. „Nach dem Probetraining wollte ich eigentlich zu Hoffenheim gehen, weil es mir da so gut gefallen hatte. Aber dann kam der Anruf von Schalke.“ In den Osterferien spielte er dann im Probetraining in Gelsenkirchen vor und überzeugte auch dort. „Ich habe eine Nacht im Internat geschlafen und hier gefiel es mir gleich noch besser.“

Jörn Pelzer

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