„Wir waren sehr negativ überrascht“

Egbert2Man sei „sehr negativ überrascht von der Heftigkeit“ der Probleme gewesen, sagt die Bürgermeisterin. Es handele sich um „akute Mängel“, die sich relativ schnell beheben ließen, sagen die Elternsprecherin und der Ortsvorsteher. Die Schulleiterin sagt, sie und ihr Kollegium wollten auf jeden Fall wieder zurück ins angestammte Domizil. Nachdem die Egbert-Grundschule wegen Schimmel-Belastung auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde, scheint eine erneute Debatte über den Standort nur noch eine Frage der Zeit. Angelika Birk (Die Grünen) kündigte an, das Gebäude nun umfassend untersuchen zu lassen. Ein Desaster wie bei der Kita Trimmelter Hof, die gleich zweimal geräumt werden musste, wolle man verhindern. Auch auf mehrfache Nachfrage vermied es Birk, den Stadtrat zu kritisieren. Dabei hatte dieser sich für den Erhalt der Egbert-Schule entschieden. Ortsvorsteher, Elternbeirat und Schulleitung sehen keinen Grund, an dieser Entscheidung zu rütteln.

TRIER-MITTE/GARTENFELD. Es ist ein Bild der Verwüstung, das sich dem Besucher bietet. Arbeiter sind dabei, die Platten von der Decke zu reißen, Schaumstofffetzen türmen sich in den Räumen des Pavillons. Nur die Tafeln und die an den Rand geschobenen und nicht einmal abgedeckten Stühle und Tische erinnern daran, dass hier noch vor wenigen Wochen unterrichtet wurde – bis ein Arbeiter zufällig feststellte, dass sich unter der Verkleidung der Decke größere feuchte Stellen gebildet hatten. Dem Vernehmen nach sind diese jüngeren Datums und die Folge von mangelhaften Arbeiten beim Verlegen von WLAN-Leitungen.

Für die Lehrer muss die unschöne Entdeckung das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Mit Datum vom 23. September teilten sie der zuständigen Bürgermeisterin und dem Schulverwaltungsamt mit, dass diese unverzüglich handeln müssten, ansonsten man nicht mehr bereit sei, in dem Gebäude zu unterrichten. Man kann das Schreiben auch einen Brandbrief nennen, und es war nicht das erste Mal, dass man die Verwaltung auf seltsame Gerüche in einigen Räumen hinwies und um entsprechende Untersuchungen bat. Nun kam die Botschaft am Augustinerhof an. In den Herbstferien wurde gemessen, das Ergebnis ist bekannt: Sämtliche Kinder müssen bis auf Weiteres nach Kürenz ausweichen, ab diesem Mittwoch wird ein Bus-Shuttle eingerichtet (wir berichteten).

Ausgerechnet nach Kürenz. Sie wisse, dass das „nicht einer gewissen Komik entbehrt“, erklärte Bürgermeisterin Birk am Montag in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz; und ihr sei auch klar, dass manche Kürenzer nun „die Hände über dem Kopf zusammenschlagen“. Manche fassen sich auch gleich an den Kopf und werfen die Frage auf, ob dieses Desaster programmiert gewesen war. Schließlich sei ja seit Jahren bekannt, dass die Egbert-Schule in einem baulich mehr als suboptimalen Zustand befindet, argumentieren sie. „Die Mängel wurden gesehen, und trotzdem wurde der Standort verteidigt“, erklärte auch Birk. Wer wollte, konnte hier Kritik an den vier Fraktionen heraushören, die im März in letzter Minute einen Kompromiss geschmiedet und sich unter anderem darauf geeinigt hatten, dass sowohl die Egbert- als auch die ebenfalls arg gefährdete Martin-Grundschule erhalten bleiben, die in Kürenz aber dran glauben musste, obwohl sie in einem wesentlich besseren Zustand ist.

Birk1Dass die Egbert-Schule nicht geschlossen wurde, ist ganz wesentlich das Verdienst von Eltern und Lehrern, aber auch des Ortsvorstehers von Trier-Mitte/Gartenfeld. Dominik Heinrich ist parteilos, sitzt für die Grünen aber im Stadtrat und wurde 2009 auf deren Ticket zum Ortsvorsteher gewählt – zum ersten und bislang einzigen grünen Stadtteilchef in der Geschichte der Stadt. Für die Grünen stand von Beginn der Diskussion fest, dass die Egbert-Grundschule nicht zur Disposition stehen dürfe. Im August vergangenen Jahres präsentierten sie als erste Ratsfraktion ein eigenes Konzept und schlugen in diesem vor, die Grundschule Olewig aufzugeben und die Kinder stattdessen in Egbert zu unterrichten. Der von der Stadt beauftragte Gutachter hatte zuvor empfohlen, Egbert aufzugeben; und auch CDU und SPD sprachen sich später dafür aus, den Standort in der malerischen Lage unweit des Amphitheaters zu schließen. Während der Gutachter aber vorschlug, die Egbert-Schüler künftig in die Kaiserstraße zu schicken, in das Gebäude der ehemaligen Robert-Schuman-Realschule, rieten CDU und SPD dazu, die Kinder dann in Kürenz und Olewig zu unterrichten. Der Stadtvorstand wollte die Entscheidung über Egbert auf 2015 vertagen, brachte aber auch einen Neubau auf dem Gelände ins Gespräch, in dem dann die Grundschule mit der von Olewig hätte fusioniert werden sollen.

Angesichts derart vieler Ideen und Vorschläge kann man schon mal den Überblick verlieren. Fakt ist, Stand heute: Kürenz wurde aufgegeben, die Kinder werden seit diesem Schuljahr in Trier-Nord unterrichtet, wo sie mit der Ambrosius-Schule „einen sehr guten Standort“ hätten, wie Birk am Montag betonte. Ab diesem Mittwoch erwacht nun das seit einigen Monaten leer stehende Schulgebäude in Kürenz zu neuem Leben. Für wie lange und ob vielleicht sogar für viele Jahre, scheint derzeit noch völlig offen. Sie wolle Spekulationen nicht Tür und Tor öffnen, erklärte Birk in der Pressekonferenz wiederholt. Doch die Bürgermeisterin machte auch deutlich, dass auch für sie offen ist, was Verwaltung und Stadtvorstand dem Stadtrat nach Abschluss der eingehenderen Untersuchungen vorlegen werden. Sicher scheint nur: Es wird eine Kostenschätzung sein, und je nachdem wie hoch diese ausfallen wird, dürfte auch die weitere Debatte verlaufen. Sollten auf die Stadt horrende Kosten für die Beseitigung der Schimmelbelastung und deren Ursachen zukommen, dürfte die Grundsatzdebatte über den Standort von Neuem losgehen.

Zu einer solchen Debatte sehen Eltern, Lehrer und auch der Ortsvorsteher im Osten der Stadt bislang noch keinerlei Anlass. Man wolle „betonen, dass für uns die Entscheidung des Stadtrates vom März 2013, die Egbert-Grundschule zu erhalten, außer Frage steht“, teilte der Schulelternbeirat bereits mit Schreiben vom 4. Oktober der Bürgermeisterin mit. In dem Brief, der 16vor vorliegt, verlangten die Eltern zügige Luftraum-Messungen und Kernbohrungen in den Fußböden, verlangten zugleich aber auch eine „sachliche Diskussion“ und warnten vor „unnötiger Panikmache“. Schulelternsprecherin Regina Bruhn betonte am Montag auf Anfrage, dass die Eltern weiterhin für den Erhalt des Standorts einträten. An den Argumenten, mit denen man den Stadtrat überzeugt habe, habe sich schließlich nichts geändert, so Bruhn weiter. Wenn sämtliche Räume schimmelfrei und die Ursachen für die akuten Belastungen entfernt seien, wolle man wieder zurück an den Standort in der Olewiger Straße – und das unabhängig von den weiteren Mängeln in der Bausubstanz, die seit langem bekannt seien. Auch Schulleiterin Hanne Keller machte gegenüber 16vor deutlich, dass sie sich eine schnelle Rückkehr ins angestammte Domizil wünscht – „wenn alle Mängel beseitigt sind“. Zugleich kritisierte sie, dass im Sommer keinerlei Grundreinigung des Gebäudes stattgefunden habe. Der Standort sei nach wie vor ideal, aber „es wäre schön, wenn eine Generalsanierung stattfinden würde“, so Keller.

Dominik Heinrich widersprach unterdessen dem Eindruck, die Entscheidung vom März für den Erhalt des Standorts sei wesentlich auf den Druck der Grünen zurückzuführen. Dem sei nicht so gewesen, versicherte der Ortsvorsteher und verteidigt einmal mehr das Votum des Rats: „Der Egbert-Schulbezirk gehört in Trier zu den Bezirken mit dem größten Wachstum und Bedarf an Grundschulplätzen. Das Gutachten von Biregio prognostiziert für die Egbert-Grundschule von 2013 bis 2018 Schülerzahlen von 133 bis 202 Kindern mit einer Entwicklung von 2,0 bis 2,5 Zügen. Die Entscheidung sich für den Erhalt des Egbert-Schulbezirkes und einer Grundschule dort auszusprechen, war folgerichtig“. Heinrich weiter: „Als Ortsvorsteher habe ich mich für einen Verbund der Grundschulen Egbert und Kürenz eingesetzt. Dieser Vorschlag hat leider keine Stadtratsmehrheit erfahren“.

Ob für den Ortsvorsteher dennoch vorstellbar ist, dass die Standortfrage wieder auf die Agenda kommt? Zunächst müssten die Messergebnisse der Mensa und ein Konzept zur Beseitigung des Schimmels in den Kellerräumen vorliegen, verlangt Heinrich. Erst wenn der finanzielle Aufwand einer Beseitigung der Schimmel-Problematik in den Kellerräumen und gegebenenfalls auch in der Mensa eingeschätzt werden könne, mache es Sinn, über weitere Schritte nachzudenken. Die Baumängel in der Egbert-Grundschule seien zudem „seit langem bekannt und sind die Folge von unzureichendem Bauunterhalt in den letzten Jahrzehnten“, so Heinrich weiter. Dies betreffe auch viele andere Schulen in Trier. Wie auch bei den Diskussionen zum Schulentwicklungskonzept sollten sich Entscheidungen „nicht am Zustand der Bausubstanz einzelner Schulen, sondern an den Bedürfnissen der Kinder und Stadtteile insgesamt orientieren“, fordert der Ortsvorsteher.

Nur muss am Ende des Tages auch jemand die Frage beantworten, woher das Geld für die Sanierung kommen und wie es angesichts der desolaten Haushalte der öffentlichen Hand am effizientesten eingesetzt werden kann. Und hierbei wird auch die Kommunalaufsicht ein Wort mitreden.

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