Waldpänz warnen vor weiterer Hängepartie

WaldpänzAn diesem Montag hat Triers erster Waldkindergarten seinen Betrieb aufgenommen – allerdings nur als Halbtagsangebot und auch ohne Zirkuswagen und Schutzhütte. Ende Mai hatte das Rathaus mitgeteilt, dass dem Trägerverein keine Baugenehmigung erteilt werden könne. Als Grund wurde auf ein Urteil des Koblenzer OVG verwiesen. Doch der 20 Jahre alte Richterspruch sei im konkreten Fall nicht von Belang, meint der Rechtsbeistand des „Waldpänz e.V“. Unterdessen erhöht der Verein den Druck auf die Verwaltung. Diese müsse rasch einen genehmigungsfähigen Standort präsentieren, ansonsten sei die Existenz des gesamten Angebots gefährdet. Am Mittwoch steht ein Gespräch mit OB Jensen auf dem Programm, am selben Abend berät der Stadtrat über einen Antrag der Grünen. Die politische Rückendeckung hat der Verein, allein das Vertrauen mit Teilen der Verwaltung ist auf dem Tiefpunkt.

TRIER. Katja Siebert-Schmitt ahnt, was manche über sie und ihre Mitstreiter denken könnten. Also stellt sie vorsorglich klar: „Wir sind doch kein Haufen verrückter Waldmenschen!“ Selbstverständlich bringe man das nötige Verantwortungsgefühl mit, und auch an Sensibilität in Sachen Sicherheit mangele es nicht. Erst kürzlich absolvierten die Mitarbeiter der neuen Wald-Kita eine Schulung zur Gefahrenerkennung im Wald, berichtet Katja Siebert-Schmitt. Bei der Fortbildung lernten sie und ihre Kollegen, woran man erkennen kann, an welchen Plätzen sich Erzieher und Kinder bedenkenlos aufhalten können – und an welchen nicht. Und überhaupt: „Natürlich gehen wir mit offenen Augen durch den Wald“, erklärt die Kita-Leiterin. Und liege eine Unwetterwarnung vor, dann gingen grundsätzlich weder Kinder noch Erzieher in den Wald. „Dann sind wir allerdings auch nicht im Zirkuswagen und auch nicht in der Schutzhütte“.

Zirkuswagen und Schutzhütte sind wesentlicher Bestandteil des Waldkindergartens – beziehungsweise sollen sie es einmal sein. Lange hatte es so ausgesehen, als fänden beide einen festen Platz – beim Sportjugendheim am Wildfreigehege im Weißhauswald schien dieser gefunden. Doch im Zuge der Prüfung des Bauantrags kam die Verwaltung dann überraschend zum Ergebnis, dass der Standort nicht genehmigungsfähig sei. Am Augustinerhof beruft man sich auf Bedenken vonseiten des Forstamts. Dieses habe Bedenken hinsichtlich der Abstandsflächen angemeldet und vor einer „potentiellen Gefahrenlage zwischen dem Waldrand und der vorgesehenen Bebauung“ gesprochen. Bei seinen Bedenken stützte sich das Forstamt auch auf ein Urteil des Koblenzer Oberverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1993 (wir berichteten).

Eine vom Verein „Waldpänz“ mittlerweile zu Rate gezogene Rechtsanwältin kommt hingegen zu einer völlig anderen Einschätzung. Die Auseinandersetzung mit dem Urteil erscheine ihr als „unzureichend“, schreibt die Juristin in einer 16vor vorliegenden Beurteilung und wird konkreter: „Es gibt weder eine gesetzliche Abstandsregelung bzgl. Bauvorhaben im Wald oder am Waldrand noch eine gängige Rechtsprechung in Rheinland-Pfalz dazu. Wie in dem Urteil ausdrücklich betont, handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung. In dem Fall des OVG-Urteils ging es um ein Heranrücken von Wohnbebauung an den Wald und sehr spezifische Umstände wie vorherrschender Westwind bei Planung des Bauvorhabens im westlichen Teil des Grundstückes, schwierige Bodenverhältnisse (Sandboden, der sich auf die Standfestigkeit der Bäume auswirkte) und dabei Baumbestände bis 40 Meter Höhe.“

Die Frage, ob das Bauamt den Bauantrag hätte genehmigen können oder sogar müssen, steht für Katja Siebert-Schmitt und den Vereinsvorsitzenden Ingo Langner indes gar nicht so sehr im Vordergrund, wie beide betonen. Vielmehr habe sich der Eindruck verfestigt, dass man in Teilen der Verwaltung nicht an einer konstruktiven und raschen Lösung arbeite. Während man etwa beim Sozialdezernat „offene Türen“ einrenne und sich auch der breiten Rückendeckung des Stadtrats sicher sein könne, empfinde man die Unterstützung aus dem Baudezernat doch als eher destruktiv, kritisiert Langner. Es werde beispielsweise nicht zeitnah informiert. So habe man auch erst durch die nunmehr beauftragte Rechtsanwältin, die sich Einsicht in die Bauakte geben ließ, erfahren, dass die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord schon im Vorfeld des Bauantrags auf die Möglichkeit eines vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens für das Projekt hingewiesen habe. „Dies ergibt sich ohne jeden Zweifel aus der Bauakte“. Eine vereinfachte Prüfung hätte eventuell ein schnelleres Ergebnis erbracht – ob auch ein anderes Ergebnis, scheint hingegen fraglich. Doch für die Betroffenen war und ist es vor allem der späte Zeitpunkt der Nachricht, dass die Baugenehmigung nicht erteilt werden könne, der für Frust sorgt.

Zumal dem Verein nun die Zeit weg läuft und bislang nur eine vorläufige Betriebsgenehmigung für die Wald-Kita vorliegt. Zwar verzeichne man ein immer noch starkes Interesse und permanente Anfragen; diese hätten sogar zugenommen, weshalb der Verein auch sicher sei, die 18 Plätze über kurz oder lang zu besetzen, berichtet Langner. Doch hätten die ersten Eltern auch schon einen Rückzieher gemacht. Das sei allerdings auch nicht weiter verwunderlich, so Langner weiter, denn Mütter und Väter müssten einfach die Gewissheit haben, ob es bald ein Ganztagsangebot geben kann. Ohne Zirkuswagen und Schutzhütte bleibt es beim Halbtagsangebot, doch seien einige der Interessenten schlichtweg auf eine ganztägige Betreuung ihres Kindes angewiesen, so Langner, der ab Januar vor demselben Problem stehen könnte: dann nimmt seine Frau ihre Arbeit wieder auf. „Wir brauchen bald Sicherheit“, verlangt deshalb der Vereinschef, die anhaltende Ungewissheit sei verheerend und für den Erfolg des Angebots wenig förderlich. Eine weitere Hängepartie könne man sich nicht leisten.

Katja Siebert-Schmitt macht derweil noch einmal klar, dass ein Ausweichen in den Forst von Quint nicht zur Debatte stehe. „Das wäre der Tod für unser Projekt“. Die Wald-Kita-Leiterin verweist auf die deutlich bessere Anbindung des Weißhauswalds, dieser sei „von allen Seiten gut erreichbar“; zudem gebe es dort schon eine „enorme Infrastruktur“ und bereits jetzt eine deutlich höhere Belastung, weil der Weißhauswald etwa stärker als Naherholungsgebiet diene als der Quinter Wald. Wie auch der Mattheiser Wald aus dem Rennen sei, hier unter anderem wegen naturschutzrechtlicher Aspekte. Für Siebert-Schmitt ist es kaum vorstellbar, dass sich ausgerechnet in Trier kein Standort finden lässt. Andernorts, beispielsweise in Merzig-Besseringen, habe man schließlich auch eine Lösung gefunden. In jeder Kommune betrete man mit der Genehmigung einer solchen Einrichtung quasi Neuland, aber in jeder Kommune habe man das Ziel schließlich erreicht. Wo ein Wille, da auch ein Weg, sind die Initiatoren des Waldkindergartens überzeugt. Wobei Katja Siebert-Schmitt gleich klar macht, dass man sich auf Kungeleien nicht einlasse.

Auf wenig belastbare Zusagen indes auch nicht. Die Verantwortlichen des „Waldpänz e.V“ wissen – noch eine Abfuhr durch die Baubehörde würde das Projekt nicht überstehen. Das macht die Lage nun schwierig: Den bestehenden Bauantrag werde man vorerst nicht zurückziehen, betont Langner. Doch in punkto Standort wieder bei Null anfangen und riskieren, dass im Verlauf des Bauantrags erneut Hürden auftauchen, ist auch kein gangbarer Weg. „Wir können nicht mehr bis 2014 warten, die Entscheidung für den Standort muss noch in diesem Jahr fallen“, so Langner. Ansonsten werde es wirklich schwierig, die vorhandenen Interessenten bei der Stange zu halten und weitere zu finden; gerade im Bereich der Kinder über 3 Jahre könne man noch einige gebrauchen.

Am Mittwoch treffen sich Vertreter des „Waldpänz e.V.“ mit dem Oberbürgermeister. Man erwarte von Klaus Jensen (SPD), dass dem „klaren politischen Willen des Stadtrats nun auch Taten folgen“ und der OB im Stadtrat darauf hinwirke, dass rasch eine Lösung herbeigeführt werde. Das fordern auch die Grünen, die für die Stadtratssitzung an diesem Mittwoch einen Antrag eingebracht haben: „Der Stadtrat beauftragt daher die Verwaltung, in Abstimmung mit dem Betreiber bis zum 1. August 2013 aktiv einen genehmigungsfähigen Standort zu suchen, damit der weitere Betrieb auch nach Oktober 2013 möglich ist“, heißt es darin. Und auch die Sozialdemokraten haben das Thema auf die Tagesordnung des Stadtrats gesetzt: „Es ist unausweichlich, so schnell als möglich einen neuen Standort festzulegen, der sowohl den Bedarfen eines Waldkindergartens als auch den Vorgaben des Forstamtes und der Bauaufsicht entsprechen“, verlangt die SPD in einer Anfrage.

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