Vollsperrung der Römerbrücke programmiert

Hiobsbotschaft für Autofahrer, die aus dem Westen der Stadt kommen oder dorthin gelangen wollen: Die älteste noch befahrene Flussquerung Deutschlands, die Trierer Römerbrücke, wird nach Informationen von 16vor schon bald für den KfZ-Verkehr gesperrt werden müssen. Im Rahmen einer Untersuchung für das Welterbekomitee der UNESCO hat der Internationale Rat für Denkmalpflege (ICOMOS) an dem Bauwerk schwere Schäden festgestellt. Eigentlich wollte man im Rathaus die heikle Nachricht bis nach der Kommunalwahl für sich behalten, der Beginn der Sperrung war ursprünglich für den 26. Mai terminiert. Doch weil das UNESCO-Hauptquartier in Paris Druck macht, wird sich der Stadtrat nun bereits an diesem Donnerstag in nicht öffentlicher Sitzung mit dem Thema befassen. 

TRIER. 68 Punkte umfasst die Tagesordnung der letzten Stadtratssitzung vor der Kommunalwahl. Reichlich Stoff also, der wohl erst nach etlichen Stunden abgearbeitet und wegdebattiert sein dürfte. Weiterer Themen hätte es also nicht bedurft, doch diesen Gefallen wird Simone Kaes-Torchiani den Ratsmitgliedern nicht tun können. Im Gegenteil: Am gestrigen Montagmorgen ließ die Baudezernentin über den Sitzungsdienst des Rathauses zu einer Dringlichkeitssitzung des Ältestenrats einladen. Erst unmittelbar zuvor hatte sie OB Klaus Jensen über einen Vorgang informiert, der mächtig Zündstoff birgt: Laut Expertengutachten sind die Stützpfeiler der Römerbrücke inzwischen in einem Maße beschädigt, dass zumindest bei zweien eine dauerhafte Standsicherheit nicht mehr gewährleistet werden könne. Dieses Ergebnis des ICOMOS-Berichts landete schon vergangenen Dienstag auf Kaes-Torchianis Tisch – just zu einem Zeitpunkt, als der OB in der Europäischen Kunstakademie einer Jury vorsaß, welche über die Entwürfe für eine Rad- und Fußgängerbrücke über die Mosel entscheiden sollte (wir berichteten).

Dass es diesen „Irminensteg“ noch nicht gibt, könnte sich jetzt rächen. Denn spätestens am Montag kommender Woche soll die Römerbrücke für den Verkehr gesperrt werden. So steht es in Vorlage 137/14, die vom Stadtrat kurzfristig unter Tagesordnungspunkt N 61.5 beraten werden soll. „N“ steht für nicht öffentlich, und so hätte die Verwaltung wohl das gesamte heikle Thema auch vorerst behandelt, wenn nicht die UNESCO Druck gemacht hätte und 16vor von dem Ganzen keinen Wind bekommen hätte. In einem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, heißt es: „Angesichts der Massivität der Schäden an den Bindeträgern des Brückenlaufwerks (vgl. unser Schreiben vom 20. März; zur Kenntnis ICOMOS) halten wir eine zeitnahe, mithin also unverzügliche Sperrung der Römerbrücke Trier für zwingend angezeigt“. Indirekt droht die UNESCO auch mit dem Entzug des Welterbestatus: „Seit 1986 befindet sich die Römerbrücke Trier auf der Liste der Stätten des Weltkulturerbes. Falls das Handeln der Verantwortlichen der Stadt Trier vom Willen getragen ist, dass dieses einzigartige Monument sich auch weiterhin dort findet, sollten sie unseren Weisungen Folge leisten“.

Im Rathaus jedoch fürchtete man nicht zu Unrecht, eine Römerbrücken-Sperrung könne den bislang noch unter der Schwelle der Wahrnehmung stattfindenden Kommunalwahlkampf auf den letzten Metern doch noch in Fahrt bringen. Bis 26. Mai, dem Tag nach dem Urnengang, sollte das UNESCO-Schreiben deshalb unter Verschluss bleiben – so der ursprüngliche Plan, der nicht aufging. Als OB und Kaes-Torchiani gestern Abend die Vertreter der Fraktionen über den Sachstand informierten, soll es schon mal einen Vorgeschmack auf die heftigen Auseinandersetzungen gegeben haben, die nun programmiert scheinen. Teilnehmer berichten übereinstimmend von lautstarken Wortgefechten, auch Türen sollen geknallt haben. Auf dem Rathausflur hätten sich mit blauer Kopfbedeckung und Uniform verkleidete sowie mit Schlagstöcken ausgestattete Mitarbeiter des Ordnungsamts in Stellung gebracht. Man war auf alles vorbereitet, nur eben nicht auf eine Sperrung der Römerbrücke. „Ich war ja immer dafür, dass wir gleich nach der Aulbrücke die Römerbrücke sanieren, aber die Ehranger hatten ja partout nur ihre bescheuerte Pfeiffersbrücke im Kopf“, konterte die Dezernentin Vorwürfe, sie habe zu spät auf den Handlungsbedarf hingewiesen.

FWG: Mainz ist schuld! Grüne: Beitrag zum Umweltschutz

Bei den Freien Wählern hat man die Landesregierung in Mainz im Verdacht, hinter dem ICOMOS-Gutachten zu stecken: „Das ist wieder diese ideologische Politik von denen da oben. Erst bezahlen sie so ein Gutachten, dann reparieren sie uns die Römerbrücke und reaktivieren die dann wieder für den Autoverkehr. Und dann leiten sie ganzen Autoverkehr aus dem Mittelrheintal über die Eifel und Euren und die Römerbrücke nach Heiligkreuz um“, echauffierte sich FWG-Verkehrsexperte Hans-Alwin Schmitz. Auf die Frage, was er denn konkret vorschlage, um das Problem zu lösen, antwortete der Eurener: „Wir fühlen uns nur den Bürgern verpflichtet“.  „Als nächstes bauen sie uns die Schleuse aus, damit die ganzen Schiffe auf dem Rhein bald über die Mosel fahren und uns schöner Monaise mit ihrem Schiffsdiesel verpesten“, sprang FDP-Mann Tobias Schneider Schmitz bei. Der Liberale verwies auf verdächtige Erdbewegungen südlich der Adenauer-Brücke; letzte Woche noch habe er vor Ort mehrere Bauarbeiter gesehen, die nachweislich mit einer überdimensionierten Schaufel zugange gewesen seien, so Schneider. Passanten hätten Bilder hiervon ins Internet gestellt. SPD-Fraktionschef Sven Teuber kommentierte die Aufregung mit dem Hinweis, dass es zwischen Koblenz und Wiesbaden auf 80 Kilometern Länge nicht eine einzige Brücke über den Rhein gebe, man in Trier mit dreien über die Mosel also noch gut bedient sei: „Dass die Römerbrücke solange steht, ist außerdem nur das Verdienst unserer beliebten Trierer Ministerpräsidentin Malu Dreyer und derem tollen Einsatz für die Stadt und die Region in Mainz“.

Die Grünen schlugen unterdessen vor, die Römerbrücke lediglich für den Kfz-Verkehr zu sperren. „Wenn Radfahrer und Fußgänger sie weiterhin nutzen können, ist das ein weiterer Beitrag für die Förderung des Umweltverbunds, und wir sparen uns gleich auch noch die Kosten für den Irminensteg“, argumentierte Fraktionschefin Anja Reinermann-Matatko. CDU-Verkehrsexperte Thomas Albrecht warf Matatko daraufhin vor: „Nach dieser Logik können Sie auch gleich noch Kaiser-Wilhelm- und Konrad-Adenauer-Brücke sperren, und ein paar Hauptverkehrsstraßen dazu“. Der Mariahofer forderte, nun Tempo zu machen: „Für die Sanierung der Römerbrücke können wir das Geld nehmen, dass wir für den Moselaufstieg schon nicht hatten“. Linken-Ratsmitglied Linde Andersen zeigte sich entzückt von diesem Vorschlag: „Ich finde das eine ausgezeichnete Idee. Wir Linke waren schon immer dafür, nicht vorhandenes Geld auszugeben!“ Andersen machte Albrecht ein Koalitionsangebot: „Wenn CDU-Spitzenkandidat Dempfle sein 1-Euro-Ticket für die Stadtbusse durchsetzt, dann stehen wir für eine Koalition der finanzpolitischen Solidität bereit!“

An eine Sanierung der Brücke will Kaes-Torchiani noch nicht denken, mit ihrem Team vom Tiefbauamt plant sie nun erst einmal die Vollsperrung, die am kommenden Montag in Kraft treten soll. Eigentlich hatte diese schon ab heute dicht sein sollen, doch diesen Zeitplan bremste die Baudezernentin aus: „Wie sähe das denn aus, wenn wir am 1. April die älteste Brücke Deutschlands sperren würden?! Dann würden doch alle denken, das wäre ein Aprilscherz“. Da müsse er der Kollegin ausnahmsweise Recht geben, pflichtete OB Jensen ihr bei.

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