Doppelter Schlag für Stadtwerke Trier

Die bereits im Sommer angemeldete Insolvenz von Praktiker und Max Bahr könnte auch für die Stadtwerke Trier nicht ohne Folgen bleiben. Weil der Versorger vor zwei Jahren einen Stromliefervertrag für die mehr als 300 Filialen der beiden Baumarkt-Ketten abschloss, finden sich die SWT nun unter den größeren Gläubigern des zahlungsunfähigen Konzerns wieder. Über konkrete Summen schweigt sich das Unternehmen auf Anfrage zwar aus, doch rechnen Insider mit einem siebenstelligen Betrag, der an Forderungen noch ausstehen dürfte. Doch auch an anderer Front droht den Stadtwerken weiteres Ungemach: Nach einer schwerwiegenden Panne im Zuge der Bauarbeiten wird sich die Inbetriebnahme des Steinkohlekraftwerks „Gekko“ im westfälischen Hamm erneut verzögern. Für mögliche Verluste wurden bereits Rückstellungen gebildet, bestätigte ein Unternehmenssprecher am Mittwoch entsprechende Informationen von 16vor.

TRIER. „Gekko“, das zwei Blöcke zählende Kohlekraftwerk, das unter Federführung des RWE-Konzerns gemeinsam mit annähernd zwei Dutzend kommunalen Versorgern realisiert wird, kommt nicht in die Gänge. Dabei hatte RWE-Chef Jürgen Großmann bei der Grundsteinlegung vor mehr als fünf Jahren noch getönt: „Ab 2011 liefern wir dann sicheren und bezahlbaren Strom“. Seinen Worten lauschten seinerzeit auch die eigens angereiste Bundeskanzlerin und der damalige nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (beide CDU). Großmanns Rede anlässlich der Grundsteinlegung kann man noch heute nachlesen, nur steht er nicht mehr an der Spitze des Strom-Giganten – und muss sich deshalb auch nicht mehr mit Problemen wie jenen um das neue Steinkohlekraftwerk in Hamm herumschlagen.

Bei dem kam es zwischenzeitlich nicht nur zu erheblichen Kostensteigerungen, weshalb „Gekko“ statt der ursprünglich geplanten „rund 2“ nun mindestens 2,4 Milliarden Euro kosten wird, das Kraftwerk ist bis dato auch noch nicht am Netz und es dürfte auch noch einige Zeit dauern, bis es Strom liefern wird. Das bestätigten jetzt auch die Stadtwerke Trier, einer von 23 „kommunalen Partnern“ des Projekts. Die SWT sind mit knapp 13 Millionen Euro an dem Vorhaben beteiligt. Das ist wenig gemessen an den Gesamtkosten, doch für ein Unternehmen von der Größenordnung der Stadtwerke sind es auch keine „Peanuts“.

„Im Rahmen der Vorbereitung der Inbetriebnahme von Block D des Kraftwerks sind Schäden am Dampferzeuger aufgetreten. Zudem kam es zu einem unvorhergesehenen Chemikalieneintrag im Deionat und damit im Kessel und in der Turbine des Blocks. Aktuell läuft die Ursachenklärung“, teilte ein SWT-Sprecher am Mittwoch auf Anfrage gegenüber 16vor mit. Vor diesem Hintergrund habe RWE „präventiv die kommerzielle Inbetriebnahme auf März 2014“ verschoben. Da sich die „Gekko“-Vertragslaufzeit von 20 Jahren nach dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme richte, habe die Verzögerung aber „keine konkreten Konsequenzen“, heißt es weiter.

Also doch alles in Butter mit der Beteiligung an „Gekko“? Mitnichten, wie auch die Stadtwerke einräumen müssen: „Aus heutiger Sicht wirken sich die fehlenden verlässlichen Rahmenbedingungen und die aktuelle Preisentwicklung an der Strombörse sicherlich negativ auf das Projekt aus“. Deshalb habe man auch bereits „Vorsorge getroffen, indem für mögliche Verluste aus diesem Projekt Rückstellungen gebildet wurden“, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber 16vor. Rückstellungen seien „betriebswirtschaftlich gesehen nichts Ungewöhnliches und ein Element einer ausgewogenen Chancen/Risiko-Abwägung“, lässt das Unternehmen weiter verlauten; auch würden sich diese Rückstellungen zwar „auf die aktuellen Ergebnisse“ auswirken, aber „zunächst nur Vorsorgen für eventuell kurz- und mittelfristig anfallende Belastungen“ darstellen. Ein Insider findet da deutlichere Worte: „In Hamm wird viel Geld in den Sand gesetzt“, mutmaßt er.

Unternehmen schließt Ausstieg aus „Gekko“ nicht aus

Tatsächlich lassen auch die Stadtwerke durchblicken, dass sie durchaus mit Verlusten rechnen. Inzwischen sei „politisch akzeptiert, dass die Rahmenbedingungen für den Erzeugungsmarkt geändert werden müssen, da derzeit insbesondere alte Stein- und Braunkohlekraftwerke eingesetzt werden und moderne und umweltfreundliche Kraftwerke nur zum Teil ausgelastet werden. Wir hoffen, dass nach der Regierungsbildung möglichst schnell die notwendigen Entscheidungen zur Änderung des Energiemarktdesigns getroffen werden, damit die gebildeten Rückstellungen nicht oder nur teilweise in Anspruch genommen werden müssen.“ Ob es denn in den zuständigen SWT-Gremien konkrete Überlegungen gebe, die Beteiligung an dem Kraftwerk zu kündigen, wollte 16vor wissen. Die Antwort des Unternehmens: „Grundsätzlich wird dieses Projekt bei den Stadtwerken und in den Gremien weiterhin kontrovers diskutiert. Für weitere Entscheidungen soll aber zunächst die kommerzielle Inbetriebnahme samt der dann geltenden politischen Rahmenbedingungen abgewartet werden.“ Um jeden Preis an der Beteiligung festhalten möchten die SWT offenbar nicht. Schon einmal stand die Möglichkeit eines Ausstiegs im Raum, doch machte RWE den 23 kommunalen Unternehmen dann größere finanzielle Zugeständnisse, woraufhin diese sich bereit erklärten, an Bord zu bleiben (wir berichteten).

Gut möglich, dass „Gekko“ alsbald auch wieder die Kommunalpolitik beschäftigen wird. Schließlich fiel im Stadtrat auch die Entscheidung für die Beteiligung an dem Kraftwerk. Per Bürgerbegehren war es Verbänden 2007 gelungen, dass umstrittene Thema auf die Tagesordnung des Rats zu setzen. OB Klaus Jensen (SPD), kraft Amtes auch Chef des SWT-Aufsichtsrats, hatte sich ausdrücklich gegen eine Beteiligung an dem RWE-Projekt ausgesprochen und die Investition in ein Kohlekraftwerk als klimapolitisch falsches Signal gewertet, doch eine Mehrheit aus CDU, FWG und FDP setzte sich durch.

Als würden die Probleme mit „Gekko“ und dem Projektführer RWE nicht schon reichen, beschäftigt die Stadtwerke derzeit noch eine weitere Baustelle: Im Jahr 2011 schloss das Unternehmen einen Stromliefervertrag für rund 300 Filialen der Baumarktketten Praktiker und Max Bahr ab. Im Juli 2013 meldeten beide Ketten bekanntlich Insolvenz an. „Die offenen Forderungen werden derzeit über das vorläufige Insolvenzverfahren abgewickelt. Über die Höhe der Forderungen können wir aufgrund des laufenden Verfahrens keine Aussage machen“, ließ der SWT-Sprecher auf Nachfrage wissen. Von einem siebenstelligen Betrag ist wohl auszugehen. Die Stromlieferungen ab dem Zeitpunkt der Insolvenz erfolgten vertragsgemäß weiter und seien jeweils über Zahlungen per Vorkasse abgesichert, heißt es. Wenn bei Praktiker und Max Bahr bundesweit also endgültig die Lichter ausgehen sollten, wird es nicht an dem Trierer Versorger gelegen haben.

Weitere Informationen zum Thema: RWE und Stadtwerke einigen sich, Aussteigen oder auf Vergleich einlassen? und Stadtwerke und RWE geraten aneinander

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