Stadtwerke Trier und RWE geraten aneinander

Die Beteiligung der Stadtwerke Trier am Neubau eines Kohlekraftwerks droht zusehends zu einem wirtschaftlichen Fiasko zu werden. Das Unternehmen bestätigte am Mittwoch auf Anfrage gegenüber 16vor, dass sich die Realisierung des unter dem Namen „Gekko“ firmierenden Projekts bis Ende 2013 verzögern wird. Ursprünglich hatte das Werk Anfang 2012 ans Netz gehen sollen. Zusätzlich zu schaffen macht den Beteiligten eine regelrechte Kostenexplosion, von mehr als einer halben Milliarde Euro ist die Rede. Die SWT verlangen einen Ausgleich, was zu weiteren Spannungen mit dem Anteilseigner RWE führt. Kürzlich kam es zu einem regelrechten Eklat, weil der Essener Konzern eine von den Stadtwerken geforderte Sonderprüfung ablehnte. „Stand heute“ halte man das Projekt weiterhin für wirtschaftlich, erklärte ein SWT–Sprecher. Doch ein Ausstieg aus „Gekko“ wird nach wie vor geprüft.

TRIER/HAMM/DORTMUND. „Bei Gekko steigt der Druck im Kessel“, titelte dieser Tage Der Westen, das Online-Nachrichtenportal der WAZ Mediengruppe. „Gekko“ steht für Gemeinschaftskohlekraftwerk, und Teil dieser „Gemeinschaft“, in der sich immer mehr Risse zeigen, sind die Stadtwerke Trier. Anfang Januar 2008 besiegelte das Unternehmen seine Beteiligung an dem Projekt, rund 12,6 Millionen Euro sollten aus der Moselstadt in das Werk fließen. Der Entscheidung vorausgegangen war eine heftige kommunalpolitische Debatte, welche das „Bündnis für Erneuerbare Energien (BEET)“ mithilfe eines Einwohnerantrags erzwungen hatte. So musste sich im Dezember 2007 auch der Stadtrat mit dem Vorhaben befassen, bis eine Mehrheit aus CDU, UBM (heute FWG) und FDP schließlich „Grünes Licht“ für das Engagement der Stadtwerke im westfälischen Hamm gab.

Derart kontrovers war die Debatte, dass der damalige CDU-Fraktionschef Berti Adams seinen Posten als Vizechef des SWT-Aufsichtsrats hinwarf. Zur Begründung meinte der Unionsmann im Dezember 2007, dass ihm in Sachen Kraftwerk „viel zu ökologisch und zu wenig ökonomisch diskutiert werde“. Adams weiter: Er wolle nicht „Beifahrer sein, wenn der Wagen gegen die Wand fährt“. Am Steuer, sprich an der Spitze des SWT-Aufsichtsrats, saß damals wie heute OB Klaus Jensen (SPD), der das Projekt vor allem aus klimapolitischen Gründen ablehnte.

Inzwischen deutet immer mehr darauf hin, dass der Wagen tatsächlich gegen die Wand fahren könnte, doch diskutiert wird längst nicht mehr unter ökologischen Gesichtspunkten, sondern aus einem ökonomischen Blickwinkel. Denn es mehren sich die Anzeichen, dass „Gekko“ für die Stadtwerke zu einem wirtschaftlichen Fiasko zu werden droht. Andernorts spricht man schon von einem „Millionengrab“ für die zwei Dutzend kommunalen Versorgungsunternehmen, die sich vom Essener Konzern RWE für eine Beteiligung gewinnen ließen. Laut Der Westen werden die Kosten für das Kraftwerk um eine halbe Milliarde auf 2,4 Milliarden Euro steigen. Zudem wird sich die Fertigstellung der Anlage, die eigentlich ab diesem Jahr Strom liefern sollte, weiter verzögern. „Wir gehen davon aus, dass das Kraftwerk Ende 2013 in Betrieb gehen wird“, bestätigte jetzt auf Anfrage Carsten Grasmück.

Ein beispielloser Affront

Der SWT-Sprecher bestätigte noch mehr, was weitere Zweifel an dem gesamten Projekt weckt: Ja, in der Gesellschafterversammlung hätten alle beteiligten Stadtwerke von RWE eine Sonderprüfung verlangt. Ziel sei es gewesen, die „wirtschaftlichen Folgen der Bauzeitverzögerungen bewerten zu können“. Doch die Essener lehnten brüsk ab, die von den Partnern verlangte Sonderprüfung werde es nicht geben. Ein wohl beispielloser Affront gegenüber den kommunalen „Partnern“. Neues Vertrauen in die Investition dürfte so nicht wachsen; eine Steilvorlage auch für jene Kritiker, welche die Beteiligung des RWE an den Stadtwerken seit längerem geißeln. In manchen Städten hat man bereits Konsequenzen aus der Entwicklung gezogen: In Münster wollen sich die Verantwortlichen von dem Projekt verabschieden, und auch in Dortmund kippt die Stimmung. Der dortige Energieversorger DEW hängt mit mehr als 100 Millionen Euro in „Gekko“ drin – mindestens, denn mit erheblichen Mehrbelastungen ist zu rechnen.

Dass es teurer wird, räumt man auch bei den SWT ein. Um wie viel teurer das Trierer Unternehmen „Gekko“ kommt, sei aber noch unklar, heißt es. „Die zusätzlichen Kosten hängen davon ab, wie der Vergleich mit RWE ausgeht. Diese Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen“, erklärte Grasmück am Mittwoch gegenüber 16vor. Man erwarte einen Ausgleich, den RWE für die höheren Baukosten und die verspätete Fertigstellung leisten solle. Wie hoch diese Forderung ist, wollte das Unternehmen nicht verraten, und sich vollends verabschieden möchte man sich von „Gekko“ offenbar auch noch nicht. Das Kraftwerk sei „ein Langfristprojekt mit einer Laufzeit von 20 Jahren. Auf die Gesamtlaufzeit gesehen halten wir die Beteiligung Stand heute nach wie vor für wirtschaftlich“, teilte der Sprecher mit. Ob die Stadtwerke an dem Projekt festhalten werden, könne in den zuständigen Gremien jedoch „erst nach Vorliegen der Verhandlungsergebnisse und den daraus resultierenden Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaftlichkeit des Projekts entschieden werden“.

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