„Wir wollen ein letztes Mal ein Risiko eingehen“

Mit großer Mehrheit hat der Stadtrat am Dienstagabend die Weichen für eine Wiederauflage des Römerspektakels „Brot und Spiele“ gestellt. Überraschend war das Thema auf die Tagesordnung gesetzt worden. Wie in diesem wird die Veranstaltung auch im nächsten Jahr an zwei Wochenenden stattfinden. Das Konzept bleibt unverändert, bei den Einnahmen aus dem Kartenverkauf kalkulieren Stadt und Medienfabrik nun insgesamt mit 275.000 Euro – das wäre nahezu das Doppelte dessen, was in diesem Jahr am ersten Wochenende des Events über den Ticketverkauf umgesetzt wurde. Kulturdezernent Thomas Egger (FDP) nannte den Kosten- und Finanzierungsplan für das Event „ambitioniert“, doch habe man „nicht ins Blaue hinein geplant“. Außer den Grünen trugen alle Fraktionen die Vorlage mit.

TRIER. „Ein Beschluss über die zukünftige konzeptionelle Ausrichtung von ‚Brot und Spiele‘ 2012 soll nach weiteren Analysen und internen Beratungen womöglich in einer Sondersitzung des Kulturausschusses gefasst werden, um den Vorverkaufstermin nicht zu sehr zu verzögern“, berichtete gestern die Rathaus-Zeitung, das wöchentlich erscheinende Mitteilungsblatt der Verwaltung. Da waren die Würfel schon gefallen, denn bereits am Montagabend hatte Thomas Egger eine Runde mit Vertretern der Fraktionen zu einer Sondersitzung der etwas anderen Art eingeladen. Plötzlich musste alles ganz schnell gehen, weshalb man sich mit Analysen und Gedankenspielen über mögliche Veränderungen des Konzepts nicht mehr lange aufhielt, sondern kurzerhand eine Vorlage in Auftrag gab. Keine 24 Stunden später stand diese im Stadtrat zur Abstimmung und wurde mit überwältigender Mehrheit angenommen.

Damit war nicht zu rechnen, denn erst vor einer Woche hatten Egger und der Chef der Trierer Medienfabrik, die im Auftrag der Stadt seit 2002 das Event plant und durchführt, die Bilanz für „Brot und Spiele“ 2011 präsentiert. Was Ronald Frank und der Dezernent an Zahlen vorlegten, ließ ernsthafte Zweifel an jenem Konzept aufkommen, auf dass der Inhaber der Medienfabrik im vergangenen Jahr gedrängt hatte. Die Verlegung in den September und damit außerhalb der Schulferien sollte für ein Plus bei den Besucherzahlen sorgen. Doch daraus wurde nichts, denn trotz der Ausweitung auf zwei Wochenenden wurden lediglich rund 1.000 Gäste mehr gezählt. Hatten Stadt und Medienfabrik für das erste Wochenende mit 214.000 Euro Einnahmen aus dem Ticketverkauf kalkuliert, waren es am Ende lediglich 147.500. Weil aber das volle Einnahmenrisiko für dieses Wochenende bei der Stadt lag, muss diese nun neben ihrem Zuschuss von 50.000 Euro zusätzlich 45.000 Euro nachschießen.

Vor diesem Hintergrund verwundert die Kalkulation für 2012. Denn laut Kosten- und Finanzierungsplan für die elfte Auflage von „Brot und Spiele“ sollen nun aus dem Ticketverkauf insgesamt mehr als 275.000 Euro kommen. Bei den Werbeeinnahmen rechnen Frank und Egger mit 100.000 Euro, obwohl hier der Ansatz von 2011, der bei unter 70.000 Euro lag, unterboten worden war. Die Einnahmen aus Standgebühren sollen mehr als verdoppelt werden, das Land zusätzliche rund 8.000 Euro Kosten übernehmen, die im Landesmuseum für die pädagogischen Darstellungen der Fabricae anfallen. Eine Zusage aus Mainz gibt es hierfür noch nicht. Käme sie, flössen aus der Landeskasse 83.000 Euro in das Spektakel.

Das Konzept soll unverändert bleiben: Auch 2012 wird es an einem Wochenende das Römerlager an den Kaiserthermen geben. Hier hatte die Medienfabrik in diesem Jahr eine spürbar geringere Resonanz verzeichnet, weshalb Frank diesen Teil der Veranstaltung am liebsten nur noch alle zwei Jahre angeboten hätte. An den beiden Wochenenden 31. August und 2. September sowie 8. und 9. September 2012 wird das Amphitheater „abermals Schauplatz einer spektakulären Inszenierung“ (O-Ton Verwaltungsvorlage). Auf dem Programm steht dann das Stück „Herkules und die Macht des Bösen“ von Alexander Etzel-Ragusa. Eine wesentliche Änderung gibt es aber dann doch: Während die Medienfabrik in diesem Jahr das zweite Wochenende mit allen Risiken in Eigenregie durchführte, sind nun beide Wochenenden in einer Kalkulation vereint.

Die Beibehaltung des Angebots an den Kaiserthermen sei ihm „besonders wichtig“, erklärte Egger am gestrigen Abend. Die Reaktionen hätten ihn in dem Wunsch bestärkt, am Konzept nichts zu ändern. Der Dezernent räumte ein, dass einige der Positionen in der Kalkulation durchaus „ambitioniert“ seien. Zugleich versicherte er: „Das ist nicht ins Blaue hinein geplant“, weshalb er die Vorlage auch „guten Gewissens“ zur Beschlussfassung empfehlen könne.  Zugleich kündigte er an, schon zu Beginn des kommenden Jahres die Diskussion über „Brot und Spiele“ 2013 zu starten.

Fast einhellige Zustimmung kam aus den Fraktionen: Das Konzept sei „in sich schlüssig“, merkte Dorothee Bohr (CDU) an, das Event „ein Alleinstellungsmerkmal“ für die Stadt. Bohr erinnerte aber auch daran, dass „die Medienfabrik wirtschaftlich agieren kann“, während die Stadt aufgrund des Einnahmenrisikos von Faktoren abhängig sei, die sie kaum beeinflussen könne. Etwa vom Wetter, von dem Ronald Frank in diesem Jahr meinte, dass es für die Veranstaltung zu schön gewesen sei, weshalb zahlreiche potenzielle Besucher es wohl vorgezogen hätten, ins Schwimmbad zu gehen. „Ich finde, das ist ein wichtiges Zeichen, ein klares Bekenntnis der Stadt zu dieser, ihrer eigenen Veranstaltung“, so Markus Nöhl, der „Brot und Spiele“ als ein „unheimlich erfolgreiches Kultur- und Vermarktungsevent Triers“ bezeichnete. Da es sich aber um ein Open-Air-Event handele, bestünden immer Risiken. „Man muss zu dem neuen Ansatz stehen“, verlangte Nöhl und erklärte für seine Fraktion: „Wir stehen zu ‚Brot und Spiele'“.

Die Grünen wollten in diesen Lobgesang nicht einstimmen. „Ich frag mich wirklich, wie man so eine Zahl hier einsetzen kann“, befand Uschi Britz mit Blick auf die Kalkulation fürs nächste Jahr; „jetzt wollen wir mehr Einnahmen mit dem gleichen Konzept“ machen. Britz weiter: „Ich glaube, dass es nicht gutgehen kann“. Dr. Karl-Josef Gilles verteidigte die Vorlage, für seine Fraktion sei „wesentlich, dass beide Spielorte beibehalten bleiben“. Er glaube allerdings nicht, dass das Land sich stärker engagieren werde. „Wir wollen ein letztes Mal ein Risiko eingehen. Wenn das schief geht, müssen wir wirklich Konsequenzen ziehen“, sagte der Freidemokrat. Professor Hermann Kleber hätte über die Vorlage „am liebsten schon im Oktober abgestimmt“. Dennoch trug auch seine Fraktion den Beschluss mit. „Wir gehen ein höheres Risiko ein, aber wir haben auch höhere Chancen“, ist der FWG-Chef überzeugt.

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