„Wir sollen die Drecksarbeit machen“

Am Dienstag wird OB Klaus Jensen (SPD) seinen Entwurf für den Doppelhaushalt 2013/2014 vorlegen. In derselben Ratssitzung soll über die Teilnahme Triers am Kommunalen Entschuldungsfonds abgestimmt werden. Sollte der Rat dem KEF beitreten, würde das auf nicht weniger als die totale Selbstaufgabe der Kommunalpolitik hinauslaufen – sagen die Grünen. In einer Pressekonferenz übten sie am Freitag heftige Kritik am KEF, von einer „Knebelung bis zum Geht-nicht-mehr“ sprach Fraktionschefin Petra Kewes. Wolf Buchmann warnte, bald schon drohe ein Sparkommissar die Geschicke der Stadt zu übernehmen. Und Reiner Marz räumte ein, dass zu den Adressaten der Kritik auch die eigenen Parteifreunde auf Landesebene zählen – denn die regieren bekanntlich mit in Mainz.

TRIER. Seit der Saison 2009/2010 ist die Trierer Eislaufhalle dicht. Weil die Stadt nicht sah, wie sie eine Sanierung der Sportanlage finanziell hätte stemmen können und obendrein die Folgekosten fürchtete, beschloss der Rat das Aus. Im „Konsolidierungsvertrag zur Teilnahme am Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz“ taucht sie wieder auf – als eine Maßnahme, die im städtischen Etat zu „Aufwandsreduzierungen“ führte. Einen jährlichen Konsolidierungsbeitrag von 147.778 Euro erbringt das Ende der Anlage. Der Wegfall des städtischen Zuschusses für die Antikenfestspiele brachte noch einmal 99.000 Euro. Unterm Strich ergeben sich hierdurch Aufwandsreduzierungen von einer Viertelmillion Euro.

Doch durch die Anhebung der Hebesätze für Gewerbe-, Grund- und Hundesteuer, eine Neustrukturierung der Vergnügungssteuer und die Einführung der Sexsteuer sollen mehr als fünf Millionen Euro jährlich zusätzlich in die städtischen Kassen gespült werden. Sollten alle diese Erwartungen eintreten, hätte Trier tatsächlich sein Drittel zum KEF beigesteuert und einen Konsolidierungsbeitrag von knapp 4,415 Millionen Euro geleistet – ein Drittel dessen, was vertraglich vereinbart wurde und vom Stadtrat nun beschlossen werden soll; die beiden anderen Drittel würden das Land und der Kommunale Finanzausgleich tragen. So wird eine „Jahresleistung“ der Stadt Trier zum KEF von 13,24 Millionen Euro anvisiert. Über die gesamte Laufzeit von 15 Jahren könne die Stadt „eine Entschuldungshilfe in Höhe von rund 198,674 Millionen Euro empfangen bzw. zu einem Drittel selbst erwirtschaften“, heißt es in der Vorlage, die der Stadtrat am Dienstag beraten wird.

Für die Grünen ist indes schon jetzt klar – die Rechnung wird nicht aufgehen. Das könne sie auch nicht, so Wolf Buchmann am Freitag im Rahmen eines Pressegesprächs, denn es gebe im Haushalt ein strukturelles Defizit von wahrscheinlich mehr als 40 Millionen Euro. So genau lasse sich das nicht beziffern, erklärte der finanzpolitische Sprecher des Grünen-Kreisverbands, denn schon bei der Frage, was eine freiwillige und aus Sicht des Landes grundsätzlich einsparbare Leistung sei, und was nicht, gingen die Meinungen auseinander. Buchmann und Kewes lieferten dennoch ein Rechenexempel: So habe die Stadt für dieses Jahr ein Defizit von etwa 52,6 Millionen Euro eingeplant. Würde man die von der ADD als „freiwillige Aufgaben“ deklarierten Posten allesamt streichen, käme man auf Einsparungen von knapp 26 Millionen Euro. Doch hierfür müssten nicht nur Theater, Tufa und Stadtmuseum schließen, auch die Volkshochschule gäbe es nicht mehr; ebenso wären kommunale Sportstätten, Freibäder und das Altstadtfest Geschichte, von den Zuschüssen an Einrichtungen der Jugendarbeit brauche man erst recht nicht mehr zu sprechen.

Kewes: Der Fonds löst kein einziges Problem

Das eigentliche Problem werde mit dem KEF nicht ansatzweise gelöst, die Kommunen bräuchten schlicht mehr Geld, so die Grünen. Buchmann wie auch Reiner Marz erklärten, nicht die Stadt habe die Haushaltsnot zu verantworten, sondern Bund und Land. Aber waren es nicht die Grünen, die bei früheren Haushaltsberatungen allen voran der über Jahrzehnte die Trierer Kommunalpolitik dominierenden Union und „ihren“ Oberbürgermeistern vorwarfen, für die Haushaltsmisere die Hauptverantwortung zu tragen? Das sei nicht der Fall gewesen, kontert Marz, man habe sich lediglich andere Schwerpunkte bei den Ausgaben gewünscht. Dann räumt der Ex-Landtagsabgeordnete offen ein: „Wir wären heute nicht an einem wesentlich anderen Punkt, wenn wir vor 20 Jahren die Mehrheit gehabt hätten“. Denn das eigentliche Problem seien Lasten, die von Mainz und Berlin den Kommunen aufgebürdet würden, beispielsweise bei der Finanzierung der Schülerbeförderung: Pendelt ein Kind aus dem Landkreis in eine städtische Schule, zahlt nicht der Kreis, sondern die Stadt.

Ein Problem wie dieses ließe sich in Mainz neu regeln, und in der nicht mehr ganz so neuen Landesregierung sitzen die Grünen bekanntlich mit am Kabinettstisch. Marz räumte auf Nachfrage ein, dass sich die eigenen Parteifreunde durchaus angesprochen fühlen sollten. Zudem nahm er die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Schutz: „Die ADD ist nicht die Böse, die Verantwortlichen sitzen in Mainz“. Marz weiter: „Der Druck muss aus den Kommunen kommen. Wenn wir uns jetzt fügen, dann haben die wieder 15 Jahre Ruhe. Das kann es nicht sein“. Das Ratsmitglied wurde noch deutlicher: Der KEF sei aus Sicht des Landes durchaus „geschickt“ eingefädelt, denn für drastische Einsparmaßnahmen müssten die Kommunalpolitiker den Kopf hinhalten – „und wir lassen uns wählen, um die Drecksarbeit zu machen“.

Für die Grünen löst der Entschuldungsfonds „nicht ein einziges Problem, schon gar nicht die finanziellen“, ist Kewes überzeugt, „KEF“ stehe wohl für „kapituliert endlich freiwillig“. Selbst bei Erfüllung des Vertrags mit dem Land werde die Stadt in wenigen Jahren ruiniert sein. Kewes weiter: „Zwingend ist es, für eine Erhöhung der Steuereinnahmen auf allen Ebenen zu sorgen“. Unter anderem solle die Gewerbesteuer in eine kommunale Unternehmenssteuer umgewandelt werden, die auch die nicht zahlenden Freiberufler mit einbezöge. Doch vielleicht gibt es bald auch auf kommunaler Ebene neue Möglichkeiten, die Einnahmen zu steigern, beispielsweise mit einer City-Maut: „Als Beitrag zur Instandhaltung der Straßeninfrastruktur wäre das natürlich ein Option“, so Marz, nur müssten Bund und Land hierfür zunächst den rechtlichen Rahmen schaffen.

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