„Wir mussten reagieren“

Hunderte junge Menschen bevölkerten am „fetten Donnerstag“ den Trierer Hauptmarkt und die angrenzenden Straßen und Plätze. Vor allem feucht und irgendwann nicht mehr fröhlich wurde gefeiert, bis die traditionelle Prinzenproklamation der Arbeitsgemeinschaft Trierer Karneval (ATK) schließlich in einem kollektiven Besäufnis mit verheerenden Folgen eskalierte. Derartige Exzesse sollen sich an Weiberfastnacht 2013 nicht wiederholen, weshalb nun drastische Maßnahmen ergriffen werden. Diese reichen von einem flächendeckenden Alkoholverbot in weiten Teilen des Stadtzentrums bis hin zu einem Großaufgebot an Polizeikräften. Doch bei repressiven und präventiven Aktionen soll es nicht bleiben: Die Stadtjugendpflegerin kündigte an, dass man auch auf eine stärkere Sensibilisierung der Eltern hinwirken wolle. Diese spielten schließlich eine wichtige Rolle.

TRIER. Es waren wahrlich keine schönen Szenen, die sich am 16. Februar diesen Jahres auf und um den Hauptmarkt abspielten: Von massiven Pöbeleien berichteten Passanten und Polizei hernach, nicht wenige Jugendliche urinierten in die Ecken, manche randalierten auch. An mehreren Stellen der Innenstadt waren die Einsatzkräfte damit beschäftigt, drohende Massenschlägereien zu verhindern. Schlimmer noch: Rund 60 junge Menschen hatten sich dermaßen betrunken, dass sie notfallmedizinisch behandelt und in Krankenhäuser eingeliefert werden mussten. Von „widerwärtigen Begleiterscheinungen“ sprachen OB Klaus Jensen (SPD) und Ordnungsdezernent Thomas Egger (FDP) am Tag danach, und auch für die rund 150 offiziellen Narren, die eigentlich die Proklamation ihres Prinzenpaares hatten feiern wollen, war Schluss mit Lustig. Denn zu den Dutzenden Alkoholvergiftungen gesellten sich noch mehr als 40 Straftaten; ab Mittag verzeichnete die Polizei alle paar Minuten eine Körperverletzung oder Beleidigung, Nötigung und exhibitionistische Handlungen hat es auch gegeben.

Es war nicht so, dass Polizei und Rettungskräfte nicht vorbereitet gewesen wären. „Es gab jedes Jahr eine konzertierte Aktion und ein bewährtes Konzept, damit hatten wir immer das Schlimmste verhindert“, erklärte Bürgermeisterin Angelika Birk (B90/Die Grünen) am Donnerstag im Rahmen einer Pressekonferenz, „aber im letzten Jahr hat das Konzept versagt“. Also musste ein neues her, samt Ideen, wie den Auswüchsen präventiv und repressiv begegnet werden könnte. „Fröhlich feiern in Trier – aber sicher“ ist das Maßnahmenpaket überschrieben; das mit dem „aber sicher“ sei natürlich „bewusst doppeldeutig gemeint“, so Birk.

„Wir mussten reagieren“, so Roman Schmitz vom Ordnungsamt, „und wir haben einen proaktiven Ansatz gewählt“. Was das heißt, machte Schmitz sogleich deutlich: Stimmt der Stadtrat am kommenden Donnerstag zu, womit zu rechnen ist, dann wird es für den nächsten „fetten Donnerstag“ eine Art Eintags-Gefahrenabwehrverordnung geben, die am 7. Februar 2013 in Kraft tritt und noch am selben Tag enden wird. An diesem Tag wird es in der kritischen Zeit von 9 bis 19 Uhr in großen Teilen der Altstadt (siehe Karte oben) ein Verbot geben, außerhalb der konzessionierten Flächen Alkohol zu konsumieren oder mitzuführen. Von dieser Regelung ausgenommen sind selbstverständlich Privaträume, sollte also jemand auf dem Nachhauseweg Alkohol mit sich führen und diesen erst zuhause konsumieren, werden Polizei und Ordnungsamt nicht eingreifen. Auf dem Hauptmarkt wird es zudem ein Glasverbot geben.

Vielleicht müsse man „das Feierverhalten etwas bearbeiten“, erklärte Joachim Christmann von der Kreisverwaltung Trier-Saarburg, aber unabhängig davon hätten die Mittel, solchen Exzessen Einhalt zu gebieten, in der Vergangenheit nicht ausgereicht. Das bestätigte auch Werner Funk. Die Ereignisse seien „erschreckend in Ausmaß und Intensität“ gewesen. Die neue Verordnung gebe den Einsatzkräften nun das „spezielle Werkzeug“ an die Hand, damit man „wirksam reagieren“ könne, so der Polizeidirektor. Klaus-Günter Süssmann von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion trat derweil dem Mutmaßungen entgegen, die Schulen seien Quell allen Übels gewesen. Zum einen seien keine Kinder betroffen gewesen, und was die Jugendlichen anbelangt, hätten 21 von 28 in Stadt und Landkreis liegenden weiterführenden Schulen am 16. Februar Unterricht gehabt oder selbst Feten ausgerichtet. Vielleicht müsse hier aber mehr auf die Anwesenheitspflicht geachtet werden, räumte Süssmann ein.

Triers Stadtjugendpflegerin Susanne Schmitz lenkte den Fokus auf Väter und Mütter. Man wolle mit verschiedenen Angeboten auch auf eine „Sensibilisierung der Eltern“ hinwirken, kündigte sie an, diese spielten schließlich eine wichtige Rolle und sollten „mit im Blick haben, was ihre Kinder tun“. Schmitz berichtete, dass im Ex-Haus ein alternatives Partyangebot für Jugendliche über 16 Jahren geplant ist, bei der auch Alkohol angeboten werden soll – „sonst erreichen wir die Jugendlichen nicht“. Allerdings werde man sehr darauf achten, dass sich die Partybesucher nicht betrinken, betonte die Stadtjugendpflegerin. Auch für Jugendliche und Kinder unter 16 Jahren werde es ein Angebot geben, doch hingen diese Pläne auch noch von der Finanzierung ab. Birk appellierte an potenzielle Sponsoren, sich hier einzubringen.

Derweil steht der organisierte Frohsinn vor einem Dilemma: Die ATK ist bereit, auf den Ausschank von Alkohol zu verzichten und die Prinzenproklamation kürzer zu halten als bislang üblich. Allerdings, so ATK-Präsident Andreas Peters, halte man an dem Wunsch fest, den Auftakt für die „tollen Tage“ in Triers guter Stube, spricht auf dem Marktplatz zu begehen. In der Verwaltung würde man es indes lieber sehen, wenn diese Veranstaltung im Rathaus stattfinden würde. „Im Detail gibt es noch Klärungsbedarf“, so Birk.

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