„Wir gehen mit einem Lächeln zur Probe“

Kammermusik hat nicht den Ruf, die frischste Präsentationsform unter der Sonne zu sein. Um dem Genre neues Leben einzuhauchen, haben sich im Umfeld des Trierer Theaters nun fünf Musiker und ihre Blasinstrumente zum „TrèvesPunkt Reedquintet“ zusammengefunden. Am Sonntag geben sie mit Sängerin Evelyn Czesla ihr Debüt im Foyer des Theaters am Augustinerhof: Unter dem Titel „Tour de France“ stehen ab 19 Uhr eingängige Arrangements französischer Komponisten von Jean-Philippe Rameau bis Claude Debussy auf dem Programm. 16vor-Mitarbeiterin Kathrin Schug traf Ensemble-Initiator Nico Wouterse und Sängerin Evelyn Czesla und sprach mit den beiden über ihr Projekt und ihre Pläne.

TRIER. Konzentrierte Gesichtsausdrücke, edel-dunkle Kleidung und ein heiliger Ernst, der über allem liegt: „Das Image von Kammermusik ist zugegebenermaßen ziemlich eingestaubt“, bekennt Nico Wouterse, ausgebildeter Sänger, Saxophonist und Initiator eines Trierer Ensembles, dass die Konventionen dieser Präsentationsform auffrischen will. „Oft hatte ich bei Konzerten den Eindruck: Hier ist jemand technisch perfekt an seinem Instrument, aber irgendwie fehlt das gewisse Etwas“, berichtet er.

Die Formation des Reedquintets ist eine junge Erscheinung, die ihren Ursprung in Wouterses Heimat, den Niederlanden, hat. Der englische Begriff „Reed“ benennt elegant jene Instrumente, die im Deutschen etwas sperrig als Rohrblattinstrumente zusammengefasst werden. „Als ich diese Art von Musik zum ersten Mal gehört habe, war ich sofort begeistert von dieser unbändigen Innovation, sowohl in der Wahl der Instrumente, als auch in der Art der Präsentation.“ Denn nicht nur die Besetzung eines Kammerkonzerts durch Bläser war damals etwas Unerhörtes, auch das Aufbrechen von Konventionen und Normen: „Es fängt schon damit an, dass Kammermusiker immer schwarz gekleidet sind und ihre Instrumente im Sitzen spielen“, erklärt Wouterse. „Das gibt dem Rahmen etwas sehr Steifes, das die ersten Reedquintets aufgebrochen haben.“ Die unverkrampfte Präsentationsform will eine Brücke sein zwischen diesen beiden Polen. Sängerin Evelyn Czesla, die als Sängerin zu dem Quintett gestoßen ist, kann der Begeisterung ihres Kollegen beipflichten: „Wenn ich mir anschaue, wie hochprofessionell und anspruchsvoll, gleichzeitig aber wahnsinnig witzig und charmant manche der niederländischen Reed-Formationen sind, merke ich, dass wir da in Deutschland mit unserer strikten Trennung von Unterhaltungs- und Hochkultur wirklich hinterherhinken.“
Wouterse, der einige Jahre als Sänger im Ensemble des Trierer Theaters gewirkt hatte, fand in diesem Umfeld ein Quintett zusammen, das nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich funktioniert. „Wir gehen mit einem Lächeln in die Probe und aus der Probe“, sagt er über die Arbeit mit den Musikerkollegen. Klarinettist Lothar Breitmeier und Fagottist Joachim Gruber spielen im Philharmonischen Orchester, Pavel Czekala an der Bassklarinette ist Ensemblemitglied des Musiktheaters. Oboistin Karuna Kinugasa ist das einzige Ensemble-Mitglied, das seinen festen Wohnsitz außerhalb Triers hat. Seit einem Jahr proben die Musiker in ihrer Freizeit das Programm des Konzerts. Ausschließlich französische Stücke stehen auf dem Programm, wenn unter dem Titel „Tour de France“ zum Debüt im Foyer des Theaters geladen wird. „Der Klang der Bläser ergänzt sich sehr gut mit den französischen Werken, das hat die Entscheidung leicht gemacht“, erklärt Evelyn Czesla. Die Vorzüge der Kammermusik sieht sie auch in der aufgepeppten Form des Reedquintets gewahrt: „Es ist etwas ganz anderes, in einem so intimen Rahmen direkt mit dem Publikum in Kontakt zu kommen. Hier können wir viel mehr Farben und Feinheiten hin die Musik legen, als das auf der großen Bühne möglich ist, wo man immer über den Orchestergraben hinwegdonnern muss.“

Der Titel des Ensembles ist ein Wortspiel, das sich erst im gesprochenen Wort ergibt. Dort nämlich klingt „TrèvesPunkt“ wie „Treffpunkt“. Ein Wortspiel, das durchaus Lebenswirklichkeit für die Musiker bedeutet: „Trier ist für uns alle eine Basis, an der wir uns immer wieder treffen können und der wir uns sehr verbunden fühlen“, erklärt Wouterse. Die Musiker planen ihre Zusammenarbeit langfristig, auch eine CD ist in Planung. Doch zunächst haben Czesla und Wouterse den Sonntagabend im Blick: „Schließlich müssen wir den Trierern erst einmal vorstellen, was wir hier eigentlich machen.“

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