„Wir brauchen weniger Schulstandorte!“
Wenige Tage nach der CDU hat nun auch die SPD Stellung zum geplanten Schulentwicklungsplan bezogen – mit Forderungen, die teilweise deutlich über das hinausgehen, was die Verwaltung in ihrer Vorlage vorschlägt. So sprechen sich die Sozialdemokraten gegen einen Neubau der Egbert-Grundschule an ihrem jetzigen Standort aus und favorisieren deren Verlagerung in die Kaiserstraße oder aber nach Olewig. Anders als die Verwaltung verlangen die Genossen zudem die Schließung der Grundschule Biewer und wollen die Kurfürst-Balduin-Realschule plus in Trier-West „dislozieren“, sprich einige der Klassen nach Ehrang verlagern. Die Konzentration der Schulstandorte sei „eine zwingende Notwendigkeit“, begründet die SPD die zentralen Forderungen ihres Papiers. Im Gespräch mit 16vor warf Fraktionschef Sven Teuber der CDU vor, deren „Diskussionsgrundlage“ sei eine „Bankrotterklärung“.
TRIER. Eine „nachhaltige Schulentwicklung“ wolle man, eine, „die das Kind in den Mittelpunkt aller Bemühungen stellt“, erklären die Sozialdemokraten. So ähnlich und fast wortgetreu nimmt das auch die CDU für sich in Anspruch, doch die Schlüsse, die beide Parteien aus diesem gemeinsamen Anliegen ziehen, fallen recht unterschiedlich aus. So unterstützt die SPD die Verwaltung „in ihrer Zielrichtung des vorgelegten Schulentwicklungskonzeptes“. Soll heißen: Der Partei, die aktuell den Oberbürgermeister stellt, geht die Vorlage des rot-grün-schwarz-gelben Stadtvorstands nicht weit genug. Nicht nur, dass die SPD keine der von der Verwaltung vorgeschlagenen Schulschließungen – Martin, Kürenz, Quint – infrage stellt – sie fordert auch Entscheidungen, von denen man sich am Augustinerhof bereits wieder verabschiedet hatte.
Beispiel Biewer: Die Grundschule Am Biewerbach solle zum Schuljahr 2016/2017 keine neuen Kinder mehr aufnehmen und zum Schuljahr 2019/2020 mit der Grundschule Pfalzel am Standort Pfalzel zusammengeführt werden, schlägt die SPD vor. Hierfür sei die Grundschule Pfalzel räumlich so auszubauen, dass sie einen Ganztagsschulbetrieb ab dem Schuljahr 2019/2020 durchführen könne. Bildungsdezernentin Angelika Birk hatte erklärt, der ursprüngliche Vorschlag Wolf Krämer-Mandeaus, die beiden Schulen zu fusionieren, habe sich bei näherer Betrachtung auf lange Sicht als nicht so kostensparend dargestellt, wie das der Gutachter angenommen habe. SPD-Fraktionschef Sven Teuber hält dagegen: Für Biewer sei eine aufwändige Sanierung notwendig, dieses Geld solle man besser in einen Ausbau der Grundschule Pfalzel stecken.
Unpopulär ist auch die Position, welche die SPD in Sachen Egbert-Grundschule bezieht. Während die Verwaltung als Alternative zu der von Krämer-Mandeau empfohlenen Fusion von Egbert- und Barbara-Grundschule im Robert-Schuman-Gebäude einen Neubau am bisherigen Standort in Trier-Ost vorschlägt, lehnen die Sozialdemokraten dies ab. Darin ist man sich einig mit der CDU, die sich vergangene Woche ebenfalls klar gegen einen Neubau der Egbert-Grundschule aussprach. Doch anders als die Union wollen die Sozialdemokraten an einer Zusammenlegung der Grundschulen grundsätzlich festhalten. Wenn sich denn das Gebäude in der Kaiserstraße als tauglich herausstelle, soll es nach dem Willen der SPD dort eine vierzügige Ganztagsgrundschule geben, welche die Kinder aus Egbert und Barbara aufnehmen würde.
Sollte die Option Kaiserstraße indes nicht zum Zuge kommen, will auch die SPD eine Verlagerung von Egbert nach Olewig: „Ziel ist eine letztmalige Aufnahme neuer Schulkinder in Egbert zum Schuljahr 2016/2017, die Voraussetzungen für eine Zusammenführung der Grundschulen Egbert und Olewig am Standort Olewig schaffen, die dann spätestens zum Schuljahr 2020/2021 wirksam umgesetzt wird“, heißt es in dem Positionspapier. Die Verwaltung solle zudem beauftragt werden, gleichzeitig zu prüfen, ob die Grundschule Egbert sodann als Dependance des FWG zu empfehlen sei. „Für einen Neubau der Egbert-Schule fehlt uns schlicht das Geld, und in Olewig gibt es ein gutes Gebäude“, so Teuber.
Die Grundschulen Reichertsberg und Pallien sollen nach den Vorstellungen der SPD ab dem Schuljahr 2014/2015 zu einer Grundschule zusammengeführt werden – und zwar in dem Gebäude der jetzigen Kurfürst Balduin Realschule plus. „Da die Grundschule Reichertsberg quasi wöchentlich von einer Schließung bedroht ist, brauchen wir dringend eine räumliche Alternative“, begründet Teuber den Vorschlag. Räumliche Alternativen bräuchte dann jedoch auch ein Teil der integrativen Kurfürst-Balduin-Schule. Die SPD will, dass diese ab dem Schuljahr 2014/2015 mit dem Standort Mäusheckerweg in Trier-Ehrang disloziert. Im Klartext: Die Jahrgangsstufen 5 und 6 sollen in Trier-West verbleiben, die Jahrgangsstufen 7 bis 10 am Standort Ehrang unterrichtet werden. Teuber verweist auf die „gute räumliche Situation und das etablierte Umfeld“ in Ehrang. Der Fraktionschef weiter: „Auch wenn das Land bis 2015 die weitere Entwicklung der Realschulen plus beobachten will, gehen wir davon aus, dass Mainz unter diesen Voraussetzungen gesprächsbereit ist und den Grundschulen und der Realschule plus in West Planungssicherheit gibt“.
Scharfe Kritik übte Teuber im Gespräch mit 16vor an der CDU: „Wir sind überrascht von dieser Bankrotterklärung der CDU“, kommentierte er die Vorschläge der stärksten Ratsfraktion. Die Union zeige „wenig Kenntnis über Schule“ und zeige „ihre Unfähigkeit, die Stadt zu gestalten“. Der Sozialdemokrat nahm zugleich den Stadtvorstand in Schutz: „Die Verwaltungsvorlage trifft klare Entscheidungen, die immer wieder verlangt wurden. Politik ist gewählt, um Verantwortung zu übernehmen und nicht, um sich scheinbar populär wegzuducken“.
War schon nach der Vorlage des CDU-Papiers kaum mehr vorstellbar, dass sich eine klare Mehrheit für einen Schulentwicklungsplan finden würde, sind die Chancen hierfür nun noch weiter gesunken. Denn anders als die Union verteidigt die SPD die von der Verwaltung vorgeschlagene Schließung der Grundschulen in Kürenz und Martin, derweil FWG und Linke bereits deutlich machten, dass für sie Schulschließungen generell tabu sind. Mit Spannung wird nun die Haltung von FDP und Grünen erwartet. Dass die drittstärkste Ratsfraktion dem Vorschlag von CDU und SPD folgen wird, die Egbert-Schule im Zweifel mit Olewig zu fusionieren, steht nicht zu erwarten. Spätestens seit der vergangenen Kommunalwahl gilt der Osten der Stadt als Triers Grünen-Hochburg.
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von Marcus Stölb