„Wiederverheiratet wird nicht akzeptiert“

Dass wiederverheiratete Geschiedene in der katholischen Kirche offiziell nicht zur Kommunion zugelassen werden, ist bekannt. Doch auch um eine Stelle als Reinigungskraft in einem katholischen Kindergarten brauchen sich Angehörige dieser Personengruppe offenbar nicht zu bewerben. Zumindest stand es so nun in einer Stellenausschreibung der bistumseigenen KiTA gGmbH Trier. „Der Familienstand ‚wiederverheiratet‘ wird nicht akzeptiert“, wurde potenziellen Bewerberinnen vorab bedeutet. Von 16vor mit dem Stellenangebot konfrontiert, räumen Bistum und Geschäftsführung der KiTa gGmbH einen Fehler ein: Wie die Kriterien in das Inserat der Arbeitsagentur geraten seien, könne man sich nicht erklären, von einer „Fehlinterpretation einer veralteten Orientierungshilfe“ ist die Rede. Die Stelle wurde zwischenzeitlich besetzt.

KÜRENZ. „Zuverlässigkeit, Motivation und Leistungsbereitschaft“ waren gefragt, doch das allein sollte nicht genügen für jene Frauen – von Männern dürfte an dieser Stelle erfahrungsgemäß kaum auszugehen sein – die sich auf die ausgeschriebene Stelle bewerben wollten. Für die Kindertagesstätte St. Bonifatius in Kürenz suchte die KiTa gGmbH Trier kürzlich nach einer „Helfer/in Reinigung“. Keine Vollzeitstelle war zu besetzen, einen Umfang von wöchentlich 18 Stunden hat die Tätigkeit, die obendrein lediglich bis Ende Oktober befristet ist. Dennoch sollten sich laut Inserat der Arbeitsagentur nur Personen bewerben dürfen, die der „Grundordnung“ entsprechen.

Die „Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse„, wie das Papier korrekt heißt, ist eine Erklärung der deutschen Bischöfe. Sie wird in allen katholischen Einrichtungen im Zuständigkeitsbereich der Bischofskonferenz umgesetzt. Damit die potenziellen Interessenten im Fall der Kürenzer Stelle auch gleich verstanden, was sich dahinter verbirgt, wurde in der Stellenausschreibung ein „grober Abriss“ geliefert: „Das heißt, es kommen nur Bewerber/innen in Frage, die ledig und maximal ein Kind haben oder verheiratet sind und auch kirchlich getraut sind, oder geschieden sind, oder verwitwet sind. Der Familienstand ‚wiederverheiratet“ wird nicht akzeptiert“.

Wiederverheiratet Geschiedene haben in der katholischen Kirche bekanntlich einen schweren Stand. 1994 ließ der damalige Präfekt der römischen Glaubenskongregation und heutige Papst Benedikt die deutschen Bischöfe in einer Art Mahnschreiben wissen: „Wenn Geschiedene zivil wiederverheiratet sind, befinden sie sich in einer Situation, die dem Gesetz Gottes objektiv widerspricht. Darum dürfen sie, solange diese Situation andauert, nicht die Kommunion empfangen“. Aber sollen sich Wiederverheiratete nun auch nicht mehr auf eine Stelle als Reinigungskraft in einer katholischen Kindertagesstätte bewerben dürfen? Und was ist eigentlich mit ledigen Bewerbern, die Zwillinge haben? Oder mit Personen, die geschieden sind und in einer neuen festen Partnerschaft leben, aber schon deshalb kein zweites Mal heiraten, weil sie dann nicht mehr die Kommunion empfangen dürften?

Die KiTa gGmbH Trier ist Trägerin von mehr als 100 katholischen Kindertageseinrichtungen im Bistum, darunter allein 18 innerhalb des Stadtgebiets. In diesen sind 37 Reinigungskräfte beschäftigt. Wie für alle anderen Mitarbeiter in den Kitas trage das Bistum auf Grundlage des rheinland-pfälzischen Kindertagesstättengesetzes je nach Betreuungsangebot der Einrichtung 10 bis 12,5 Prozent der Personalkosten, heißt es auf eine Anfrage von 16vor. Gleiches sei auch für die freien Träger von Kitas der Fall, betont man. Nur verfügen diese freien Träger über keine vergleichbaren Einstellungsbarrieren und schließen Wiederverheiratete auch nicht vornherein aus dem Bewerbungsverfahren aus.

Bistum: Wir prüfen den Einzelfall

Das tut nach eigener Darstellung auch die KiTa gGmbH nicht.  Zwar gelte besagte Grundordnung „für alle kirchlichen Arbeitsverhältnisse, unabhängig davon, ob es sich um eine Reinigungskraft oder etwa um pastoral oder erzieherisch tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter handelt“, stellen die Verantwortlichen klar, doch seien die Anforderungen, die die Grundordnung stelle, „je nach übertragener Funktion unterschiedlich“. So würden zum Beispiel für leitende oder erzieherisch tätige Personen höhere Anforderungen gelten. „Das bedeutet konkret etwa, dass leitende oder erzieherisch tätige Personen in der Regel der katholischen Kirche angehören müssen“, konkretisieren Bistum und KiTa gGmbH.

Immerhin das wurde bei der besagten Stelle nicht vorausgesetzt – laut Inserat durften Bewerber auch evangelisch sein oder einer anderen der in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) vertretenen Konfessionen angehören. Die Grundordnung schaffe „einen Rahmen, der der Eigenart des kirchlichen Dienstes gerecht werden will und in dem das jeweilige Arbeitsverhältnis geprüft wird“. Weiter heißt es in einer Stellungnahme auf die Anfrage von 16vor: „Je nach konkreter Situation ist aber zum Beispiel auch die Beschäftigung eines Bewerbers oder einer Bewerberin möglich, der oder die geschieden und wiederverheiratet ist. Dies kann nicht verallgemeinert werden, sondern ist das Ergebnis einer Einzelfallprüfung“.

Doch was heißt das nun konkret für die Kürenzer Reinigungskraft? Hier habe es wohl eine Panne gegeben, teilen Bistum und KiTa gGmbH mit, auch wenn sie es so nicht ausdrücken: „Wie die in der Stellenausschreibung genannten ‚Kriterien‘ dort hineingelangt sind, können wir uns nicht erklären. Allerdings wurde das von der Arbeitsagentur zugesandte Stellenprofil durch die KiTa gGmbH nicht sorgfältig geprüft; sonst wäre es so nicht veröffentlicht worden“. Die in der Ausschreibung genannten Kriterien beruhten „auf der Fehlinterpretation einer veralteten Orientierungshilfe, die durch die neue Rechtssprechung überholt ist“. Diese Rechtssprechung verlange von allen „und somit auch von den kirchlichen Dienstgebern eine individuelle Betrachtung und Entscheidung im Hinblick auf die einzelnen Mitarbeitenden bzw. Bewerberinnen und Bewerber“. Und dies werde so auch in der KiTa gGmbH Trier umgesetzt, versichert das Bistum.

Zumindest für die Stelle in Kürenz kommt diese Klarstellung etwas spät – die Stelle wurde zwischenzeitlich besetzt. Und 16vor ist mindestens ein Fall aus der näheren Umgebung von Trier bekannt, bei dem einer Frau vorab davon abgeraten wurde, sich auf eine vergleichbare Stelle zu bewerben – weil sie und ihr Mann zwar den Weg zum Standesamt, nicht aber zum kirchlichen Traualtar gefunden hatten. Besagte Frau muss arbeiten, weil ihr Mann aufgrund einer Erkrankung erwerbsunfähig ist und das Geld für das Ehepaar und das gemeinsame behinderte Kind hinten und vorne nicht ausreicht.

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