Verkehr ohne Ende auf Triers Talstraßen

Die Debatte über einen geplanten Frischemarkt sowie ein neues Studentenwohnheim im Osten des Petrisbergs haben die Auseinandersetzung über die verkehrliche Erschließung der Höhenstadtteile neu entfacht. Tatsächlich ist die Verkehrsbelastung auf den beiden Trassen, welche die Talstadt mit Neu-Kürenz, Tarforst und weiteren Vierteln verbinden, in den vergangenen Jahren weiter gestiegen. So wird die Olewiger Straße von mehr Fahrzeugen frequentiert als die stark befahrene „Bitburger“, und im Avelertal wurde 2011 ein durchschnittlicher täglicher Verkehr von rund 21.000 Autos gemessen. Während weitere Baugebiete ausgewiesen werden, scheint eine nennenswerte Entlastung nicht in Sicht. Immerhin soll im ersten Halbjahr das Thema Petrisberg-Aufstieg wieder auf die kommunalpolitische Tagesordnung zurückkehren, und im Rahmen des städtischen Mobilitätskonzepts 2025 wird ein Bündel von Einzelmaßnahmen diskutiert.

TRIER. Es soll Menschen geben, die auch nach Einbruch der Dunkelheit noch mit dem Fahrrad von Olewig in Richtung Innenstadt fahren. Da sich der unbeleuchtete Rad- und Fußweg durch die Kleingartenanlage „Tempelbezirk“ dann nicht mehr anbietet und ein Umweg über Heiligkreuz einige Zeit kostet, führt kaum ein Weg an der Olewiger Straße vorbei. Weil hier die Fahrbahn aber schmal und das Verkehrsaufkommen hoch ist, dauert es nicht lange, bis der Radfahrer Dutzende Fahrzeuge im Rücken hat, die aufgrund des Gegenverkehrs nicht mal eben überholen können. Ein für alle Beteiligten Frohsinn mindernder Zustand.

Auch ohne Radverkehr ist die Olewiger Straße ein Nadelöhr. Wirkliche Alternativen gibt es nicht, sieht man von der nicht weniger belasteten Straße Im Avelertal ab. Wer von Kernscheid oder Tarforst, vom Trimmelter Hof oder Irsch, von Filsch, Pluwig oder dem Petrisberg ins Trierer Zentrum möchte, dem bleiben eigentlich nur die beiden Straßen durch Kürenz und Olewig. Seit Jahrzehnten hat sich an dieser Situation nichts geändert. Was sich verändert hat: Die Bevölkerungszahl in den Trierer Höhenstadtteilen ist seither rasant gestiegen.

Beispiel Tarforst: Lebten in dem einstigen Vorstadtdorf 1980 nur rund 2.130 Menschen, waren es 1990 schon fast 5.250. Heute leben in dem Stadtteil, auf dessen Gemarkung auch der Trimmelter Hof liegt, etwa 6.600 Trierer. Gemessen daran nimmt sich die Entwicklung in Neu-Kürenz fast schon bescheiden aus – von 4.800 (1980) auf heute 5.640 Einwohner stieg die Bevölkerungszahl; und das, obwohl seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts der Petrisberg boomt. Offenbar leben im Wohngebiet am Weidengraben heute weniger Menschen als in den Jahrzehnten zuvor. In Filsch stagniert die Einwohnerzahl bei etwas unter 800.

Weiteres Wachstum wahrscheinlich

Was das Bevölkerungswachstum für die Einfallstraßen des Zentrums bedeutet, zeigt das Beispiel Avelertal. Auf der gleichnamigen Straße wurden im vergangenen Jahr im Schnitt rund 21.000 Fahrzeuge täglich gezählt. In der Olewiger Straße stammen die jüngsten Erhebungen zwar von 2005, doch schon damals sprachen die Zahlen eine deutliche Sprache: 26.000 KfZ passieren täglich die Straße, deutlich mehr als aktuell auf der „Bitburger“ unterwegs sind. 1990 waren es noch gut 10 Prozent weniger KfZ-Bewegungen, heute dürften es eher mehr sein. Im Avelertal stieg das Verkehrsaufkommen zwischen 1990 und heute um 15 Prozent.

„Die Entwicklung der Verkehrsmengen auf den beiden Achsen steht in Zusammenhang mit der Entwicklung der Einwohnerzahlen im gesamten Einzugsgebiet der Talstraßen“, bestätigt die Verwaltung, was ohnehin auf der Hand liegt. Zum Einzugsgebiet von Olewiger Straße und Avelertal zählen neben Neu-Kürenz und Tarforst auch Olewig , Irsch, Kernscheid und Filsch. In diesen Stadtbezirken zusammen ist die Einwohnerzahl zwischen 1990 und 2010 von etwa 16.500 auf rund 20.000 gestiegen – ein Plus um mehr als 20 Prozent. Dass das Wachstum nicht noch deutlicher ausfiel, ist auf eine gegenläufige Entwicklung zurückzuführen: In den älteren Neubaugebieten und Ortskernen wurden zwischenzeitlich bereits Bevölkerungsrückgänge verzeichnet.

Bleiben unterm Strich dennoch etwa 3.500 zusätzliche Einwohner, und das allein im Trierer Einzugsbereich der beiden Talstraßen. Doch auch aus Vororten wie Pluwig, Gusterath und Korlingen ist der Verkehr nicht weniger geworden.  Damit nicht genug: Die Zahl der Arbeits- und Studienplätze auf dem Petrisberg und dem Universitätscampus ist in den vergangenen Jahren weiter gestiegen. So wuchs die Zahl der Studierenden zwischen 1990 und 2010 um etwa 5.000, und auch wenn viele dank des in den 90ern eingeführten Semestertickets den Nahverkehr nutzen, dürften per Saldo heute mehr Hochschüler im Auto die beiden Uni-Standorte ansteuern, als noch vor 20 Jahren. Dass inzwischen manche auf ihrer Berg- und Talfahrt auf die Sickingerstraße ausweichen, sorgt derweil für Verdruss in Trier-Ost, wo der „Schleichverkehr“ vor allem die Bergstraße zusätzlich belastet. Am Augustinerhof geht man von einer weiteren Zunahme des Verkehrs zwischen Berg und Tal aus. Nach der aktuellen Prognose im Rahmen des Mobilitätskonzeptes wird die Einwohnerzahl im Einzugsgebiet der Talstraßen bis 2025 um noch einmal rund 2.000 Einwohner zulegen, erklärte die Verwaltung auf Anfrage. Ein Wachstum des Verkehrs auf den beiden Trassen um 5 Prozent hält man im Rathaus deshalb für wahrscheinlich.

Petrisberg-Aufstieg: Studie soll im ersten Halbjahr vorliegen

Es sei denn, es würde gegengesteuert und verstärkt auf den Umweltverbund gesetzt. Doch konkrete Maßnahmen lassen weiter auf sich warten, und dass dereinst doch noch die seit Jahrzehnten diskutierte Ortsumgehung Kürenz gebaut werden könnte, erwartet selbst deren größter Fürsprecher, der langjährige Ortsvorsteher Manfred Maximini (FWG) nicht mehr. Im Baudezernat führt man derweil den vom Stadtrat beschlossenen „Modal Split“ ins Feld, der zum Ziel hat, den Anteil des Motorisierten Individualverkehrs (MIV) am Gesamtverkehrsaufkommen zu senken. Die konsequente Förderung des Umweltverbunds werde auch eine Entlastung für die Talstraßen bringen, erwarten die Verkehrsplaner. Allein diese konsequente Förderung hat sich bislang weitgehend in Rhetorik und Absichtserklärungen erschöpft, und so heißt es auch dieses Mal, dass zunächst „die weitere Diskussion zum Mobilitätskonzept abgewartet werden“ müsse. Liegt dieses Konzept vor, muss der Stadtrat Farbe bekennen und konkrete Beschlüsse fassen.

Doch was passiert, wenn ein zugegebenermaßen recht ambitioniertes Projekt nach jahrelanger Diskussion endlich auf den Weg gebracht werden soll, zeigte sich vor zwei Jahren: Da legte die Stadt die Ergebnisse einer Studie zum geplanten Petrisberg-Aufstieg vor. Die von den Stadtwerken in Auftrag gegebene Untersuchung zeigte Mängel, doch mehr noch rief die Ratsmitglieder auf den Plan, dass die Option einer Seilbahn zum Petrisberg faktisch aus dem Rennen war. Sodann wurde die Verwaltung beauftragt, eine neue Potenzialstudie in Auftrag zu geben. Deren Erarbeitung läuft derzeit, vorraussichtlich im ersten Halbjahr 2012 sollen die Ergebnisse vorliegen. Doch selbst wenn alles glatt liefe und sich tatsächlich eine Finanzierung für das Vorhaben fände – mehr als ein halbes, eher ein ganzes Jahrzehnt würde noch ins Land gehen, bis der Petrisberg-Aufstieg realisiert wäre.

Rathaus: Sehr hohes Schutzniveau im Avelertal

Solange wollen die Anwohner und wohl auch einige der Autofahrer, die täglich im Stau stehen, nicht warten. Im Rahmen des Mobilitätskonzeptes 2025 werden verschiedene Ansätze diskutiert und bewertet: unter anderem alternative Verbesserungen für den Busverkehr auf den bestehenden Linien, etwa durch Busbeschleunigung an Ampeln. Eigene Busspuren und neue Linienführungen im bestehenden Straßennetz sind ebenso im Gespräch. Eine Verbesserung der Radanbindung könne insbesondere durch eine Optimierung der Infrastruktur in beiden Tälern, beispielsweise durch die Anlage von Radwegen oder Radfahrstreifen sowie die Beleuchtung von abseits gelegenen Wegen erfolgen, so das Baudezernat, das sich auch eine Verbesserung der Radabstellmöglichkeiten an den Bushaltestellen (Bike & Ride) vorstellen kann. Selbst die Einführung eines Leihfahrradsystem wird als Option geprüft, heißt es weiter.

Was man sich am Augustinerhof nicht vorstellen kann: den Bauboom auf der Höhe gezielt zu stoppen. Das könnte über kurz oder lang aber von selbst geschehen – wenn die Flächenpotenziale erschöpft sind. Derzeit läuft die Entwicklung der Baugebiete BU 13 und BU 14 auf der Tarforster Höhe. Auch auf dem Petrisberg wird noch gebaut, zudem steht die Wiederbelebung der ehemaligen französischen Wohnsiedlung Burgunderstraße an.  „Es kann bereits zum jetzigen Zeitpunkt festgestellt werden, dass die weiteren Flächenpotenziale im Bereich der über die beiden Täler erschlossenen Höhenstadtteile gering sind, so dass über die genannten bereits laufenden Projekte hinaus keine wesentlich zur Erhöhung der Verkehrsbelastung beitragenden Gebietsausweisungen in diesen Bereichen mehr geplant sind“, erklärte die Stadt gegenüber 16vor.

Im Rathaus verweist man auch darauf, dass für beide Täler in den Jahren 2004 und 2005 Lärmsanierungskonzepte erarbeitet und umgesetzt worden seien, die unter anderem den Einbau von Schallschutzfenstern für die betroffenen Anwohner umfassten. „Im Rahmen des Lärmsanierungskonzeptes Aveler Tal ist dabei im Jahr 2004 von höheren Verkehrsmengen als den 2011 tatsächlich gezählten ausgegangen worden, so dass von einem sehr hohen Schutzniveau auszugehen ist“, so das Baudezernat.

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