„Uns geht es wirklich um die Musik“

Die Band „vandermeer“ hat es in Trier nicht erst seit dem Sieg des Quattropole-Bandwettbewerbs zu solider Bekanntheit gebracht. Seit drei Monaten betreiben die Musiker neben ihren regelmäßigen Auftritten auch den Online-Radiosender vandermeer_fm. An diesem Samstag läuft die dreimonatige „Bewährungsfrist“ ab – ist bis dahin nicht eine bestimme Anzahl an Hörerstunden zusammengekommen, wird das Angebot abgeschaltet. Nimmt der Sender diese Hürde, wollen die Macher das bislang rein musikalische Angebot auch inhaltlich stärken: „Talkrunden über Kulturpolitik und musikalische Gesprächsformate könnten wir uns auch vorstellen.“

TRIER. „Video killed the Radio Star“, sangen die Buggles 1979 mit misstrauischem Blick auf den Siegeszug der visuellen Medien. Dass Jahrzehnte später ein anderes Medium dem altgedienten Radio zu ganz neuem Auftrieb verhelfen würde, hatten sie damals nicht auf dem Schirm – wie auch? Das Internet bietet die technische Möglichkeit, auch ohne eigene kostspielige Infrastruktur zu senden. Ein Computer reicht aus, um ein Programm zusammenzustellen und damit „on air“ zu gehen.

Auch die Trierer Band „vandermeer“ schickt auf diese Weise seit drei Monaten ihr eigenes Sendeprogramm in den Äther. vandermeer_fm wird aus den individuellen Musiksammlungen der vier Bandmitglieder gespeist und versteht sich als Gegenangebot zu den konventionellen Radiostationen, denen die vier Musiker wenig abgewinnen können: Sängerin Harmke van der Meer ist abgestoßen von „dieser aufgesetzt guten Laune der Morningshows“, Gitarrist Florian Stiefel hört privat ausschließlich Deutschlandfunk – „weil alles andere mich aggressiv macht“. „Leider hat kommerzielles Radio heute in den meisten Fällen nichts mehr mit musikalischer Qualität zu tun“, beschreibt schließlich Bassist Tom Rüdell seine Gemütslage.

Am Samstag endet die Schonfrist

Er hatte während eines Kanada-Aufenthaltes erlebt, dass auch in mittelgroßen Städten eine vielfältige Online-Radio-Landschaft besteht, die das Angebot der großen Stationen ergänzt. Vor drei Monaten initiierte er das eigene Band-Radio. So hebt sich auch vandermeer_fm bewusst von den kommerziellen Radiostationen ab, „deren Playlists sich nur nach Marktfortschung richten“, wie Florian Stiefel beklagt: „Mehr musikalischer Sachverstand würde den Stationen gut tun.“ vandermeer_fm ist daher ein Radio, wie es in den Augen seiner Betreiber zu sein hat: Handverlesene Musiksammlungen statt standardisierter Playlists, Eigenverantwortung in der Musikauswahl statt das Beste der 80er, 90er und von heute. „Wir nehmen uns die Freiheit, auch Titel zu spielen, die nicht in das 3:30-Minutenschema passen, sagt der Gitarrist und ergänzt: „Uns geht es dabei wirklich um die Musik.“

Dem Anbieter, der die technische Infrastruktur für vandermeer.fm bereitstellt, teilt diesen musikalischen Idealismus allerdings nur bedingt. Nach einer dreimonatigen Schonfrist werden alle Angebote abgeschaltet, die eine bestimmte Anzahl an Hörerstunden nicht erreicht haben. Mit den Verbleibenden generiert der Betreiber Werbe-Einnahmen. Für vandermeer_fm endet diese Bewährungsfrist an diesem Samstag, 14. Juli. „Ich bin zuversichtlich, dass wir diese Hürde nehmen“, sagt Tom Rüdell. An Ideen für die mittelfristige Zukunft des Online-Radios mangelt es nicht: „Wir würden gerne den lokalen Aspekt stärken: Auch Talkrunden zu kulturellen Themen und fundierte Gespräche über Musik könnten wir uns vorstellen.“

Von diesen abgesehen ist das Radio natürliche eine trickreiche Marketing-Idee für die eigene Band. Dabei wurde bislang – das ist der Treppenwitz der Band-Radios – kein einziger Titel von „vandermeer“ gespielt: Den umtriebigen Musikern fehlte bislang die Zeit für Studioaufnahmen.

http://vandermeer-fm.playtheradio.com/

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