Triers zweite Schleuse kommt später

Tausende Schiffe passieren jedes Jahr die Mosel, etliche Millionen Tonnen Fracht werden auf dem Fluss befördert. Seit Jahren kommt es auf der Wasserstraße zu Staus, denn die Kapazitäten der zwischen 1958 und 1964 errichteten Schleusen sind für den heutigen Bedarf nicht ausgelegt. Damit der Schiffsverkehr auf dem am stärksten frequentierten Abschnitt zwischen Trier und Koblenz besser fließt, sollen binnen drei Jahrzehnten neun Staustufen eine zweite Schleuse erhalten. Voraussichtlich noch in diesem Jahr starten die Arbeiten in Trier, doch schon vor Baubeginn zeichnet sich ab: Der ursprüngliche Zeitplan lässt sich nicht halten. Nach Lage der Dinge wird die neue Schleuse nicht vor 2016 in Betrieb gehen. Damit dürfte auch die weiträumige Auenlandschaft bei Monaise länger auf sich warten lassen.

TRIER. Wer einen Blick auf die Mosel bei Trier wirft, wird wohl kaum an Staus und Engpässe denken. Hin und wieder passiert ein Güterschiff den Fluss, dann und wann findet sich auch ein Ausflugsboot darunter. Und in den Sommermonaten ankern in Zurlauben die großen Kabinenschiffe. Von einem hohen Verkehrsaufkommen kann nicht die Rede sein, und selbst in der Schleuse bei Feyen scheint der Betrieb überschaubar. Alles kein Vergleich zu dem, was auf dem Rhein los ist, wo mitunter mehrere Schubverbände nebeneinander unterwegs sind. Gemessen daran scheint auf der Mosel noch viel Platz.

Dieser Eindruck täusche, sagt Joachim Gährs. Der Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamts (WSA) Trier führt einige Zahlen ins Feld, die belegen sollen, wie groß der Handlungsbedarf auf der Mosel ist. Jedes Jahr passierten rund 12.000 Güterschiffe den Fluss, in den Sommermonaten gesellten sich noch weitere rund 5.000 Fahrgastschiffe hinzu. 15 Millionen Tonnen Fracht verzeichne man jedes Jahr. Bedingt durch einen Einbruch infolge der Wirtschaftskrise lagen die Zahlen im letzten Jahr zwar darunter, doch liegen sie weiterhin deutlich über dem, was die Planer in den 50ern kalkulierten. Mit diesem Verkehr würden Gährs und seine Leute dennoch fertig werden, gäbe es an der Mosel nicht zwei Besonderheiten: Nahezu alle Staustufen verfügen nur über eine Schleuse, und die Fahrgastschiffe genießen ein so genanntes Vorschleusungsrecht, haben also an den Schleusen Vorfahrt vor den Güterschiffen.

Vor allem die Beschränkung auf eine Schleuse pro Staustufe hält Gährs für „unverantwortlich“, und er muss auch nicht lange erklären, weshalb die Sache derart heikel ist. Denn schon der Ausfall einer Anlage könnte den Verkehr auf der Mosel zeitweilig zum Erliegen bringen und so horrende wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen. Die Schiffe lägen fest und kämen vorerst nicht an ihr Ziel. Seit fast einem halben Jahrhundert sind die Schleusen nun schon in Betrieb, und nur einmal im Jahr für gerade mal eine Woche besteht die Möglichkeit, Reparatur- und Wartungsarbeiten durchzuführen. Weil während dieser Zeit die gesamte Schifffahrt eingestellt werden muss, werden die Wartungstermine schon Jahre im voraus festgelegt.

Zeltingen fertig, Fankel im Bau

Doch es kann auch zu Unfällen kommen, und erst vor wenigen Tagen ereignete sich ein solcher in Zeltingen. Dort stieß ein Güterschiff gegen eines der Tore der Schleuse. Die Beschädigungen machten eine Reparatur notwendig, berichtet Gährs. Noch vor zwei Jahren hätte die Moselschifffahrt nun mehrere Tage still gestanden, doch weil Zeltingen die erste von insgesamt neun Staustufen ist, die über eine zweite Schleuse verfügt, hielten sich die Folgen in Grenzen. Die Schiffe wurden über die ältere der beiden Anlagen geschleust.

Für Gährs ein weiterer Beleg dafür, dass der Ausbau der Moselschleusen überfällig ist. Vor neun Jahren starteten die Arbeiten in Zeltingen, seit 2009 ist hier die zweite Schleuse in Betrieb. In Fankel bei Cochem läuft der Bau seit 2006, in diesem Jahr nun soll Trier als dritte Staustufe im Bunde hinzukommen. Die Vorarbeiten laufen bereits. So wurden schon Anfang des Jahres zahlreiche Bäume gefällt, und auch der neue Pegel Trier steht vor der Fertigstellung. Der alte, auf der westlichen Uferseite gelegene Pegel wird dem neuen unteren Vorhafen weichen müssen. Mit dem Bau des Vorhafens werden aller Voraussicht nach noch in diesem Jahr begonnen.

Bis 2014 sollte die zweite Schleuse fertiggestellt sein, doch nun zeichnet sich ab, dass dieser Termin nicht eingehalten werden kann. Denn der Bund hat bislang lediglich die Mittel für den oberen und unteren Vorhafen bereitgestellt. Der größere Teil der rund 45 Millionen Euro, die allein in Trier verbaut werden, steht noch aus. Laut Gährs kann deshalb in diesem Jahr nur ein Teil der Aufträge vergeben werden. Statt 2014 werde die zweite Schleuse, deren Kernstück eine neue Kammer von 210 Metern Länge ist, wohl nicht vor 2016 in Betrieb gehen. Nicht nur deshalb könnte der Zeitplan für das gesamte Projekt ins Rutschen kommen. Ursprünglich sollten neun Staustufen – neben Zeltingen, Fankel und Trier auch Lehmen, Wintrich, Münden, Detzem, St. Aldegund und Enkirch – bis 2030 eine zweite Schleuse erhalten. Auch die Modernisierung der vorhandenen zwei Schleusen in Koblenz sollte bis dahin abgeschlossen sein.

Hafen-Chef Weis: Das ist ein Trauerspiel

Doch von diesem Zeitplan hat man sich offenkundig verabschiedet, intern kursiert bereits das Jahr 2036 als Zielmarke. Doch selbst diese könnte sich als zu ambitioniert herausstellen, wie Äußerungen des Bundesverkehrsministeriums vermuten lassen.“Vor dem Hintergrund der dringend notwendigen Haushaltskonsolidierung begrenzen die mittelfristigen Finanzierungsmöglichkeiten des Bundeshaushaltes die Spielräume für Investitionen in die Wasserstraßeninfrastruktur deutlich“, erklärte eine Sprecherin auf Anfrage. Man werde deshalb die „verfügbaren Ressourcen  auf Ersatzinvestitionen alter Anlagen und auf Wasserstraßen mit hoher Verkehrsnachfrage“ konzentrieren. Die Sprecherin teilte weiter mit, dass der Bund „in verkehrlich hoch belasteten Räumen in vertretbaren Zeiträumen bessere Rahmenbedingungen für die Schifffahrt“ schaffen wolle. Dass das gesamte Projekt noch einmal auf den Prüfstand kommt, scheint nicht zu erwarten. Denn die Mosel gilt als die zweitbedeutendste Binnenwasserstraße nach dem Rhein. Als wahrscheinlicher gilt deshalb, dass die Realisierung der Maßnahme gestreckt wird. Man erarbeite derzeit eine „Priorisierung der konkurrierenden Vorhaben“, erst wenn diese abgeschlossen sei, ließen sich „Aussagen zur Finanzierbarkeit der Moselschleusen“ machen, heißt es aus Berlin.

Im Trierer Hafen wird man das nicht gerne hören. Hier wurden im vergangenen Jahr 1,265 Millionen Tonnen Schiffsfracht umgeschlagen, womit man mit dem nahe gelegenen Hafen im luxemburgischen Mertert fast gleichauf lag. „Das ist ein Trauerspiel“, sagt Lothar Weis mit Blick auf den Zeitrahmen für die zweiten Schleusen, „das können Sie ruhig so schreiben“. Der Geschäftsführer der Trierer Hafengesellschaft mbH kann nicht verstehen, dass man in den 1950er und 60ern in der Lage war, innerhalb von nur sechs Jahren alle Staustufen zu bauen, und nun der Bau einer einzigen Schleuse genauso lange dauert. Die Maßnahme sei mehr als überfällig, erklärt Weis noch und verweist auf Wartezeiten von bis zu 15 Stunden, die für manche Güterschiffe aufgrund der Schleusenengpässe entstünden. Ob deshalb Kunden abgesprungen seien? Nein, sagt Weis, schließlich sei das Schiff in punkto Transportkosten je Tonnenkilometer im Vergleich zu Lkw und Eisenbahn unschlagbar günstig.

Gährs ist derweil froh, dass die verantwortlichen Planer und Politiker bereits beim Bau der Schifffahrtsstraße mit dem Bedarf für zweite Schleusen rechneten. Deshalb seien heute auch die notwendigen Flächen vorhanden, erklärt er. In Trier wird das Baufeld von der Konrad-Adenauer-Brücke bis zum Bauhof des Wasser- und Wirtschaftsamts reichen. Rund 180.000 Kubikmeter Erde müssen ausgehoben werden, und auch sonst bedeutet die Baumaßnahme einen schwerwiegenden Eingriff in Natur und Landschaft. Um diese Eingriffe zu kompensieren, planen Stadt und WSA eine 14 Hektar große Ausgleichsfläche, die sich vom Sportboothafen in Monaise bis zum südlich gelegenen Bauhof erstrecken wird. Geplant sind Kiesbänke, Röhrichtzonen und Wasserflächen, die mit der Mosel verbunden sein werden. Bevor diese Maßnahme in Angriff genommen wird, müssen die archäologischen Grabungen abgeschlossen sein. Vier Jahre sind allein hierfür veranschlagt, die Kosten teilen sich die Stadt und der Bund.

Print Friendly, PDF & Email

von

Schreiben Sie einen Leserbrief

Angabe Ihres tatsächlichen Namens erforderlich, sonst wird der Beitrag nicht veröffentlicht!

Bitte beachten Sie unsere Kommentarrichtlinien!

Noch Zeichen.

Bitte erst die Rechenaufgabe lösen! * Time limit is exhausted. Please reload the CAPTCHA.