Stadt bleibt bei Bruchs Buden außen vor

Der Trierer Weihnachtsmarkt gehört zu den schönsten seiner Art in Deutschland. Derart beliebt ist er, dass die Liste der Betriebe, die einen Stand betreiben möchten, lang ist. Nach welchen Kriterien ausgewählt wird, ist für Außenstehende nicht nachprüfbar. Denn die Entscheidung liegt allein in den Händen der Arbeitsgemeinschaft Trierer Weihnachtsmarkt. Roberto Cortella versucht seit Jahren, mit seiner Bella Italia Group einen Fuß in die Tür zu bekommen – ohne Erfolg. Nun verklagte er die Stadt, gestern verhandelte das Verwaltungsgericht Trier die Klage. Außer einer unverbindlichen Absichtserklärung vonseiten der städtischen Vertreter erbrachte die Verhandlung kein Ergebnis. Der Vorsitzende Richter empfahl aber der Stadt, zu prüfen, ob die Ausrichtung eines Weihnachtsmarkts in dieser Größenordnung ein weiteres Mal freihändig vergeben werden darf. Schließlich habe der aktuelle Betreiber während der Weihnachtszeit eine Monopolstellung.

TRIER. Respekt – Roberto Cortella wird dieses Wort noch häufig gebrauchen in der gut einstündigen Verhandlung vor dem Trierer Verwaltungsgericht. Ob er gerade auf Deutsch spricht oder es auf Englisch versucht, oder für einen kurzen Moment auch wieder seiner Muttersprache freien Lauf lässt – der Begriff „Respekt“ wird immer wieder fallen. Schließlich sei er respektlos behandelt worden, behauptet der Italiener ein ums andere Mal. Seit Jahren schon bewerbe er sich regelmäßig um einen Stand auf dem Trierer Weihnachtsmarkt, doch nicht einmal eine Absage erhalte er; und als er einmal doch eine Absage erhalten habe, da sei diese erst im Januar eingetroffen – nachdem die Buden schon wieder abgebaut waren.

Natürlich will Cortella nicht nur frühzeitigere und formvollendete Absagen – er will, wie so viele Unternehmen, auf dem nächsten Weihnachtsmarkt mit von der Partie sein. Im vergangenen Dezember klagte er 16vor sein Leid, wollte aber anonym bleiben. Da hatte Cortella noch die leise Hoffnung, es könne doch eines Tages klappen mit dem Stand. Irgendwann muss er sich gedacht haben, dass hoffen allein nicht mehr reicht. Am Dienstag wollten er und sein Rechtsanwalt Karl-Heinz Hörcher deshalb erreichen, dass die Stadt höchstselbst über die Zulassung von Bewerbern zum Trierer Weihnachtsmarkt entscheidet.

Ein aussichtsloses Unterfangen, wie Richter Georg Schmidt schon nach wenigen Minuten deutlich machte. Denn beim Trierer Weihnachtsmarkt  handele es sich nicht um eine städtische Veranstaltung, sondern um die „Spezialmarktveranstaltung eines gewerblichen Anbieters“. Anders lag der Fall beispielsweise bei dem zwischenzeitlich untergegangenen Römerfestival „Brot und Spiele“: Hier hatte die Stadt zwar Organisation und Durchführung an die Medienfabrik Trier-Luxemburg abgegeben, blieb aber Veranstalter. Beim Weihnachtsmarkt führt allein die Familie Bruch Regie, genauer Angela Bruch, die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Trierer Weihnachtsmarkt.

Wer denn noch Teil dieser Arbeitsgemeinschaft sei, wollte Richter Schmidt am Dienstag von den drei Vertretern des Rathauses erfahren. Außer der Firma Bruch eigentlich niemand mehr, mussten diese einräumen. Etwas sonderbar sei das, ließ Schmidt durchblicken. Denn so wenig man als Einzelner einen Kreis bilden kann, so schwer fällt es, alleine eine „Gemeinschaft“ zu bilden. Aber darauf kam es bei der Verhandlung gar nicht an, und überhaupt fragte man sich bisweilen, welchem Zweck die mündliche Beratung noch dienen sollte. Nachdem Schmidt frühzeitig klar gemacht habe, dass die Aussichten von Kläger Cortella denkbar gering waren, konzentrierte er sich darauf, eine irgendwie gütige Vereinbarung zustande zu bringen. Schließlich konnte der Richter die Verärgerung des Italieners gut nachvollziehen.

Also einigte man sich nach längerer fruchtloser Diskussion, in deren Verlauf Schmidt auch das Sortiment und Erscheinungsbild des Samstagsmarkts („komisches Gezeugs“) kommentierte, auf eine Formulierung, wie sie unverbindlicher nicht sein könnte: Ein Vertreter des städtischen Rechtsamts sagte zu, bei der Firma Bruch darauf hinzuwirken, dass Herr Cortella künftig bis spätestens zwei Monate vor Beginn des Weihnachtsmarkts darüber informiert wird, ob er zum Zuge kommt, oder nicht. Eine „begründete Antwort“ soll es geben, steht in dem Beschlusstext, auf deren Grundlage Cortella seine Klage zurückzog. „Das Reden kann ich versprechen, das Ergebnis nicht“, bemerkte der Mann vom Rechtsamt und machte so deutlich, dass die Verwaltung faktisch keine Möglichkeit sieht, auf die unternehmerischen Entscheidungen der Firma Bruch Einfluss zu nehmen.

Im Rathaus sieht man ohnehin weder Handhabe noch Anlass, in Sachen Weihnachtsmarkt aktiv zu werden. 1980 übertrug der Stadtrat den Bruchs erstmals die Organisation und Durchführung des Weihnachtsmarktes. Bis einschließlich 1986 erfolgte dies per Sondernutzungserlaubnisse durch die Stadtverwaltung. 1987 schloss die Verwaltung dann auf der Basis eines Ratsbeschlusses einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Firma Bruch als Veranstalterin. Seit jenem Jahr firmiert das Event als „Spezialmarkt nach Gewerberecht“  Zuletzt überarbeitet wurde der Vertrag 1992, und zwar nach einem einstimmigem Stadtratsbeschluss. Eine wesentliche Neuerung des Vertragstextes:  Durch eine Klausel verlängert sich die Geltungsdauer seither jeweils um zwei beziehungsweise fünf Jahre, wenn nicht gekündigt wird und zwischen zwei Weihnachtsmärkten mindestens 50.000 Euro investiert wurden. „Unter Würdigung der zwischen 2009 und 2010 getätigten höheren Investitionen durch die Veranstalterin läuft der Vertrag jetzt noch bis einschließlich ins Jahr 2016“, erklärte die Stadt im 2010 auf Anfrage von 16vor.

31.500 Euro Nutzungsentgelt führt die Firma Bruch derzeit pro Saison an die Stadt ab – für die Nutzung von Hauptmarkt und Domfreihof über die gesamte Laufzeit des Weihnachtsmarkts. Nicht nur die Auswahl der Standbetreiber hat das Rathaus aus der Hand gegeben: „Die Stadt überlässt die Gebührengestaltung für die Benutzung der Weihnachtsmarkthäuschen der Vertragspartnerin. Einfluss auf die Gebührenhöhe wird stadtseitig nicht genommen und ist auch nicht Vertragsgegenstand“, erläutert die Verwaltung. Angela Bruch war am Dienstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

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