„Trier ist schon eine besondere Stadt“

2017 ist das Theater saniert, 2015 wird Trier einen „ÖkoBauPark“ haben, in dem alle Dienstleistungen in Sachen energetisches Bauen und Sanieren angeboten werden. Im selben Jahr präsentiert die Stadt ihre neue „Kulturmeile“. Bereits 2013 verkehren die Stadtwerke nach Konz, außerdem gibt es gemeinsam mit Schweich ein E-Car-Sharing-Angebot. Das alles und noch viel mehr findet sich im Entwurf für ein strategisches Konzept „Zukunft Trier 2025“. Am Donnerstag stellte der Stadtvorstand das Papier vor. Das zeigt auf, wohin die Reise in den kommenden Jahren gehen soll. Die Ziele seien „sehr ehrgeizig, aber nicht traumtänzerisch“, erklärte der OB. Klaus Jensen und die Dezernenten werden sich an dieser Vorlage messen lassen müssen, doch auch der Rat ist gefordert, will Trier endlich mehr aus seinen Möglichkeiten machen.

TRIER. Es kommt nicht alle Tage vor, dass der komplette Stadtvorstand zu einer Pressekonferenz antritt. Am Donnerstag war so ein seltenes Ereignis, und für einen Moment stellte sich das Gefühl ein, die Stadtspitze ziehe an einem Strang und verfolge dieselben Ziele. Einträchtig präsentierten der Oberbürgermeister und die Dezernenten ihren Entwurf für ein strategisches Konzept „Zukunft Trier  2025“. Das klingt nach viel Papier, doch entschied man, sich auf 24 Seiten zu beschränken. Es sei darum gegangen, klare Schwerpunkt zu setzen und so den Rahmen für die weitere Entwicklung Triers abzustecken, erklärte Klaus Jensen (SPD), „kurz, knapp und knackig“ sei der Entwurf. Bewusst habe man nicht alles, was kommunalpolitisch relevant sei, in das Papier gepackt.

Doch auch zwei Dutzend Seiten können es in sich haben, und wenn die angepeilte Richtung auch nur einigermaßen eingehalten wird und zumindest ein Teil der genannten Projekte umgesetzt werden sollte, dann wäre Trier in 13 Jahren nicht nur um einiges fortschrittlicher und zeitgemäßer als heute, sondern auch größer. 2025 soll die Stadt 110.000 Einwohner zählen, und die sollen vor Ort optimale Bedingungen für Wohnen und Arbeiten, Bildung und Kultur vorfinden. Die Stadtentwicklung werde hierbei „Grundsätzen kommunalpolitischen Handelns“ folgen, Aspekte wie Umwelt und Klimaschutz, aber auch Bürgerbeteiligung und Soziales sollen als „Querschnittsaufgabe“ sämtlichen Entscheidungen zugrunde liegen. Jensen betonte, dass der Prozess in einem regionalen Kontext vonstatten gehen müsse: „Die Zeit der isolierten Politik ist vorbei“, die Kooperation mit den Gemeinden im Umland und mit den Landkreisen werde in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Der OB räumte aber auch ein, dass diese Wahrnehmung noch nicht bei allen Entscheidungsträgern in der Region angekommen sei. Die genannten Ziele seien zwar „ehrgeizig und anspruchsvoll, aber nicht traumtänzerisch“, versuchte Jensen schon mal vorab der nicht unwahrscheinlichen Skepsis entgegen zu treten, die sich bei der Lektüre des Zielkatalogs bei nicht wenigen einstellen dürfte.

Tatsächlich hat sich bei zahlreichen Trierern inzwischen der Eindruck festgesetzt, die Entwicklung der Stadt komme nicht so recht voran. Manche sprechen gar von „Stillstand“ und haben rasch ein paar Belege zur Hand: Der Ausbau des Radwegenetzes hat kaum Fortschritte gemacht, eine spürbare Förderung des Nahverkehrs lässt auf sich warten. Das Projekt „Stadt am Fluss“ erschöpft sich bislang in Plänen für neue Immobilienvorhaben am Moselufer, die versprochene Profilierung Triers als Standort für Kultur- und Kreativwirtschaft steht noch aus; und wo auf private Initiative Projekte wie die Designmesse auf den Weg gebracht werden, da machen städtische Stellen den Kreativen das Leben mitunter schwer. Wirklich hoffen lassen die Entwicklungen in Trier-West und in Feyen, wo in den kommenden Jahren Hunderte Millionen Euro investiert werden. Doch insgesamt drängt sich die Wahrnehmung auf, die Kommunalpolitik versinke allzu oft in Kleinmut, die bekanntermaßen desaströse Haushaltslage verhagele auch den letzten Gestaltungswillen – und der Stadtspitze fehle eine Idee davon, in welche Richtung sich Trier entwickeln soll. Das Konzept liefert nun endlich eine Vorstellung davon, welche Chancen in den kommenden Jahren ergriffen werden sollen.

Bis 2025 soll es 10 Prozent mehr Betriebe geben

Dabei wird sich an der Finanznot absehbar nichts ändern, zumindest nicht in dem Maße, dass die Stadt bald wieder aus dem Vollen schöpfen könnte. Darauf weist auch das Zukunftskonzept hin: „Die Stadt Trier wäre als privates Unternehmen in 2015 zahlungsunfähig und müsste Insolvenz antreten“. Um langfristig wieder handlungsfähig zu werden, führe deshalb an einem Konsolidierungskurs kein Weg vorbei. Damit sich dennoch etwas bewegt, will die Stadtspitze privaten Betrieben und Unternehmen Rahmenbedingungen schaffen, die sie zu Investitionen sowie zur Schaffung neuer Jobs veranlassen, erklärte Wirtschaftsdezernent Thomas Egger (FDP). Als konkretes Ziel schlagen die Konzeptautoren vor, die Zahl der Klein- und Mittelbetriebe bis 2025 um 10 Prozent zu steigern. So sollen auch 10 Prozent neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Hierfür werden Flächen benötigt, von drei „visionären Schlüsselgrundstücken“ ist die Rede: auf dem Kockelsberg entlang der Autobahn, auf dem Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofs in Ehrang, und auf dem Grüneberg, wo heute schon die Wehrtechnische Dienststelle (WTD 41) der Bundeswehr ansässig ist. Einen Schwerpunkt der wirtschaftlichen Entwicklung soll die Gesundheitsbranche bilden. Bis 2015 soll es eine „Europäische Akademie der Gesundheitswirtschaft (EAG)“ geben, 2018 könnten Triers Kliniken auch luxemburgischen Medizinern als Lehrkrankenhaus dienen.

Im Bereich Kultur hat sich Egger ebenfalls ambitionierte Ziele gesetzt, unter anderem jenes, schon im nächsten Jahr ein Kulturentwicklungskonzept vorzulegen; ebenso einen Entwurf für eine Strukturreform des Theaters. 2017 soll dann die Sanierung des Theaters am Augustinerhof abgeschlossen sein. Ist das nun realistisch oder doch die Art von Traumtänzerei, die laut Jensen dem Zukunftskonzept eben nicht zugrunde liegen soll? Natürlich könne er nicht garantieren, dass die Sanierung bis 2017 glücke, aber sein Dezernat werde in jedem Fall auf dieses Ziel hinarbeiten, versicherte Egger; und natürlich setze die Realisierung auch die Unterstützung des Stadtrats und des Landes voraus. Wie Mainz auch für ein anderes, im Konzept eher unverhofft auftauchendes Projekt gewonnen werden müsste: Bis 2020 soll der Tempelbezirk im Altbachtal „exemplarisch an ausgewählten Standorten freigelegt“ werden und jährlich rund 10.000 Touristen zu „speziellen archäologischen Kursen“ anlocken.

Wahrscheinlicher scheint da jedoch, dass bis 2020 die beiden größten Baustellen Triers in großen Teilen abgeschlossen sein werden – das Konversionsprojekt „Castelnau“ in Feyen und die Umnutzung des ehemaligen Eisenbahnausbesserungswerks im Westen der Stadt. Für diese Projekte sind die Weichen gestellt, gerade die Entwicklung in Trier-West wurde unter Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani (CDU) forciert. Schließlich handelt es sich hierbei um ein Schlüsselprojekt der Vision, Trier zu einer „Stadt des urbanen Wohnens im Grünen“ zu machen, wie es im Konzeptentwurf heißt. Ab 2015 sollen jährlich rund 600 neue Wohnungen fertiggestellt werden, im selben Jahr würde laut Zielkatalog auch die neue stadteigene Wohnungsbaugesellschaft erfolgreich arbeiten. Bürgermeisterin und Sozialdezernentin Angelika Birk (B90/Die Grünen) unterstrich am Donnerstag die soziale Dimension des Themas: Ein größeres Angebot an bezahlbarem Wohnraum müsse her, ebenso müssten „neue integrative Wohnformen“ eine Chance erhalten. Die Baudezernentin versprach derweil, dass beim Bauen höchste energetische Standards gelten sollen und die Nutzung regenerativer Energien gefördert werden soll.

Manches in dem Papier lässt aufhorschen, gerade was den jeweils anvisierten Zeitpunkt der Realisierung anbelangt. Denn wenn Trier laut Konzeptentwurf schon bis 2013 gemeinsam mit Konz und Schweich ein E-Car-Sharing-Angebot realisieren will, dann muss das Projekt bereits in fast trockenen Tüchern sein; gleiches gilt für das Ziel, dass die Stadtwerke im kommenden Jahr neben Schweich auch Konz ansteuern werden. An solchen und vielen weiteren Vorhaben, die sich in dem Konzeptentwurf finden, wird der amtierende Stadtvorstand gemessen werden – so denn der Stadtrat im Frühjahr nächsten Jahres die Vorlage weitgehend unverändert mittragen sollte. Noch steht die Diskussion hierzu ganz am Anfang, auch die Bürger sollen in diesen Prozess mit eingebunden werden.

An Stoff für ein „professionelles Marketingkonzept, das Trier ein unverwechselbares Profil gibt“ und das bis 2014 vorliegen soll, mangelt es indes schon heute nicht. Doch die Stadt hat bis dato auch ein „Verkaufsproblem“, überregional versteht es Trier nicht, sich zu profilieren und im Wettbewerb der Städte klar zu positionieren. Dabei ist Trier „schon eine besondere Stadt“, wie die grüne Wahl-Triererin Birk am Donnerstag feststellte.

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