„Starke solidarische Maßnahme“

Um für Menschen mit geringem Einkommen Theaterbesuche erschwinglich zu machen, wird im Trierer Theater eine neue Preiskategorie geschaffen. Plätze in den hinteren beiden Reihen sind ab der kommenden Spielzeit spartenübergreifend für 8,50 Euro zu haben. Um dies zu finanzieren, werden die Ticketpreise insgesamt um 25 Prozent erhöht. Zudem wird die Preisstruktur vereinfacht und für sparsame Spät – oder Spontanentscheider ein günstiges „Last-Minute-Ticket“ eingeführt. Dies hat der Stadtrat in seiner Sitzung am Donnerstagabend mit großer Mehrheit beschlossen. „Es ist ein sehr gutes Ergebnis miteinander erarbeitet worden“, sagte Kulturdezernent Thomas Egger im Anschluss. „Dank für diese konstruktive Zusammenarbeit.“

TRIER. Der Stadtrat hatte in einem Beschluss die Verwaltung beauftragt, „ein Kontingent von besonders günstigen Theaterplätzen bereitzustellen mit dem Ziel, Menschen mit geringem Einkommen einen Besuch des Theaters zu ermöglichen“. Eine Umstrukturierung der Eintrittspreise sollte kostenneutral erfolgen. Zudem sollten als erster Schritt einer Anreizstrategie für ein neues Publikum Restkarten an der Abendkasse als „Last-Minute-Tickets“ angeboten werden. Dies wurde vor genau zwei Jahren beschlossen. Nun ging alles ganz schnell: Am Montag nahm der Stadtvorstand eine entsprechende Vorlage an und drei Tage später stimmte ihr der Stadtrat zu.

Ab der nächsten Spielzeit gibt es die neue „Kategorie IV“, bei der nicht nur aufgrund der Ziffer zu befürchten steht, dass der dünkelhafte Volksmund noch ein „Hartz“ dazwischenschieben wird. Sei’s drum: minderbegütete Menschen mit Kulturinteresse können sich auf einen Platz in den hinteren beiden Reihen für 8,50 Euro (ohne Sonderzuschläge wie bei Premieren oder zum Jahreswechsel) freuen. Der Preis gilt für alle Sparten.

Für sparsame Spät- oder Spontanentscheider bietet das Theater ab der Saison 2012/13 ein „Last-Minute-Ticket“ an. Ab 20 Minuten vor der Vorstellung können nicht verkaufte Karten für zehn Euro, auf den Plätzen der Kategorie IV sogar für nur fünf Euro erworben werden.

Um dies zu finanzieren, werden die Preise insgesamt um 25 Prozent erhöht. Beispielsweise kostet dann ein Ticket fürs Schauspiel in der Kategorie I 25 Euro anstatt 20 Euro. Eine Karte fürs Musiktheater – die bisherige Preiseinteilung in A und B wird aufgehoben – in der Kategorie II ist für 24 Euro erhältlich (bisher 20 bzw. 18 Euro).

Auch nach oben wird es eine neue Kategorie geben. Besonders vorteilhafte Plätze (die jeweils ersten Reihen, die Zweierplätze im Hochparkett und die Logenplätze) werden als „Premium“ angeboten und kosten fünf Euro mehr als die Kategorie I. Anrecht auf Ermäßigung haben künftig Personen bis 25 Jahre und Schwerbehinderte. Sie erhalten 30 statt wie bisher 15 Prozent Rabatt auf alle Karten.

Auch wenn der Antrag ohne Gegenstimme beschlossen wurde, waren die Fraktionen erwartungsgemäß unterschiedlicher Ansicht über das Resultat. Dorothee Bohr (CDU) fasste den Weg der Ergebnisfindung zusammen, den man zwei Jahre lang in einer überfraktionellen Arbeitsgruppe gegangen ist. Sie warb dafür, für den Kompromiss zu stimmen, damit die Preiserhöhung schon ab der kommenden Spielzeit wirksam werden könne.

Markus Nöhl von der SPD begrüßte die Neuerungen als „starke solidarische Maßnahme“. Das Theater sei nun attraktiver für Menschen mit niedrigem Einkommen. Zudem trage es zur Haushaltskonsolidierung bei. Das Theater rechnet bei gleichbleibenden Besucherzahlen mit jährlichen Mehreinnahmen von etwa 225.000 Euro.

Gerd Dahm (Bündnis 90/Die Grünen) hat Zweifel daran, dass diese Rechnung aufgeht: „25 Prozent Preiserhöhung sind starker Tobak. Die Preiserhöhung wird uns Zuschauer kosten.“ Das mache es für seine Fraktion schwer, für den Antrag zu stimmen. Wegen der Kategorie IV und den Last-Minute-Tickets werde man ihn jedoch mittragen. Auch mit der Vereinfachung der Preisstruktur ist Dahm nicht völlig zufrieden. „Vorher hatten wir 39 verschiedene Preise, jetzt 20. Ich hätte mir zehn gewünscht.“

„Es ist immer noch nicht das Ergebnis, was jeden zufrieden stellen wird“, sagte Peter Spang (FWG), „aber ein Schritt in die richtige Richtung.“ Er hoffe auf ein Einsehen des Stammpublikums, dass das Theater durch die neuen Anreize neues Publikum erreiche und dass Dahm mit seiner Befürchtung unrecht habe.

Dr. Karl-Josef Gilles (FDP) bezeichnete die Entscheidung für den Antrag als „schmerzhaften Schritt“. „Aber sonst muss auf Dauer eine Sparte geschlossen werden.“ Zudem appellierte er an seine Ratskollegen, auf ihre Privilegien verzichten. Damit könnten sie einen „bescheidenen Beitrag zum Theateretat leisten“. Jedes Ratsmitglied erhält pro Saison zehn Gebührenkarten, die von der Stadt gezahlt werden. Zudem werden die Mitglieder des Kulturausschusses samt Begleitung zu den Premieren eingeladen. „Dazu soll eine neue Regelung gefunden werden“, sagt die Verwaltungsdirektorin Heidi Schaefer gegenüber 16vor. Der Antrag über die neue Preisstruktur habe jedoch Vorrang gehabt.

Print Friendly, PDF & Email

von

Schreiben Sie einen Leserbrief

Angabe Ihres tatsächlichen Namens erforderlich, sonst wird der Beitrag nicht veröffentlicht!

Bitte beachten Sie unsere Kommentarrichtlinien!

Noch Zeichen.

Bitte erst die Rechenaufgabe lösen! * Time limit is exhausted. Please reload the CAPTCHA.