Stadtspitze empfiehlt Abschied vom Moselaufstieg

Wenige Wochen nach einer Informationsveranstaltung im IHK-Tagungszentrum hat der Stadtvorstand mit OB Klaus Jensen (SPD) an der Spitze dem Projekt Moselaufstieg eine Abfuhr erteilt. Zwar würde die Trasse deutliche Entlastungseffekte für den Landkreis und das Stadtgebiet bringen, räumt man im Rathaus ein, doch dem stünden „andere Faktoren gegenüber, die in einem Abwägungsprozess im Endergebnis zu einer Ablehnung des Projekts Moselaufstieg“ führten. Am kommenden Donnerstag muss der Stadtrat entscheiden, doch ob eine Mehrheit des Rats dem Vorschlag der Stadtspitze folgen wird, ist fraglich: CDU, FWG und FDP fordern in einem gemeinsamen Antrag die rot-grüne Landesregierung auf, das Vorhaben für den vordringlichen Bedarf des neuen Bundesverkehrswegeplans anzumelden. Und Baudezernentin Kaes-Torchiani distanziert sich schon mal dezent von der Beschlussvorlage.

TRIER. Rekordverdächtige 36 Punkte verzeichnet der öffentliche Teil der Tagesordnung, welche die Mitglieder des Stadtrats am Donnerstag kommender Woche abarbeiten müssen. Dabei dürfte vor allem Punkt 3 für einen heftigen Schlagabtausch sorgen. Denn in ihrer Vorlage schlägt der Stadtvorstand nun vor, sich endgültig von der seit Jahrzehnten diskutierten Westumfahrung zu verabschieden. Dass eine Realisierung des Projekts, besser bekannt unter der Bezeichnung „Moselaufstieg“, für eine erhebliche Entlastung der Stadt vom Durchgangsverkehr sorgen würde, bestreitet man im Rathaus nicht. Doch dann listet die Stadtspitze einen ganzen Reigen von Faktoren auf, die ihrer Meinung nach gegen das Vorhaben sprechen.

So drohe dem schon heute stark belasteten Stadtteil Zewen ein zusätzliches Verkehrsaufkommen von bis zu 3.000 Fahrzeugen täglich. Um den Ort zu entlasten, sei deshalb eine Umgehungsstraße nötig. Doch für diese schon oft geforderte Maßnahme existiere bis heute „keine ausgereifte Planung“, und selbst wenn es sie denn gäbe, wäre sie „für die Stadt Trier nicht finanzierbar“, da von Kosten im zweistelligen Millionenbereich auszugehen sei. Im Rathaus glaubt man zudem nicht, dass vor dem Hintergrund der gesetzlich festgelegten Schuldenbremse auf Bundes- und Landesebene für die Westumfahrung Geld bereit gestellt würde: „Angesichts der Tatsache, dass in der Region Verkehrsprojekte mit einem Kostenaufwand von ca. 1 Milliarde Euro in der Planung bzw. Realisierung sind, ist eine Umsetzung einer Maßnahme wie die des Moselaufstiegs mit einem voraussichtlich niedrigen Nutzen-Kosten-Verhältnis (es werden lediglich ca. 12.000 bis 13.000 Fahrzeuge für diese Strecke prognostiziert), wenig wahrscheinlich“.

Laut Landesbetrieb Mobilität wären die Entlastungseffekte für wichtige Durchgangsstraßen Triers jedoch enorm. Der LBM beruft sich hierbei auf Untersuchungen des Darmstädter Büros R+ T im Rahmen des Mobilitätskonzepts Trier 2020. Demnach wird für Zewen tatsächlich ein Zuwachs um 3.000 Pkw pro 24 Stunden prognostiziert, doch stünde dem im Bereich des südlich der Konrad-Adenauer-Brücke gelegenen Abschnitts des Pacelliufers ein Minus von 8.000 Fahrzeugbewegungen täglich gegenüber; eine Entlastung um immerhin 19 Prozent. Entlastet würden auch das Pacelliufer zwischen Adenauer- und Römerbrücke (-4.000 Fahrzeuge/24h) und die Zurmaiener Straße (-3.000 KfZ/24h). Auf der Adenauer-Brücke wären der R+T-Untersuchung zufolge täglich bis zu 9.000 Fahrzeuge weniger unterwegs. Auch westlich der Mosel wäre nach Darstellung des LBM ein Rückgang des Durchgangsverkehrs zu erwarten, wobei der Entlastungseffekt in der Kölner Straße mit -13 Prozent deutlich höher läge als etwa in der Bonner Straße (1000 Fahrzeuge oder 6 Prozent weniger).

Kaes-Torchiani macht Dissens deutlich

Im Rathaus führt man unterdessen noch weitere Faktoren gegen den Bau der Westumfahrung ins Feld, beispielsweise „erhebliche Eingriffe in Natur- und Landschaft“. Doch auch wenn alle diese Faktoren unberücksichtigt blieben, würde es ohnehin 15 bis 20 Jahre bis zu einer Realisierung des Moselaufstiegs dauern. „Die vorhandene Verkehrsproblematik muss aber in kürzeren Zeiträumen entschärft werden. Bei einer Fokussierung auf den Moselaufstieg wird der Druck auf die Realisierung von Alternativprojekten genommen“, argumentiert die Stadtspitze und schlägt neben dem Bau der Nordbrücke in Höhe des Verteilerkreises Nord die Reaktivierung der Weststrecke im Rahmen des Rheinland-Pfalz-Taktes mit Haltepunkten am Mäusheckerweg, dem Messepark sowie an den noch vorhandenen aber seit Anfang der 80er Jahre stillgelegten Stationen vor. Man erwarte vom Land „massive Unterstützung bei der kurz- und mittelfristigen Entwicklung und Umsetzung von Alternativmaßnahmen“. Im Blick hat man vor allem die Verkehre in Richtung Großherzogtum. Laut LBM wird die Zahl der Trierer Berufspendler nach Luxemburg von aktuell rund 6.000 auf bis zu 10.000 in 2015 steigen.

Auf die ungeteilte Unterstützung der Beigeordneten für die Empfehlungen der Verwaltung kann der Chef des Stadtvorstands, Klaus Jensen (SPD), offenbar nicht zählen: Bereits in der letzten Ratssitzung hatte Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani (CDU) ihren Dissens mit dem OB öffentlich gemacht. Nun zeichnete die Dezernentin die Vorlage nicht, wie sonst eigentlich üblich, einfach nur ab, sondern versah ihre Unterschrift mit der Anmerkung „GESEHEN“.  Und nur wenige Wochen vor der Kommunalwahl 2009 hatte der heutige Wirtschaftsdezernent Thomas Egger (FDP) gemeinsam mit CDU-Kreischef Bernhard Kaster eine gemeinsame Presseerklärung herausgegeben. Der Tenor der Mitteilung: Der Moselaufstieg muss kommen!

Print Friendly, PDF & Email

von

Schreiben Sie einen Leserbrief

Angabe Ihres tatsächlichen Namens erforderlich, sonst wird der Beitrag nicht veröffentlicht!

Bitte beachten Sie unsere Kommentarrichtlinien!

Noch Zeichen.

Bitte erst die Rechenaufgabe lösen! * Time limit is exhausted. Please reload the CAPTCHA.