Stadt sieht Rot bei Billig-Bordell

Eröffnet im Norden der Stadt schon bald ein Billig-Puff? Wie in Saarbrücken will das Unternehmen „Poppstall“ mit seinem „Geiz-ist-geil“-Geschäftsmodell auch in Trier auf Freier-Fang gehen. Im Rathaus ist man nicht amüsiert über das Vorhaben – man werde alle Möglichkeiten prüfen, um die Eröffnung des „Flatrate-Bordells“ noch zu verhindern, hieß es am Dienstag gegenüber 16vor. Auch die SPD bezog gestern Stellung gegen das Etablissement, von einer „Schande“ ist die Rede. In der Verwaltung ist man nachhaltig verstimmt über einen offenen Brief von „Terre des Femmes“: Die Frauenrechtler hatten OB Klaus Jensen vorgeworfen, er mache sich zu einem „potenziellen Komplizen der namenlosen Frauenverachtung“.

TRIER. Von Trier aus hat man es nicht weit bis nach Luxemburg oder Frankreich – und umgekehrt. Manche Männer wissen das zu schätzen, denn weil Bordelle sowohl in der französischen Republik als auch im Großherzogtum verboten sind, machen nicht wenige hin und wieder einen Abstecher nach Trier – und sorgen so in den hiesigen Etablissements für rege Nachfrage. Gemeinsam mit der deutschen Kundschaft aus Stadt und Region, können die örtlichen Bordelle über mangelnde Auslastung nicht klagen. So ist der „Club Pearls“ in Trier-Nord quasi omnipräsent im Stadtbild. Regelmäßig plakatiert der Bordell-Betreiber entlang von Hauptverkehrsstraßen, und auch an der Haupttribüne des Moselstadions wird eifrig geworben; auf der Homepage lockt man aktuell mit dem Hinweis, dass die „Bitburger“ wieder in beide Richtungen befahrbar ist – fließender Verkehr scheint also garantiert.

Nun steht dem Trierer Rotlicht-Gewerbe ein Preiskampf ins Haus. Denn mit der noch für diesen Monat geplanten Eröffnung eines Ablegers des Saarbrücker „Poppstalls“ würde es künftig auch in der Moselstadt ein „Flatrate-Bordell“ geben. „Demnächst auch in Trier“, verkündet die Webseite, in einschlägigen Jobportalen wird nach Personal gesucht. Für maximal 99 Euro können die Freier mit beliebig vielen Frauen Sex haben – Getränke und kleine Snacks sind im Preis inbegriffen und machen die Hälfte des jeweiligen Tarifs aus. Für OB Klaus Jensen (SPD) ist das Geschäftsmodell schlicht „menschenunwürdig“. Ginge es nach ihm und dem Stadtvorstand, dann würde der „Poppstall“ in Trier-Nord erst gar nicht eröffnen: Man werde alle Optionen prüfen, ob und wie sich das Vorhaben noch stoppen lasse, teilte das Rathaus am Dienstag auf Anfrage mit.

Fraglich ist, ob die Stadt überhaupt Spielraum hat. Im Baudezernat heißt es, dass man einen Antrag auf Nutzungsänderung nicht habe ablehnen können. Der Betreiber hatte bei der Verwaltung beantragt, vormals gewerblich genutzte Räume nun für ein Bordell zu nutzen. Die Crux für die Behörde: Der Bebauungsplan schließt am geplanten Standort lediglich Vergnügungsstätten aus. Bordelle seien nach geltender Rechtsprechung aber keine Vergnügungsstätten, so die Stadt. Allerdings, betont man am Augustinerhof, habe der Antragssteller die Verwaltung auch nicht darüber informiert, um welche Art von Bordell es sich handele.

Ein auf den ersten Blick ähnlich gelagerter Fall in Bad Kreuznach dürfte der Stadt nur wenig weiterhelfen: 2010 hatte die Nahe-Stadt den Weiterbetrieb eines „Poppstall“-Ablegers verboten, doch lag dieser inmitten eines Wohngebiets. Die Betreiberin argumentierte seinerzeit, dass es sich bei ihrem Etablissement genau genommen nicht um ein Bordell handele, sondern um reine Wohnungsprostitution, für die andere Regeln gälten. Doch wie ein Sprecher der Stadt Bad Kreuznach am Dienstag erklärte, blieb der seinerzeit angekündigte Widerspruch bis heute aus.

Nun also Trier. Bei der SPD spricht man von „einer Schande“. Die sozialdemokratische Ratsfraktion bestärkt die Stadtverwaltung „in ihrem Bemühen, alle Möglichkeiten zu prüfen, die Etablierung solcher diskriminierenden Geschäftsmodelle in Trier zu verhindern. Nur durch die Ablehnung menschenverachtender Formen der Prostitution kann die Entkriminalisierung des ältesten Gewerbe der Welt erfolgreich gelingen“, heißt es in einer Mitteilung. Für Fraktionschef Sven Teuber verstößt das Geschäftsmodell der „Flatrate-Bordelle“ gegen die Menschenwürde und damit gegen Artikel 1 des Grundgesetzes. Damit seien die Billig-Puffs auch „klar verfassungswidrig“, ist er überzeugt. „Das Modell der ‚Flatrate-Bordelle‘ nutzt gezielt die Notlagen der Frauen aus, die im Konflikt zwischen der eigenen Existenz und der Nöte ihrer Familien in der Heimat keine freie Wahl haben“, ergänzt Maria Duran Kremer, migrations- und frauenpolitische Sprecherin der SPD Fraktion. Man schlage die Einrichtung einer Betreuungsstelle vor, die sich gezielt um die Integration von Prostituierten kümmern und als Anlaufstelle dienen solle.

Für nachhaltige Verstimmung im Rathaus sorgt ein offener Brief von „Terre des Femmes“. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „Dass Sie, Herr Oberbürgermeister Jensen, als Stadtoberhaupt die Verantwortung übernehmen, einen solchen Betrieb in unserer Stadt zuzulassen, macht Sie praktisch zu potenziellen Komplizen der namenlosen Frauenverachtung, die dieses Geschäftskonzept beinhaltet“. Jensen wies diesen Vorwurf als völlig haltlos zurück. Auch er lehne schließlich „Flatrate-Bordelle“ und jegliche Form der Ausbeutung von Frauen entschieden ab, betonte er.

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