Mängeliste und Drängelgitter

Es war das alles beherrschende kommunalpolitische Thema der ersten Monate, und auch in der letzten Sitzung des Stadtrats vor der Jahreswende holte die Ratsmitglieder das Schulentwicklungskonzept wieder ein – zumindest indirekt. Zwar fand ein Antrag von SPD und Grünen zum „Umgang mit Mängeln an Schulgebäuden“ eine deutliche Mehrheit, doch als der Rat dann über die Maßnahmen zur Verbesserung des Schulwegs im Bereich der Unterführung in der Avelsbacher Straße entscheiden sollte, entbrannte ein weiteres Mal der Konflikt über die Schließung der Kürenzer Grundschule. Ortsvorsteher Bernd Michels (CDU) warf der Stadtspitze „unehrliches“ Verhalten vor, die Verwaltung habe nahezu alle Anregungen des Ortsbeirats ignoriert, behauptete der Christdemokrat.

TRIER. In den vergangenen Jahren flossen etliche Millionen Euro in die Sanierung mehrerer Trierer Schulen. Die Ergebnisse können sich durchaus sehen lassen, etwa in der Berufsbildenden Schule am Paulusplatz, dessen völlig marodes Gebäude J komplett auf Vordermann gebracht wurde; oder in der runderneuerten Ambrosiusschule in Trier-Nord. Auch in die Integrierte Gesamtschule (IGS) auf dem Wolfsberg floss und fließt viel Geld, ebenso in den Altbau des Auguste-Viktoria-Gymnasiums (AVG). Doch trotz all dieser Baumaßnahmen herrscht noch an allen Ecken und Enden Sanierungsbedarf, und immer wieder treten neue Mängel zutage – wie jüngst die Schimmelbelastung in der Egbert-Grundschule in Trier-Ost, von der allerdings schon seit Jahren bekannt war, dass auch hier erhebliche Baumängel vorlagen.

„Bauliche Mängel an Schulen gibt es zuhauf“, befand Anja Reinermann-Matatko am Donnerstagabend im Stadtrat und ergänzte: „Was es aber ebenfalls zuhauf gibt, sind die Fragen, wann denn die Mängel behoben werden“.  Zudem herrsche „großes Unwissen darüber, wie mit dieser Problematik umgegangen wird“. So sei auch unklar, nach welchen Prioritäten entschieden werde, wo die Mängel zuerst behoben würden. „Wir stellen uns die Frage, ob das System, das rein theoretisch existieren sollte, so überhaupt funktioniert“, nannte das parteilose Mitglied der Grünen-Fraktion die wesentliche Intention eines Antrags, den die Grünen gemeinsam mit den Sozialdemokraten eingebracht hatten.

Bis Frühjahr kommenden Jahres soll die Verwaltung einen umfassenden Bericht vorlegen. Der Antrag fordert eine „Darstellung des Status Quo des Ablaufs von Mängelmeldungen“, und das unter anderem anhand folgender Leitfragen: „Wie erfolgt aktuell der Weg vom Erkennen eines Schadens an einem Schulgebäude durch die Schulleitung hin zur Behebung des Mangels? Wann wird wer auf welchem Weg informiert?“ Verlangt wird außerdem eine Darstellung der Anzahl und Art der Mängel an Schulgebäuden, die der Stadtverwaltung im Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis 28. Februar 2014 gemeldet werden“, überdies möchten die Ratsmitglieder erfahren, wie lang die durchschnittliche Dauer der Behebung dieser Mängel ist.

Es sei das erklärte Ziel, „dass wir im Sinne aller Beteiligten das System optimieren können“, so SPD-Fraktionschef Sven Teuber. Schließlich seien ja zwei in unterschiedlichen Dezernaten angesiedelte Ämter in dieses Thema involviert, „und wir wissen, dass es dort zu deutlichen Reibungsverlusten kommen kann“. Damit spielte Teuber auf wiederholte Auseinandersetzungen zwischen den Dezernentinnen Angelika Birk (Die Grünen) und Simone Kaes-Torchiani (CDU) an.  Thomas Albrecht sprach von einem „berechtigten Anliegen“ der Antragssteller. Allerdings habe in seiner Fraktion auch durchaus die Sorge bestanden, dass angesichts knapper Personalmittel die Erstellung eines solchen Berichts dazu führen könne, dass den zuständigen Mitarbeitern der Verwaltung noch mehr Zeit fehle, um sich der Behebung der Mängel zu widmen. Diese Bedenken seien aber inzwischen ausgeräumt, da das Rathaus bereits über eine „gute Datenbasis“ verfüge, so der Unionsmann. Ähnlich äußerten sich die Sprecher der anderen Fraktionen. FWG-Ratsmitglied Christiane Probst regte an, ein umfassendes Sanierungskataster für alle städtischen Gebäude zu erstellen. Schließlich träten auch bei anderen Immobilien wie dem Theater immer wieder neue Baumängel auf.

„Da sind wir schon intensiv dran“, erklärte OB Klaus Jensen, und Kaes-Torchiani sekundierte: „Wir sind gerade dabei, für jedes Gebäude eine Krankenakte zu erstellen“. Vorbereitet würden „Zustandsberichte“, aus denen dann ersichtlich sei, wo welche Mängel herrschten, erläuterte die Baudezernentin. Der Antrag wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Das gilt auch für die Vorlage zu den Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, dass der Schulweg der Kürenzer Kinder von ihrem Stadtteil zum Standort Ambrosius in Trier-Nord sicherer wird. Als Gefahrenpunkt gilt hier vor allem die Unterführung in der Avelsbacher Straße. Diese soll neu beleuchtet  und dadurch heller werden. Zudem sind sogenannte Drängelgitter geplant, die Kinder auf dem Bürgersteig innerhalb der Unterführung vor den vorbeifahrenden Fahrzeugen schützen sollen. Eine weitere Maßnahme: Direkt nach Verlassen der Unterführung in Richtung Wasserweg soll es eine Querverbindung zur Metternichstraße geben. Die Verwaltung rechnet mit Gesamtkosten von 95.000 Euro für alle Maßnahmen.

Bevor der Stadtrat am Donnerstagabend entscheiden konnte, waren bereits acht Gremien mit dem Vorhaben befasst. Das sei zu viel des Guten, kritisierte Dorothee Bohr (CDU) an die Adresse von Bildungsdezernentin Birk; „manchmal wäre weniger auch mehr“. Dominik Heinrich erklärte für die Grünen-Ratsfraktion, die größte Gefahr auf dem Schulweg gehe mitunter von jenen Eltern aus, „die aus größter Angst ihre Kinder zur Schule fahren“. Unabhängig davon seien die Vorschläge der Verwaltung „absolut ausreichend“. Schmitz erinnerte einmal mehr daran, dass seine Fraktion gegen die Schließung der Kürenzer Grundschule war: „So schnell holt einen die Vergangenheit wieder ein“. Zugleich beklagte er: „Fast alle Vorschläge des Ortsbeirats wurden aus fachlichen Gründen abgelehnt, obwohl es wohl eher finanzielle Gründe waren“. Joachim Gilles (FDP) erklärte, es  sei „positiv“ gewesen, dass die Ortsbeiräte von Kürenz und Nord „stark eingebunden wurden“.

Das sah der Kürenzer Ortsvorsteher Bernd Michels (CDU) indes völlig anders: „Ich bin massiv enttäuscht und verärgert“. Zwar habe es im Ortsbeirat „intensive Gespräche“ gegeben, aber: „Was ist daraus geworden?“Fast alle Vorschläge des Ortsbeirats seien in der Versenkung verschwunden, er habe meist nicht einmal eine Rückmeldung von der Verwaltung bekommen. Und Michels ging noch einen Schritt weiter in seiner Kritik: „Die Verwaltung ist auch unehrlich“. So würden in der Vorlage zwar Drängelgitter angekündigt, „aber es steht nicht drin, dass sie nur auf einer Seite angebracht werden sollen“. Der Unionsmann abschließend: „So geht es nicht!“ Der Stadtvorstand ging auf Michels‘ Kritik mit keinem Wort ein, die Vorlage passierte fast einstimmig den Rat.

Print Friendly, PDF & Email

von

Schreiben Sie einen Leserbrief

Angabe Ihres tatsächlichen Namens erforderlich, sonst wird der Beitrag nicht veröffentlicht!

Bitte beachten Sie unsere Kommentarrichtlinien!

Noch Zeichen.

Bitte erst die Rechenaufgabe lösen! * Time limit is exhausted. Please reload the CAPTCHA.