Nicht nur Insider gefragt

Wie tritt man Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit wirksam entgegen? Der erste Bürgerkongress für ein weltoffenes und tolerantes Trier bildete am gestrigen Samstag den Startschuss zur gleichnamigen Kampagne. Neben Vorträgen, Workshops und Diskussionen präsentierten Vertreter von insgesamt 27 Initiativen ihre Arbeit – und blieben dabei weitgehend unter sich.

TRIER. Um aktuellen Handlungsbedarf gegen Diskriminierung von Minderheiten in Trier zu finden, muss man nicht lange suchen: Wenige Tage vor dem Bürgerkongress gab das schwul-lesbische Zentrum Schmit-Z e.V. in einer Pressemitteilung bekannt, dass Werbeplakate für den diesjährigen Christopher Street Day (CSD) entfernt worden seien. „Wir gehen von einem gezielt homophoben Akt aus“, schrieb Alex Rollinger in einer Pressemitteilung, in der von einem „Angriff auf den CSD“ die Rede war.

Während auf dem Kornmarkt die schwul-lesbische Community ihren Feiertag begang, fiel in der Aula des Angela-Merici-Gymnasiums der Startschuss für eine Kampagne, die ein Zeichen gegen Homophobie und Fremdenfeindlichkeit in Trier setzen soll. „Trier ist eine tolerante, weltoffene Stadt“, betonte Oberbürgermeister Klaus Jensen am Samstag in seiner Eröffnungsrede, „aber sie soll es auch bleiben“. 20 Prozent der Einwohner Triers hätten einen Migrationshintergrund, an den Hochschulen studierten Kommilitonen aus über 80 Nationen, deren Zusammenleben im Großen und Ganzen gut funktioniere. Gleichzeitig räumte er aber ein: „Das heißt nicht, dass die Welt in Ordnung ist.“ Er wisse beispielsweise von Menschen, die aufgrund ihrer Herkunft oder sexuellen Orientierung massive Probleme bei der Wohnungs- und Jobsuche hätten. Von rassistisch motivierten Selektionen vor Diskotheken war ebenso die Rede wie von homophoben und ausländerfeindlichen Äußerungen im Fußballstadion.

Um solchen Ressentiments entgegenzutreten, beschloss der Stadtrat im Juni 2010 – auch als Reaktion auf den erstmaligen Einzug der NPD in den Rat – mit großer Mehrheit die Kampagne „Für ein weltoffenes und tolerantes Trier“, die vom Verein Lokale Agenda 21 organisiert wird. Das Programm soll über die Folgen aufklären, die Diskriminierung für Individuen und die gesamte Gesellschaft haben kann. Es soll aber auch positive Beispiele in der Arbeit bestehender Initiativen aufzeigen und damit zum Engagement ermutigen.

Vom Sozialdienst Katholischer Frauen über die Volkshochschule bis hin zum Dachverband „Toleranz fördern, Kompetenz stärken“ präsentierten insgesamt 27 Aussteller ihre Arbeit – und blieben dabei weitgehend unter sich. „Wir hatten praktisch keine Besucher von außen“, erfährt man am Infotisch des Multikulturellen Zentrums, „viel mehr haben die Stände sich gegenseitig über ihre Arbeit informiert“. Für den geringen Zulauf machen die Aussteller unzureichende Werbung aber auch parallel stattfindende Veranstaltungen verantwortlich. Vor allem der Christopher Street Day ziehe viel Pubikum an, das prinzipiell an den Themen Toleranz und Diskriminierungsprävention interessiert sei.“Es ist zwar schön, dass so viele Aussteller den Weg hierher gefunden haben“, sagte Srebrenka Schmidt vom Beirat für Migration und Integration, „aber viele davon sind Insider. Es geht darum, alle Trierer zu erreichen.“

Für Bettina Mann (S.I.E. e.V.) ist das Konzept des Chrisopher Street Day ein Beispiel dafür, wie eine gelungene Öffentlichkeitsarbeit aussehen kann: „Die Veranstalter schaffen es, die politische Botschaft mit einer Feier zu verbinden, und erreichen damit extrem viel Laufkundschaft“, sagte sie in der abschließenden Podiumsdiskussion. Mann wünscht sich solche Aufmerksamkeit auch für bestehende Initiativen, die sich für Toleranz einsetzen.

Die konkrete finanzielle Förderung durch die Stadt dürfte sich angesichts der Kassenlage auch im weiteren Verlauf der Kampagne als schwierig gestalten. Jensen appellierte in dieser Hinsicht an die Möglichkeit, Veranstaltungen zu nutzen, die ohnehin stattfänden: Einen Weg, der Anonymität an Schulen, Kindergärten und Stadtteilen entgegen zu wirken, sieht er in kleinen, kostengünstigen Maßnahmen: „Ehe man große Konzepte entwickelt, kann man auch Straßen- oder Pfarrfeste unter ein bestimmtes Motto stellen, und die Menschen auf diese Weise einladen“, schlug der OB vor. „Es ist entscheidend, dass die Menschen sich gegenseitig begegnen. Fremdenfeindlichkeit entsteht nur dort, wo Unwissen herrscht“. Nachbarschaftsfeste, vor allem in gemischten Stadtteilen, seien eine Möglichkeit, die man in Betracht ziehen könne.

Im Verlauf der Kampagne sollen im weiteren Verlauf die vorhandenen Initiativen in Trier besser vernetzt werden und damit Kräfte gebündelt werden. Um den Schutz von Toleranz und Weltoffenheit langfristig zu gewährleisten, sind allerdings nicht nur die „Insider“ gefragt, sondern auch die breite Öffentlichkeit der Bürger: „Weltoffenheit und Toleranz sind keine statischen Werte“, mahnte Bernd Hamm von der Lokalen Agenda 21, „lebendige Demokratie ist eine fortdauernde Aufgabe.“

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