Münchner Ideen für Trierer Welterbe

Es war der zweite städtebauliche Wettbewerb binnen zwei Jahren, und wieder ging es darum, wie ein Trierer Welterbe besser ins Szene gesetzt werden könnte. Nach der Porta Nigra war die Römerbrücke an der Reihe, das älteste noch genutzte römische Brückenbauwerk nördlich der Alpen. Unter 17 eingereichten Entwürfen hatte am Ende die Arbeit der Münchner Büros lohrer.hochrein und Day & Light Lichtplanung die Nase vorne. Dass die siegreiche Landschaftsarchitektin bei der Präsentation freimütig einräumte, gestern erstmals in Trier gewesen zu sein, kam weniger gut an als der Entwurf. Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani (CDU) erklärte, das Konzept lasse sich hervorragend schrittweise realisieren. Auf die Frage, wann denn der erste dieser Schritte in Angriff genommen werde, reagierte die Christdemokratin eher unwirsch.

TRIER. Simone Kaes-Torchiani scheint entschlossen, sich die Laune nicht verderben zu lassen. Nicht von den immer wiederkehrenden Fragen der Journalisten, wie es denn aus ihrer Sicht um die Realisierungschancen des Siegerentwurfs bestellt sei. Man müsse da langfristig denken, kontert sie, und dass es wichtig sei, im entscheidenden Moment eine Idee davon zu haben, was man denn wolle. Soll heißen: Wenn dereinst, von wo und wem auch immer, Geld für eine Aufwertung der Römerbrücke und ihres Umfelds kommen sollte, müsse man gewappnet sein; ohne einen Plan in der Tasche brauche man sich auch nicht daran machen, Fördergelder zu beantragen. Da ist was dran, und doch hat sich bei vielen Trierern ein Unbehagen breit gemacht – darüber, dass in dieser Stadt viel Geld in Konzepte und Wettbewerbe gesteckt wird, die in der Schublade verschwinden und deren Ergebnisse nicht mal im Ansatz realisiert werden. Und es sind nicht nur finanzielle Gründe, die ein Konzept schon mal versanden lassen – oft bleibt auch der politische Wille auf der Strecke, oder die Entwürfe finden wenig Wohlgefallen bei den Bürgern – so geschehen zuletzt nach dem Wettbewerb zum Umfeld der Porta Nigra.

Dieses Mal kamen die Bürger im Vorfeld des 300.000 Euro teuren städtebaulichen Wettbewerbs, der zu 90 Prozent aus Mitteln des Bundes und des Landes finanziert wurde, zu Wort – zumindest bekamen sie Gelegenheit dazu, sich zu Wort zu melden. Das sei denn auch nicht allein die Arbeit von Experten, betonte die Baudezernentin, vielmehr hätten die Trierer, die sich eingebracht haben, wichtige Anstöße und Hinweise gegeben. „Wir müssen auch mal Dinge denken dürfen, die heute vielleicht Skepsis hervorrufen“, verteidigte Kaes-Torchiani den Wettbewerb. Die ambitionierten Entwürfe, die ab sofort in den Viehmarktthermen zu sehen sind, dürften im Detail Kritiker und Skeptiker auf den Plan rufen. Das liegt in der Natur der Sache, alles andere wäre bedenklich oder ein Ausdruck von Teilnahmslosigkeit.

Einiges wäre schon erreicht, wenn ein Bewusstsein dafür geschaffen würde, dass die Römerbrücke nicht nur eine von drei Trierer Flussquerungen ist, sondern eines der bedeutendsten Monumente in einer an römischen Baudenkmälern nicht armen Stadt. Bislang kommt das Welterbe völlig unter die Räder, fahren tägliche Tausende Autos auf ihr über den Fluss. Der Lärm von der östlichen Uferstraße dringt auf den völlig unzureichenden Rad- und Fußweg beidseits der Mosel. Von der Krahnenstraße fehlt ein Zugang zum gleichnamigen Ufer, die Brückenköpfe dienen einzig als Verkehrsflächen mit gen Null tendierender Aufenthaltsqualität. An Aufgaben und Herausforderungen mangelte es den 17 Büros und Arbeitsgemeinschaften aus Deutschland, Luxemburg und Italien also nicht, als sie sich an die Ausarbeitung ihrer Pläne machten. Am Ende überzeugte das Preisgericht der Entwurf des Münchner Büros für Landschaftsarchitektur und Stadtplanung lohrer.hochrein in Zusammenarbeit mit Day & Light Lichtplanung GbR.

Die siegreiche Planerin Nicole Buttke (Preisgeld: 27.000 Euro) war an die Mosel gekommen, um vor Ort das Konzept zu erläutern. Dass die Diplom-Landschaftsarchitektin gleich zu Beginn ihrer recht kurzen Erläuterungen freimütig bekannte, an diesem Tag erstmals in Trier zu sein, kam bei einigen Teilnehmern der Präsentation in den Viehmarktthermen gar nicht gut an. Kern des Entwurfs ist eine offene, terrassierte und zum Fluss ausgerichtete Parkanlage. „Die Römerbrücke bildet den zentralen Blickfang und wird das Herz dieser freiräumlichen Inszenierung“, heißt es in der Beschreibung.  Das rechte Moselufer soll von einer einladend breiten „Terrasse“ geprägt werden.  Diese würde durch großzügige Rampen- und Treppenanlagen sowie zwei barrierefreie, platzartige Unterführungen von der Krahnenstraße und der Südallee eng an die Innenstadt angebunden.

Viel Zündstoff dürfte die künftige Bestimmung der Römerbrücke bieten. Bislang wird sie vor allem von motorisiertem Individualverkehr in Beschlag genommen, doch steht die Option im Raum, die Brücke autofrei zu machen. Kaes-Torchiani betonte zwar, dass eine solch weitreichende Maßnahme erst in einem zweiten „Zeithorizont“, ab etwa 2025 angegangen werden könne, zumal es hierfür einiger anderer Maßnahmen im Rahmen des noch zu verabschiedenden Verkehrskonzepts bedürfe. Doch dass die Aufwertung ganz wesentlich davon abhängt, ob sich weiterhin Blechlawinen über das Welterbe bewegen, liegt auf der Hand. Die Verantwortlichen des siegreichen Entwurfs schlagen vor, die Römerbrücke „auf ihr historisches Profil“ zurückzubauen. „Die erforderliche Absturzsicherung wird durch ein lesbar zeitgenössisches wie dezent schlichtes Stabgeländer gewährleistet“.  Der Bereich zwischen dem westlichem Brückenkopf und dem nicht mehr genutzten ehemaligen Westbahnhof soll als offener Platz entwickelt werden.

„Unaufdringlich“ soll die Beleuchtung der Brücke ausfallen – um den „historischen Charakter durch eine angemessene Inszenierung der Materialität“ zu unterstreichen. So sollen die Seitenflächen von den Brückenpfeilern aus mit einer warmen Lichtfarbe angestrahlt werden. Die Pfeiler würden an der oberen Kante ein Lichtband erhalten, welches entlang der Pfeileroberfläche nach unten strahlt. Interessant der Ansatz, die Verkehrsfläche auf der Brücke völlig „frei von auffallenden Leuchtenkörpern“ zu lassen. Im Entwurf heißt es: „Die Beleuchtung erfolgt nur aus der Geländerbrüstung heraus.“ Für Kaes-Torchiani ist ein wesentlicher Vorzug des Konzepts, dass es sich schrittweise umsetzen lasse. Dass sich der Entwurf in einem großen Wurf realisieren ließe, erwartet ernsthaft auch niemand. Doch gerne hätte man auch gewusst, wie sich die Stadt denn nun den weiteren Fahrplan vorstellt. Der Baudezernentin missfielen die entsprechenden Nachfragen, wie sie kaum verhehlte. Es sei doch zunächst einmal darum gegangen, eine Vorstellung davon zu bekommen, was möglich und machbar sei. Christoph Heckel, Mitglied des Preisgerichts, das über die Entwürfe zu entscheiden hatte, sprang ihr bei: Nun lägen klare Ziele und Perspektiven für diesen Bereich vor, betonte er. Außerdem, so Heckel, müsse man sich immer bewusst machen, welche Veränderungen das Monument und seine Umgebung in den vergangenen Jahrhunderten erfahren habe. Da müsse man auch in zeitlich ganz anderen Dimensionen denken.

Um wirklich mitdiskutieren zu können, lohnt in jedem Fall ein Besuch der Viehmarktthermen. Dort sind noch bis einschließlich 13. Januar alle Arbeiten zu sehen – auch die des zwar nicht siegreichen, aber einzigen Trierer Teams, dem neben dem Büro Architektur 9+ der Landschaftsarchitekt Kaspari Schmidt und der Architekt und Städteplaner Dr. Karl August Heise angehörte. Ihr Entwurf schien dem Preisgericht dann doch zu kühn, vielleicht auch wegen der vorgeschlagenen Schaffung einer komplett neuen Eisenbahnquerung vom westlichen Brückenkopf aus. Eine interessante Vision ist das allemal, denn die Westtrasse, die über kurz oder lang für den Personenverkehr reaktiviert werden soll, bildet bislang eine Barriere erster Güte. „Der Brückenkopf West erhält einen neuen Stellenwert von epochaler Bedeutung. Das Areal, in dem sich bis in das 19. Jahrhundert hinein kein städtischer Charakter entwickelte und dessen Veränderungen während des 19. und 20. Jahrhunderts ohne überzeugende städtebauliche Konzeption erfolgten, erhält nunmehr einen signifikanten Anknüpfungspunkt an die Altstadt und das übergeordnete Verkehrsnetz“, heißt es in der Beschreibung des Entwurfs.

Die weiteren Preisträger: Der 2. Preis (20.000 Euro) ging an A 24 Landschaftsarchitektur und Swillus Architekten Berlin mit SHP Ingenieure Hannover (Verkehrsplanung) und Studio Dinnebier Berlin (Lichtplanung); den 3. Preis (14.000 Euro) bekam Beretta Kastner Architetti (Italien) zugesprochen; 4. Preis (9.000 Euro) für Club L94 Landschaftsarchitekten und MVM Starke Architektur Köln.

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