Mobilitätskonzept auf der Zielgeraden

Der Motorisierte Individualverkehr (MIV) soll um 30 Prozent reduziert, der Anteil des ÖPNV am Verkehrsaufkommen verdoppelt werden. So stand es im 1992 vom Rat verabschiedeten Verkehrskonzept für die Stadt Trier. Passiert ist anschließend fast nichts. Zu diesem Ergebnis kommen auch die Autoren des Mobilitätskonzepts 2025. Kommende Woche wird der Entwurf des „Moko“ im Rahmen einer Bürgerversammlung vorgestellt, kontroverse Diskussionen dürften programmiert sein. Denn auch wenn die Ziele nicht so ambitioniert erscheinen wie vor zwei Jahrzehnten – ohne politischen Willen und viel Überzeugungsarbeit werden sich weder das empfohlene Tempo 30 in Paulin- und Saarstraße auf den Weg bringen lassen, noch die konsequente Förderung des Fuß- und Radverkehrs.

TRIER. Aufregende Wochen und Monate liegen hinter den städtischen Verkehrsplanern, allen voran die Mitarbeiter des Tiefbauamts mit ihrem Chef Wolfgang van Bellen an der Spitze haben ganze Arbeit geleistet – und leisten sie noch immer. Was die wenigsten den Verantwortlichen im Rathaus zugetraut haben, ist doch geglückt – die Vollsperrung der „Bitburger“ konnte pünktlich aufgehoben werden, der Zeitplan wurde bislang eingehalten. Eine beachtliche Leistung, auch angesichts der eher widrigen Witterungsverhältnisse, und ein bedeutender Erfolg für das von Simone Kaes-Torchiani (CDU) geführte Baudezernat.

Nächste Woche werden die Christdemokratin und ihr Team ein weiteres Mal gefordert sein: Am Donnerstagabend stellen sie im IHK-Tagungszentrum den Entwurf für das Mobilitätskonzept vor. Fast 300 Seiten umfasst das Papier, das so etwas wie ein verkehrspolitischer Masterplan für Trier sein soll. Kaum ein anderer Bereich hat vergleichbar großen Einfluss auf Stadtentwicklung, Wohn- und Lebensqualität, entsprechend bedeutsam ist das Konzept – und das, was daraus wird. Denn Papier ist bekanntlich geduldig, wie das Vorgängerkonzept zeigt. „In der Erfolgskontrolle des Verkehrskonzepts von 1992 muss festgestellt werden, dass die angestrebten Ziele nicht erreicht werden konnten“, halten die Verfasser des „Moko 2025“ fest. Hatte man sich damals zu viel vorgenommen? Lag es an fehlendem Geld? Eher wohl ist der politische Wille rasch auf der Strecke geblieben! Es sei „nicht einmal die gewünschte Zielrichtung eingeschlagen worden“, heißt es denn auch unverblümt im neuen Konzept. Abgesehen vom Bau des Regionalbahn-Haltepunkts „Ehrang Ort“, dem Ausbau von Zurmaiener- und Aachener Straße sowie der Sanierung der Ortskerne von Ruwer und Euren, wurde keine der 1992 vorgesehenen Maßnahmen umgesetzt.

Nun soll es einen neuen Anlauf geben. Nach sieben Jahren Analysen und Expertengutachten, Diskussionen in Arbeitskreisen und hinter den Kulissen, gibt es einen Entwurf für das Mobilitätskonzept 2025, Ende des Jahres soll der Stadtrat entscheiden. Das „Moko“ soll in erster Linie eine Gesamtstrategie für eine umweltgerechtere Gestaltung des Verkehrs innerhalb des Stadtgebiets liefern. Zugleich müsse aber auch die „Leistungsfähigkeit des Individualverkehrs“ und die Erreichbarkeit Triers gesichert werden, heißt es. Der Umweltverbund soll gestärkt, die Fortbewegung per Pedes, auf dem Rad oder in Bussen und Bahnen attraktiver werden – so denn ein Teil der Vorschläge auch wirklich umgesetzt wird.

Triers Straßen sind oft zu schmal

Die Stadt hat hierbei mit nicht unproblematischen Rahmenbedingungen zu kämpfen. Zwar können innerhalb der Kernstadt viele wichtigen Ziele im Alltagsverkehr auf kurzen Wegen und überwiegend ohne Steigungen erreicht werden, doch zwischen der Altstadt und den eingemeindeten Stadtteilen im Moseltal lägen „teilweise große Entfernungen mit entsprechend langen Reisezeiten“. Und nur ein geringer Bevölkerungsanteil könne diese Distanzen ohne Auto oder öffentliche Verkehrsmittel zurücklegen. Ein weiteres Problem: Triers Straßen sind oft zu schmal, ihre Breite liegt selbst bei Hauptverkehrstrassen nur bei 10 bis 15 Metern. Die Fahrstreifenbreiten betragen meist lediglich 2,75 bis 3 Meter statt der eigentlich üblichen 3,25 bis 3,50 Meter. In Südallee und Christophstraße ist auf Teilabschnitten sogar nur ein überbreiter Fahrstreifen vorhanden – für zwei „normale“ Spuren fehlt hier schlicht der Platz.

Das hat nicht nur Konsequenzen für Autofahrer, heißt es im „Moko“-Entwurf, in dem auch steht: „Liegen die Flächen für den Kfz-Verkehr an der Untergrenze, so werden die Anforderungen des Fuß- und Radverkehrs in der Kernstadt und weiteren Bereichen des Stadtgebiets nahezu flächendeckend unterschritten. Gehwege sind in der Regel zu schmal bzw. werden durch parkende Kfz in der Nutzung eingeschränkt, Radverkehrsanlagen entlang der Hauptverkehrsstraßen fehlen oftmals“. Doch gerade hier liegt noch Potenzial, denn bislang werden nicht einmal 9 Prozent aller Wege innerhalb Triers mit dem Velo zurückgelegt, und vor allem bei den Wegen zur Arbeit ist der Pkw-Anteil auffallend hoch. Dabei könnte nach Darstellung der Experten ein Drittel aller Wege gut zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden.

Ein erster Schritt zur Förderung des Fußverkehrs wäre die Einhaltung von „Regelbreiten“ bei Fußwegen. Was das aber konkret bedeutet, wird an den Beispielen Saar-, Paulin- und Matthiasstraße deutlich: Diese fallen allesamt unter die Kategorie „Wohn- und Geschäftsstraße mit starkem Fußverkehr und ÖPNV“, die Regelbreite läge hier eigentlich bei 5 Meter. Davon ist man dort meilenweit entfernt, doch würde man diese Gehwegbreiten realisieren, dann wäre in den besagten Straßen Kfz-Verkehr kaum mehr möglich. Als Kompromiss wird deshalb vorgeschlagen, dass die für Gehwege innerhalb geschlossener Bebauung bei geringer Verkehrsdichte geltende Regelbreite von 2,50 Meter „an keiner Stelle im Stadtgebiet unterschritten“ werden soll. Wird diese Regelbreite unterschritten, soll das Parken auf dem Gehweg eingeschränkt oder ganz aufgehoben werden.

Mehr als 85 Einzelmaßnahmen schlägt das „Moko“ vor, damit die Verkehrsteilnehmer besser aneinander vorbei und zu ihrem Ziel kommen. Die Liste der Vorschläge enthält nicht nur Neues und reicht von zusätzlichen ebenerdigen Übergängen in Nord- und Heuss-Allee, etwa in Höhe der Engel- und der Theobaldstraße, bis hin zur seit ewigen Zeiten geforderten Querung der Bahngleise am Hauptbahnhof. Die Nordallee als wichtige Ost-West-Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Mosel soll aufgewertet werden, ebenso die weiteren Wege vom Zentrum zum Fluss. Erneut tauchen die Moselstege „Irminenfreihof“ und „Barbara“ auf, die Rad- und Fußgängern bessere Verbindungen von der City auf die Westseite der Mosel und umgekehr bieten würden.

Tempo 30 in Paulin-, Saar- und Güterstraße

Auch was den Radverkehr anbelangt, sehen die Experten trotz der in manchen Teilen Triers nicht ganz einfachen Topographie „gute bis sehr gute Voraussetzungen“ – wenn denn die Infrastruktur stimmte. Die schon beschlossene Nord-Süd-Querung der Innenstadt steht wieder auf dem Programm, was aber auf der „Westumfahrung“ entlang von Metzelstraße und Treviris-Passage die Einrichtung von Umweltspuren voraussetzt, die von Bussen und Radfahrern gemeinsam genutzt werden dürften. In Trier-Süd sollen Eberhard-, Zell-, Kraus- und Hubert-Neuerburg-Straße sowie Im Nonnenfeld als Fahrradstraßen ausgewiesen werden; im Norden der Stadt könnte die Petrusstraße entsprechend gewidmet werden, zusätzlich würde eine neue Querung über Heuss-Allee- und Christoph- zur Rindertanzsstraße den Weg verkürzen. Auch die mehr als überfällige direkte Radwegeverbindung vom Hauptbahnhof zur Porta Nigra wird im „Moko“ aufgegriffen.

Im Straßenverkehr räumt das Konzept unter anderem dem Ausbau der völlig maroden Kürenzer Straße sowie der Realisierung des sogenannten Moselbahndurchbruchs hohe Priorität ein – hierfür sollten schon im geplanten Doppelhaushalt 2013/2014 die Mittel eingestellt werden. Im Rathaus kalkuliert man mit insgesamt rund drei Millionen Euro, welche die Stadt für diese wichtige Maßnahme aufbringen müsste. Umstrittener als dieses Vorhaben dürfte der Vorschlag sein, in Güter-, Gartenfeld-, Paulin-, Saar- und Matthiasstraße Tempo 30 einzuführen. Immerhin wären diese Maßnahme aber recht kostengünstig zu haben und würden zumindest für die Anwohner einen immensen Effekt nach sich ziehen.

Die öffentliche Informationsveranstaltung zum Mobilitätskonzept findet am Donnerstag kommender Woche um 20 Uhr im Tagungszentrum der Industrie- und Handelskammer statt.

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