Mehrere Grundschulen auf der Kippe

Steht Triers Schullandschaft vor einem Totalumbau? Der würde kommen, sollten die politischen Gremien übernehmen, was das Bonner Büro Biregio am Mittwoch vorgelegt hat – ein Konzept für die Schulentwicklungsplanung der Stadt. In dem Papier wird vorgeschlagen, mehrere Grundschulen wie Kürenz, St. Martin und Egbert aufzugeben. Die Barbara-Grundschule könnte in die Kaiserstraße umziehen, die Nelson-Mandela-Realschule plus im Gegenzug in der Speestraße expandieren. „Das ist kein Sparkonzept“, betonte Krämer-Mandeau, im Vordergrund hätten pädagogische Überlegungen gestanden. Bürgermeisterin und Schuldezernentin Angelika Birk kündigte an, dass der Stadtrat noch in diesem Jahr entscheiden soll, welche der Vorschläge umgesetzt werden. Ein ambitioniertes Vorhaben, denn in einigen Stadtteilen dürften die Proteste nicht lange auf sich warten lassen.

TRIER. „Der Status quo ist nicht zu halten“, schickte Wolf Krämer-Mandeau seiner Präsentation voraus und warnte die Entscheidungsträger, nicht schon „vorsorglich“ zu kapitulieren. Einiges an Standvermögen und Überzeugungskraft werden die Mitglieder des Stadtrats und auch der Ortsbeiräte mitbringen müssen, wenn sie – wie geplant – noch im Herbst die Weichen für die längerfristige Entwicklung der Trierer Schullandschaft stellen wollen. Es bringe nichts, das Konzept jetzt noch ein Jahr zu diskutieren, denn „dann ist es kaputt“, gibt der Bonner Experte zu bedenken. Und auch Angelika Birk wollte keine Zweifel daran aufkommen lassen, dass es ihr ernst ist: Von einem „hohen Umsetzungsdruck“ sprach die Grüne am Mittwoch, „in diesem Jahr müssen wir das Paket schnüren“. Wenig später erhöhte die Bürgermeisterin noch einmal den Erwartungsdruck: „Wenn die Politik sich nicht schnell entscheidet, dann ist das irgendwann nicht mehr mein Problem“.

Zwar betonte Birk auch, das nun vorliegende Konzept sei lediglich ein Bündel an Maßnahmen, die im Detail erst noch geprüft und in den Gremien beraten werden müssten, doch eine klare Tendenz zeichnet sich ab: Die städtische Schullandschaft würde regelrecht umgepflügt, mehrere Standorte müssten dran glauben. Denn Trier leistet sich nach den Worten Krämer-Mandeaus bislang „unstadtgemäß kleine Grundschulen“. Beispiel „Norden“, der in dem Konzept die eingemeindeten Stadtteile jenseits von Trier-Nord umfasst: Dort würden westlich der Mosel nur noch Biewer und Ehrang als Grundschulstandorte übrig bleiben. Die Grundschule Quint soll in eine Kita umgewandelt, die in Pfalzel komplett aufgegeben werden. Gegen Pfalzel spräche, dass dort erhebliche Investitionen ins Dach notwendig wären. Die Grundschule Ruwer soll erhalten bleiben. Die Realschule plus in Ehrang würde in eine Integrierte Gesamtschule umgewandelt, empfiehlt Krämer-Mandeau und schlägt eine weitere Option vor, die noch zusätzlichen politischen Sprengstoff birgt – die Aufgabe des Friedrich-Spee-Gymnasiums, womit es dann eine sechszügige IGS am Mäusheckerweg gäbe.

Größere Veränderungen wären auch im Süden der Stadt programmiert. Hier könnte die Nelson-Mandela-Realschule plus, die derzeit in zwei Gebäuden untergebracht ist, den Standort in der Kaiserstraße mit der Barbara-Grundschule tauschen. Für die Realschule plus hätte dies den Vorteil, dass in der Speestraße ausreichend Raum zur Verfügung stünde und das Pendeln in die Kaiserstraße überflüssig würde. Im dortigen Gebäude der früheren Robert-Schuman-Realschule kämen nach diesem Konzept jedoch nicht nur die Barbara-Grundschüler unter, sondern auch die der 1,3 Kilometer entfernt gelegenen Egbert-Grundschule. Auf der Kippe stehen zudem die Grundschulen in Kürenz und St. Martin, erhalten blieben nach den Vorstellungen des Bonner Büros Ambrosius und Ausonius. Was das viel diskutierte Raumproblem in Tarforst anbelangt, rät Krämer-Mandeau dazu, dass diese auch langfristig zweizügig bleibt – die nur vorübergehend zu erwartenden Spitzen bei der Schülerentwicklung seien „in Olewig abzufangen“.

Experte: Das ist kein Sparkonzept

In Tarforst werden das einige nicht gerne hören, doch den umfangreichen Untersuchungen Krämer-Mandeaus zufolge mangelt es den städtischen Schulen insgesamt nicht an Raum und Räumen, es hapert vielmehr an der Verteilung der Räumlichkeiten. Es gelte, in die Köpfe und nicht in neuen Beton zu investieren, gab er die Devise aus. Denn auch wenn es sich um „kein Sparkonzept“ handele, seien finanzielle Aspekte nicht völlig außer Acht gelassen worden. So taucht die Sanierung und Umwandlung der ehemaligen Geschwister-Scholl-Hauptschule in eine Realschule plus gar nicht mehr auf – sie hätte wohl einen zweistelligen Millionenbetrag gekostet. Geld, das die Stadt nicht hat und dass sie sich leihen müsste. Auch die Tage der Grundschule Reichertsberg scheinen gezählt – in das marode Gebäude noch größere Summen zu investieren, ergebe keinen Sinn. Überhaupt würde eine Umsetzung des Konzepts auch dem südlicheren Teil von Triers Westen große Veränderungen bringen: Die Grundschulen Euren und Zewen könnten künftig als Doppelstandort fungieren oder aber an einem Standort gebündelt werden – mit der Konsequenz, dass in dem Stadtteil, der bei der Grundschule den Kürzeren zöge, die Kitas konzentriert würden.  Reichertsberg und Pallien könnten in die Balduin-Schule umziehen, die dortige Realschule plus würde entfallen.

Es dürfte nicht lange dauern, bis sich in den ersten Stadtteilen und an einigen der betroffenen Schulen Protest formiert. Dass das Konzept so unmittelbar vor den Schulferien präsentiert wurde, wird kein Zufall sein. Birk erklärte, sie habe den Grundschulstandorten vor zwei Jahren bewusst nur eine Bestandsgarantie bis 2015 gegeben. Zugleich stellte sie klar, dass es sich bei dem nun vorgelegten Konzept nicht um eine Verwaltungsvorlage handele. Doch die soll kommen, und das noch in diesem Jahr. Das sei auch der erklärte Wille der Ratsfraktionen und des Oberbürgermeisters. „Sehr ehrgeizig“ sei dieser Fahrplan, doch er müsse eingehalten werden, um den Eltern und Kindern recht bald Planungssicherheit zu geben, so Birk. Und Krämer-Mandeau empfiehlt, wo möglich die Schließung von Schulen sukzessive vorzunehmen. Soll heißen: Die Schüler sollen nicht Knall auf Fall an einen anderen Standort wechseln müssen, aber neue erste Klassen würde es an diesen Grundschulen nicht mehr geben.

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