Mehr Partner, mehr Spielorte, mehr Stücke

"MM" heißt der Festivalcocktail für die vierte Auflage des Trierer Schauspielmarathons "Maximierung Mensch". Foto: Christian JörickeMan nehme etwas „Liquid Red Berry“-Likör, einen Schuss roten Grapefruitsirups, einen Spritzer Hibiskussirups, gibt etwas Eis hinzu und füllt mit Sekt auf. Heraus kommt ein leuchtend roter, fruchtig-süßer Cocktail, der – entdeckt und konsumiert von Peter Oppermann in einer Berliner Bar – die farbliche Vorlage für die Gestaltung der Programmhefte und Plakate für das von ihm geleitete Schauspielfestival „Maximierung Mensch“ bot und währenddessen im Theater auch erhältlich sein wird. Die Zutaten für die vierte Auflage des Stückemarathons, der vom 17. bis 23. Juni im Theater, in der Tufa, in der Hochschule Trier und im Stadtmuseum stattfindet, sind 18 Vorstellungen mit zwei Eigenproduktionen und zehn Gastspielen, eine wissenschaftliche Konferenz und eine Podiumsdiskussion über die Bedeutung von Ensembletheatern. Inhaltlicher Leitfaden aller Festivalbeiträge ist die Thematisierung von Ökonomisierungsprozessen in der heutigen Gesellschaft. Nicht nur in Bezug auf die Getränkeauswahl ist das Trierer Theater also auf der Höhe der Zeit.

TRIER. Claude Mangen („MAKéNADA“, Luxemburg), Frau Professor Franziska Schößler (Universität Trier), Peter Oppermann (Theater Trier), Gerhard Weber (Theater Trier), Dr. Karl-Josef Pieper (Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur), Teneka Beckers (Tufa) und Roman Schmitz („Gruppe International“) – so viele Menschen dürften im Theater noch nie bei einer Pressekonferenz auf dem Podium gesessen haben. Es haben nicht einmal alle, die bei „Maximierung Mensch“ mit einem Projekt beteiligt sind, dort Platz gefunden. So muss der Musiktheater- und Konzertdramaturg Dr. Peter Larsen seinen „Extra“-Beitrag zu Triers großem Schauspielfestival, „Auf die Barrikaden mit den Waffen der Poesie – Wagner vs. Marx“ (20. Juni, 18 Uhr, im Stadtmuseum), aus dem Kreise der anwesenden Journalisten heraus vorstellen.

Der Grund für die große Podiumsbesetzung ist der Umfang des Programms: 18 Vorstellungen bekommt das Publikum vom 18. bis 23. Juni in Trier geboten. Einen Tag zuvor beginnt das Festival mit einer Schreibwerkstatt der Universität, die aber vor allem wieder mit einer wissenschaftlichen Tagung zur Veranstaltung beiträgt. Am 19. Juni laden Dieter Heimböckel (Luxemburg), Birgit Althans (Lüneburg) und Franziska Schößler von 9.30 Uhr bis 18 Uhr zu einer Konferenz zum Thema „Ein Gespenst geht um: Revolution im zeitgenössischen Theater“ ins Theater-Foyer ein. Dabei werden unter anderem aktuelle Theatertexte und Inszenierungen zu den Themen „Krise“, „Wirtschaft“ und „Revolution“ vorgestellt und diskutiert.

„Maximierung Mensch“ kann in drei Blöcke unterteilt werden. Der erste sind die Eigenproduktionen – ein Novum bei „Maximierung Mensch“. In Luxemburg (18. Juni, 20 Uhr, Banannefabrik) und in Trier (21. Juni, 20 Uhr, Studio) inszeniert Judith Kriebel Elfriede Jelineks neustes Stück „Aber sicher!“, in dem die Absurditäten und Folgen der Finanzkrise in Bezug auf Kleinanleger zum Ausdruck kommen. Zugleich schlägt die wütende Kapitalismuskritik auch den Bogen zu der 1919 in Berlin ermordeten Politikerin Rosa Luxemburg.

Zweite Eigenproduktion ist der „theatrale Stadtrundgang“ „Stadt in Aufruhr“ (19. Juni und 22. Juni, 20 Uhr, Treffpunkt Tufa). Das soziokulturelle Projekt der Tufa, der luxemburgischen Theatergruppe „MASKéNADA“ und der „Gruppe International“ unter der Leitung des Ex-„Karussell“-Mitbegründers Roman Schmitz hat sich mit der Frage beschäftigt: Was, wenn in Trier nicht, wie im Konzept „Trier Zukunft 2025“ prognostiziert, im Jahre 2025 hundertzehntausend Einwohner mit einer ausgewogenen Alters- und Erwerbsstruktur leben? „Wir vermuten nämlich, dass dann die Krise hier sein wird“, deutet Schmitz schon mal an, in welche Richtung es bei diesem Bürgertheaterprojekt gehen wird.

Zweiter Block sind die überregionalen Gastspiele: Die Zuschauer dürfen sich auf Stücke des Schauspiels Köln („Foxi, Yussuf, Edeltraut“, 18. Juni, 20.30 Uhr, Foyer), des Theaters Dortmund („Die Agonie und die Ekstase des Steve Jobs“, 19. Juni, 19.30 Uhr, und 20. Juni, 20 Uhr, Hochschule Trier), des Theatre National du Luxembourg („Die Lipizzanernummer“, 20 Juni, 20 Uhr, Theater), der Sophiensäle Berlin („Meine gottverlassene Aufdringlichkeit“, 21. Juni, 20 Uhr, Hochschule Trier und 22. Juni, 21.30 Uhr, Studio) und des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden („Tschick“, 21. Juni, 22 Uhr, Theater) freuen. Für Schulen wird das Stück „Bilge Nathan“ (21. Juni, 10 und 12 Uhr, Theater-Chorssal) des Theaters Koblenz angeboten.

AnzeigeEin Theatermarathon wartet auf die Besucher am letzten Festivaltag, der den dritten Block bildet. Beim „Theaterspektakel der Region“ wird am 23. Juni ab 17 Uhr abwechselnd im Studio und im Großen Haus gezeigt, was andere Bühnen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland zu bieten haben. Das Staatstheater Saarbrücken spielt „Faustkampf“ (17 Uhr, Studio), das Staatstheater Mainz führt „Machthaber“ auf (19 Uhr, Großes Haus), das Theater Koblenz präsentiert „Solange es ein Ziel gibt“ (20.30 Uhr, Studio) und das Pfalztheater Kaiserslautern stellt das Stück „Schafinsel“ vor (21.30 Uhr, Großes Haus).

Roter Faden des Festivals sind die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise. „Was macht die aktuelle Situation aus dem Menschen?“ ist die Frage, mit der sich die Stücke mehr oder weniger auseinandersetzen. „Wir wollen zeigen“, sagt Festivalleiter Peter Oppermann, „was mit Menschen passiert, die unter den Auswirkungen dieser Krise leiden müssen.“

Da das Trierer Theater unter der kommunalen Finanzkrise leidet, wird „Maximierung Mensch“ am 19. Juni um 18.30 Uhr mit einer Podiumsdiskussion eröffnet, in der der Frage nachgegangen werden soll, welche Chance das Ensembletheater bietet, trotz allgemeiner Sparmaßnahmen identitätsstiftend in die jeweiligen Städte auszustrahlen.

Dass das Festival überhaupt stattfinden kann, ist zu einem großen Teil wieder dem rheinland-pfälzischen Kultusministerium zu verdanken. Darum stellte Intendant Gerhard Weber seinen Nebenmann Dr. Karl-Josef Pieper, Theaterreferent des Ministeriums, zu Beginn der Pressekonferenz auch als die „fast wichtigste Person“ vor. 90.000 Euro gibt das Land zu dem über 100.000 Euro kostenden Projekt dazu. Und das „mit Freude und Überzeugung“, wie Pieper betont. „Das Festival bietet in einer komprimierten Form unterschiedliche Ansichten zu einem Thema“, lobt der Mitarbeiter der Abteilung „Allgemeine Kulturpflege“ das Konzept. „Es trägt dazu bei, den gesellschaftlichen Diskurs über unser Sein zu verbessern.“

Und damit es vor allem vielen jungen Menschen möglich ist, daran teilzunehmen, sind die Preise moderat: Für alle Stücke (bis auf „Minna von Barnhelm“, das in der Festivalwoche Premiere feiert) kostet die Karte 12 Euro (Ermäßigung für Schüler und Studenten: sechs Euro). Wer Lust auf mehr hat, zahlt weniger: fünf Aufführungen kann man sich für 45 Euro (ermäßigt 22,50 Euro) anschauen, zehn für 84 Euro (ermäßigt 42 Euro). „Es ist kein Argument mehr“, so Oppermann, „aus Kostengründen nicht zu kommen.“

Weitere Informationen zu „Maximierung Mensch“ finden Sie hier.

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