„Kein Revanchismus“

TRIER. Der „Heimatbrunnen“ am Augustinerhof wird bis auf Weiteres keinen neuen Namen erhalten. Sozialdemokraten und Grüne scheiterten am Donnerstagabend mit einem Vorstoß für eine Umbenennung des umstrittenen Mahnmals.

In einem gemeinsamen Antrag hatten die beiden Fraktionen gefordert, eine Jury zu bilden, um einen neuen Namen für den Brunnen zu finden. Der wurde 1965 eingeweiht und sorgt vor allem mit einer Tafel für Aufsehen, deren Inschrift lautet: „Einigkeit und Recht und Freiheit. Breslau, Gleiwitz, Stettin, Königsberg, Eger, Marienburg“. Im Ausschreibungstext zur Erstellung des Mahnmals hieß es seinerzeit: „Es soll emporreißen aus dieser Resignation und den Glauben an die Wiedervereinigung aller Teile des getrennten Deutschland beleben und stärken.“

Grünen-Ratsmitglied Corinna Rüffer bezeichnete den Brunnen als „städtebaulich wenig attraktiv“ und meinte, eigentlich könne man auch eine Abrissbirne einsetzen. Doch darum gehe es den Antragsstellern nicht: Man habe keineswegs im Sinn, das „Stück deutscher und Trierer Geschichte einfach plattzumachen“. Im Gegenteil: „Wir finden es wichtig, dass diejenigen, die heute jung sind, wissen, was der historische Hintergrund ist“, erklärte Rüffer. Als möglichen Termin für eine Umbenennung schlug sie den 8. Mai 2013 vor, den Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus. Auch Jutta Föhr von der SPD erklärte: „Wir wollen keine Ausblendung oder nachträgliche Wertung vornehmen“. Eine Umbenennung biete vielmehr die Gelegenheit, ein „neues politisches Zeichen zu setzen“. Die Sozialdemokratin forderte eine offene Diskussion über die Hintergründe des Brunnens.

Thomas Albrecht (CDU), dessen Großeltern nahe Königsberg ein Haus hatten, konterte den Vorstoß von SPD und Grünen. Der Christdemokrat erinnerte daran, dass die Vertriebenen „ein schweres Schicksal“ durchlitten hätten. Albrecht weiter: „Dabei bin ich mir bewusst, dass ungleich größeres Unrecht von Deutschland ausging“. Der Unionsmann warnte zugleich davor, „wegen eines vermeintlichen politischen Vorteils hier mit den Gefühlen von Menschen zu spielen“. Der Brunnen sei ein „Ausdruck der Geschichte“ und er begrüße die Ankündigung des Oberbürgermeisters, eine weitere Plakette anzubringen, welche die Hintergründe des Brunnens erklären soll.

Peter Spang von der FWG verteidigte die Gestaltung des Mahnmals: „Ich finde den Brunnen sehr gut, leider ist er  aber viel zu selten in Betrieb“. Spang bezeichnete die Anlage als ein „Dokument vergangener Zeiten“, der aber auch eine „wunderbare Gelegenheit“ biete, jungen Menschen zu erklären, „was passiert ist“. Aus seiner Sicht hat der Brunnen „nichts mit Revanchismus“ zu tun. Im Übrigen, so Spang, habe die Stadt „weiß Gott andere Probleme“. Das sah auch Dr. Karl-Josef Gilles so: „Ich muss mich schon wundern, mit was wir uns hier auseinandersetzen“. Es gebe in Trier „sehr viele Orte, deren Bezeichnung nicht mehr zeitgemäß ist“, erklärte der FDP-Fraktionschef, der unter anderem den „Balduinsbrunnen“ ins Feld führte. Der Kurfürst sei auch Kriegsherr gewesen, so Gilles, der – mehr ironisch – auch die Frage aufwarf: „Wie stehen Sie zur Porta Nigra“. Genau genommen stehe Triers Wahrzeichen auch für mehrere Jahrhunderte „römischen Imperalismus“ und die „Unterdrückung der Einheimischen“. Gilles verlangte: „Wir sollten zu unserer Vergangenheit stehen, mit allen positiven und negativen Konsequenzen. Niemand hegt heute noch revanchistische Gefühle“. Rüffer zeigte sich betroffen von den Anwürfen der anderen Fraktionen:  „Wir wollen mitnichten ausradieren“, versicherte sie, vielmehr sei es SPD und Grünen darum gegangen, im Rahmen einer Diskussion über eine Umbenennung eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema zu eröffnen.

OB Klaus Jensen erklärte, er sei schon mehrfach auf die Inschrift des Mahnmals angesprochen worden – „gerade von polnischen Gästen, die den Brunnen nicht verstanden haben“. Nun soll eine Tafel angebracht werden. Auf Antrag von CDU-Fraktionschef Dr. Ulrich Dempfle begrüßte der Stadtrat mit 26 zu 22 Stimmen dieses Vorhaben und lehnte damit zugleich den rot-grünen Vorstoß für eine Umbenennung ab. Die Inschrift der neuen Tafel soll wie folgt lauten: „Dieser Brunnen ist ein Zeugnis seiner Entstehungszeit, dem Jahre 1965. Heute, nach fast 70 Jahren seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, über 40 Jahren seit den Ostverträgen und über 20 Jahren seit dem Ende des ‚Eisernen Vorhangs‘, leben wir friedlich und ausgesöhnt zusammen im vereinigten Europa. Als gute Nachbarn erinnern wir uns unserer gemeinsamen und wechselhaften Geschichte, die uns in unserer tiefen gegenseitigen Verbundenheit in Freundschaft und Frieden Tag für Tag bestärkt – Trier im Jahre 2012, der Oberbürgermeister der Stadt Trier“.

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