„Jeder wusste: Die Wiese ist futsch“

Auf Antrag der CDU debattierte der Bauausschuss am Mittwochabend über die zerstörten Rasenflächen im Palastgarten. Der Leiter des städtischen Grünflächenamts verteidigte das Vorhaben, das Gelände neu einzusäen. Die Alternative Rollrasen sei nicht nur deutlich teurer, sondern werde womöglich nicht den Belastungen standhalten, die der Wiese mit „Brot und Spiele“ Ende August drohen. Daraufhin schlug die FWG vor, zu prüfen, ob die Reiternummer des Römerfestivals auch auf das Gelände der Palästra verlegt werden könnte. Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani appellierte an die Betroffenen, vorübergehend auf andere Naherholungsgebiete auszuweichen: „Wir haben ein wunderschönes Moselufer“.

TRIER. Am Ende überschlugen sich die Pressemitteilungen, Anträge und Anfragen – binnen 48 Stunden schien fast die gesamte Trierer Kommunalpolitik auf den Barrikaden ob der zweifellos ärgerlichen Kollateralschäden, welche die Heilig-Rock-Wallfahrt im Palastgarten hinterlassen hat. Dass dort nun ein Bauzaun zwei Drittel der südlichen Rasenflächen absperrt und braune Erde statt grüner Wiese nicht eben zum Verweilen einladen, bedauern viele Menschen. Doch dass die Ratsmitglieder von den Schäden wirklich überrascht wurden, davon könne nicht die Rede sein, erklärte Ratsmitglied Anja Reinermann-Matatko gleich zu Beginn der Sitzung. Wäre es nach ihr und ihrem ebenfalls parteilosen Fraktionsfreund Dominik Heinrich gegangen, dann wäre der Eilantrag der CDU, das Thema kurzfristig zu beraten, erst gar nicht auf die Tagesordnung gekommen. Schließlich habe die Baudezernentin schon vor Monaten auf die möglichen Folgen der Wallfahrt hingewiesen.“Ich kann den Ärger gut nachvollziehen, aber ich kann nicht verstehen, dass jetzt alle so empört sind“, so Heinrich.

Dass aber noch Informations- und Klärungsbedarf bestand, wurde im Laufe der Beratungen deutlich. Thomas Albrecht (CDU) warf die Frage auf, weshalb man vor der Wiedereröffnung des Südbads auf Rollrasen setzte, um den Zeitplan einzuhalten, dies aber nun im Palastgarten nicht erwogen werde? „Im Südbad haben wir es auch so gemacht, und es gelang, obwohl die Fläche dort viel größer ist“, argumentierte der Unionsmann. Sven Teuber (SPD) gab zu bedenken, dass die mehrmonatige Sperrung des Rasens im Süden des Palastgarten dazu führen könnte, dass nun die Zierwiese direkt vor dem Kurfürstlichen Palais in Mitleidenschaft gezogen wird. „Vielleicht wird die jetzt stärker frequentiert, dann haben wir das Problem verlagert“, so Teuber. Es mache keinen Sinn, „nun alte Protokolle auszugraben“, konterte Peter Spang (FWG) derweil die Kritik Heinrichs, räumte aber ein: „Jeder wusste: Die Wiese ist futsch“. Allerdings stelle sich für ihn die Frage, ob die Stadt bei den Verhandlungen über die Wiederherstellung des Rasens „über den Tisch gezogen wurde“. Tobias Schneider verteidigte die Stadt: Die Dezernentin habe vorab darüber informiert, dass eventuell „eine Vegetationsperiode“ nötig sein werde, um den Rasen wieder nutzbar zu machen. Einen fachmännischen Beitrag konnte Matthias Melchisedech beisteuern. Der selbstständige Gärtnermeister und Christdemokrat aus Trier-Nord wies darauf hin, dass das bescheidene Wetter während der Wallfahrt der Wiese den letzten Rest gegeben habe.

„Brot-und-Spiele“-Reiter ins „Helikopter-Stadion“?

Der Leiter des Grünflächenamtes trat sodann dem Eindruck entgegen, die Verwaltung habe wenig durchdacht gehandelt. Das Gegenteil sei der Fall, verteidigte Franz Kalck die nun geplante Maßnahme, die Wiese neu einzusäen. Zwar sei es durchaus möglich, Rollrasen einzusetzen – aber „zum zehnfachen Preis, und dabei bleibe ich“. Die Kosten seien aber auch nicht so entscheidend, zumal diese das Bistum tragen muss. Vielmehr habe gegen den Einsatz von Rollrasen gesprochen, dass die Bedingungen im Palastgarten nicht vergleichbar seien mit denen in Sportanlagen. „Da haben Sie einen völlig anderen Aufbau, da wächst der Rollrasen in vier Wochen an“, so Kalck. Für den Palastgarten würden aber mindestens sechs Wochen benötigt, da der Rollrasen hier nur zehn bis zwölf Zentimeter wurzeln könne. Und dann drohe gleich wieder Ungemach, denn Ende August wird die Fläche für „Brot und Spiele“ benötigt. Die Wiese dient als Exerzierfeld:
„Infanteristische Kampfdarstellungen zu Pferd der ‚Timetrotter‘ und militärische Vorführungen verschiedener Legionen“, verspricht das Programm des Römer-Spektakels. Möglicherweise würden die Pferde den Rollrasen derart in Mitleidenschaft ziehen, dass dieser gleich darauf wieder geflickt werden müsse, warnt Kalck.

Peter Spang warf daraufhin die Frage auf, ob denn „Brot und Spiele“ seine Reiter nicht auf die Palästra im Westen der Kaiserthermen schicken könne. Lange firmierte die Wiese im Trierer Volksmund auch unter der Bezeichnung „Helikopter-Stadion“, weil hier von Hua Guofeng (1979) über François Mitterand (1986) bis Erich Honecker (1987) prominente Besucher der Stadt mit ihren Hubschraubern landeten und die Wiese damals noch häufig zum Fußballspiel genutzt wurde. Kaes-Torchiani antwortete Spang, „Brot und Spiele“ falle nicht in ihren „Beritt“, sie werde das aber den Kollegen Thomas Egger weitergeben. Heinrich schlug vor, dass zumindest die ebenfalls weitgehend zerstörte Wiese im Nordosten des Palastgartens mit Rollrasen hergestellt werden könne, um rasch Alternativen für Naherholer zu schaffen. Schneider wiederum regte an zu überlegen, ob denn die beliebte Wiese künftig für Großveranstaltungen tabu sein sollte. Und die Baudezernentin appellierte an die Betroffenen, doch auch die anderen Grünanlagen Triers nicht aus dem Auge zu verlieren und vorübergehend dorthin auszuweichen. „Wir haben ein wunderschönes Moselufer“, erklärte Simone Kaes-Torchiani, und auch der Mattheiser Weiher zwischen Heiligkreuz und Weismark biete hervorragende Bedingungen.

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