„Ich erwarte, dass da was kommt!“

Seit Mitte Juni ruhten Rats- und Ausschussarbeit, diese Woche nun starteten die Fraktionen in das dritte Jahr der laufenden Wahlperiode. Im Sommer 2009 übernahm Sven Teuber die Führung der Sozialdemokraten am Augustinerhof. Seine Stellung unter den Genossen scheint unangefochten, es gilt als sicher, dass der 28-Jährige in der in einigen Monaten anstehenden turnusmäßigen Neuwahl des Fraktionsvorstands in seinem Amt bestätigt wird. Im Gespräch mit 16vor beklagt er die begrenzten Handlungsmöglichkeiten des Rats und fordert vom Stadtvorstand, sich inhaltlich stärker zu positionieren. Teuber verlangt außerdem, dass sich Stadtrat und Verwaltung auf eine überschaubare Anzahl von Projekten konzentrieren: „Wir müssen generell planvoller vorgehen“, die Realisierungsquote von Ratsbeschlüssen sei erschreckend gering. Konkrete Erwartungen hat er auch an die rot-grüne Landesregierung, vor allem in punkto Westtrasse.

TRIER. Wenn Sven Teuber in Ratssitzungen das Wort ergreift, wird es schon mal laut. Selbstbewusst attackiert er dann den politischen Gegner, mitunter spart er auch nicht mit Polemik. Stellt er Bezüge zur Bundespolitik her, wähnen ihn manche schon beim Warmlaufen für höhere parlamentarische Weihen, etwa in Mainz oder Berlin. „Der ist ein typischer Funktionärstyp“, sagt ein Unionsmann. Er meint es nicht anerkennend. Dass Teuber zu den Jüngsten am Augustinerhof zählt, fällt jedenfalls kaum mehr auf. Seit Sommer 2009 steht er an der Spitze der zweitstärksten Ratsfraktion, erstaunlich schnell hat er sich in den eigenen Reihen Respekt verschafft. Das bewahrte ihn und seine Genossen nicht davor, dass die Fraktion zwischenzeitlich schrumpfte: Mit Peter Spang wechselte ein langjähriger Sozialdemokrat die Seiten und sorgte dafür, dass das inzwischen zerbrochene Ampelbündnis seine hauchdünne Mehrheit verlor.

Teuber würde das Thema am liebsten ausklammern, doch als Realist weiß er, dass Spangs Fortgang auch Teil seiner bisherzigen Bilanz als Fraktionschef ist. Also sagt er, dass die schon seit der Kommunalwahl andauernden Auseinandersetzungen mit dem Ex-Sozialdemokraten „die Gruppe doch sehr stark belastet“ hätten, der Wechsel von Spang zur FWG die Situation insofern wieder entspannt habe. Mehr Worte will er zu der Personalie nicht verlieren, für Teuber ist sie Vergangenheit, er wolle nach vorne schauen. Sich und seiner Mannschaft attestiert er Teamwork, man diskutiere sehr viel und offen, treffe aber auch Entscheidungen und halte Kurs.

Im Herbst 2008 präsentierte SPD-Chefin Malu Dreyer Teuber als ihren Mann für die Spitzenkandidatur bei der Kommunalwahl. Da war der gebürtige Nordhorner für die meisten Trierer noch ein unbeschriebenes Blatt, seine Kandidatur nicht ohne Risiko für die Partei; und die Gefahr, dass er als allzu treuer Vasall seiner Vorsitzenden wahrgenommen würde, war nicht gering. Teuber stürzte sich in den Wahlkampf, mit ihm an der Spitze legte die SPD erstmals seit 1989 wieder bei einer Stadtratswahl zu und steigerte sich von elf auf 15 Sitze. Mehr als die Hälfte der neuen Fraktion waren Newcomer. Manche der Neuen, wie die Umweltfachfrau Begoña Hermann, die parteilose Sozialexpertin Maria Ohlig oder Teuber-Intimus Markus Nöhl brachten neuen Schwung in den Rat. Andere wie der Ex-Karnevalsprinz Thomas Neises traten im Rat bislang eher wenig in Erscheinung.

Spricht man mit Teuber über die ihm nachgesagten Ambitionen, winkt er sogleich ab. Das Thema Mainz stehe für ihn nicht zur Debatte, sagt er dann. Er habe für sich entschieden, die volle Wahlperiode durchzuziehen und sich auf den Stadtrat zu konzentrieren, wiederholt er, was er schon vor der Kommunalwahl immer wieder zu Protokoll gegeben hat. Seit diesem Schuljahr unterrichtet er als Lehrer am Humboldt-Gymnasium, darin sieht er seine Aufgabe für die nächsten Jahre. Und in einigen Monaten wird er sich zur Halbzeit der turnusgemäßen Neuwahl des Fraktionsvorstands stellen. An seiner Bestätigung im Amt gibt es keinen ernsthaften Zweifel.

Dabei räumt Teuber auch ein, dass manche seiner Erwartungen in den ersten zwei Jahren im Rat enttäuscht wurde. So sei er doch negativ überrascht gewesen, festzustellen, wie gering die Möglichkeiten der kommunalen Selbstverwaltung seien. „Sowohl finanziell als auch inhaltlich“, schickt er gleich hinterher, Verwaltung und Kommunalaufsicht sorgten für einen „erschreckend geringen Handlungsspielraum“. Zwar gebe es im Rathaus „sehr viele gute Leute“, doch in vielen Fällen würden Vorgaben des Stadtrats gar nicht umgesetzt oder nur verzögert angepackt, kritisiert er. „Dabei ist es doch die Aufgabe des Rates, die Verwaltung zu kontrollieren und auch Leitlinien vorzugeben“, sagt er und wirkt jetzt energisch.

Teuber weiß, dass der von seiner Partei und zuvor auch von seinem Genossen, OB Klaus Jensen, versprochene Wandel in der Stadtpolitik in wesentlichen Bereichen bislang kaum greifbar ist. Und er ahnt, dass ihm und seiner Partei und wohl auch dem Oberbürgermeister das noch auf die Füße fallen könnte – spätestens 2014, wenn wieder ein Stadtrat und zeigleich wohl auch ein neuer OB gewählt wird. Jensen hat bislang offen gelassen, ob er dann wieder antreten wird. Täte er es nicht, die Sozialdemokraten stünden in punkto potenzielle Kandidaten nicht besser das als die Konkurrenz von der CDU.

„Da vergehen ja Lichtjahre“, kommentiert Teuber offen die schleppenden Veränderungen, etwa bei den Themen Radverkehr und ÖPNV. Vor allem im Bau- und Verkehrsbereich gehe es bei wesentlichen Themen zu langsam voran. Die Realisierungsquote von Beschlüssen sei gerade hier extrem gering. Dass hieran auch der Stadtrat einen Gutteil Verantwortung trägt, ist ihm durchaus bewusst. Dass immer neue Projekte auf die Agenda gesetzt werden, habe seinen Teil dazu beigetragen, räumt er ein und verlangt deshalb vom Stadtrat, in den nächsten Haushalt nur noch solche Vorhaben einzustellen, die absehbar auch umgesetzt werden. „Wir müssen uns auf Prioritäten beschränken“, sagt er und konkretisiert: „Wenn wir beispielsweise im Rat sagen, wir konzentrieren uns im nächsten Jahr auf den Moselbahndurchbruch, weil der so wichtig ist, dann müssen wir das auch nach außen hin geschlossen vertreten“. Teuber weiter: „Der Haushalt muss wieder stärker ein Steuerungsinstrument werden und darf nicht nur eine Ansammlung von Wünschen sein“.

Eine Priorität hat für die SPD auch die Reaktivierung der Westtrasse, und gerade bei diesem Projekt sind Sozialdemokraten und auch Grüne gegenüber Trier in einer Art Bringschuld. Denn nachdem die neue Landesregierung die seit etlichen Jahren diskutierten Straßenbauprojekte Moselaufstieg und Meulenwaldautobahn abmoderierte und stattdessen dem ÖPNV den Vorzug einräumte, muss sie nun auch liefern. Im Klartext: Ohne massive finanzielle Unterstützung für den Bau von Haltepunkten wird im Westen kein Personenzug fahren. „Ich erwarte, dass da was kommt“, sagt Teuber. Kommt nichts, stünden die Genossen mitsamt den Grünen vor Ort einigermaßen blamiert da. Die Kritik von Union und FDP, Trier werde im Gegensatz zu anderen Städten im Land vom Mainzer Kabinett vernachlässigt, ließe sich dann kaum wegwischen. Teuber betont derweil auch die Notwendigkeit des Petrisbergaufstiegs. „Es gibt keine ernsthafte Alternative hierzu, nächstes Jahr müssen wir Nägel mit Köpfen machen, damit wir die Verbindung bis 2020 umsetzen können“.

Doch zuvor geht es noch „ans Eingemachte“ (O-Ton Teuber), denn in den anstehenden Haushaltsberatungen müssen einige Millionen zusätzlich eingespart werden. Ansonsten wird die Stadt dem Entschuldungsfonds des Landes nicht beitreten können. „Jeder muss da von seinem hohen Ross runter“, appelliert er an die anderen Ratsfraktionen und verlangt: „Kommunalpolitik muss mehr Miteinander als Gegeneinander sein“. Dass CDU und FWG der SPD und den beiden anderen ehemaligen Bündnispartnern Grüne und FDP in den vergangenen beiden Jahren wiederholt vorwarfen, mit ihrer inzwischen abgeschalteten Ampel auf Konfrontationskurs gegangen zu sein, weiß er.  „Aber es ist doch kein Zufall, dass CDU, FWG und FDP nun öfter gemeinsame Sache machen“, spielt er den Ball sogleich zurück. Teubers Gemeinsinn hat auch Grenzen, dazu mag er zu sehr die politische Auseinandersetzung: „Wenn es sachlich bleibt, macht es richtig Spaß“.

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