„Hendrix steigt stetig bei mir im Kurs“

Die Zeitung Die Welt bezeichnete den Gitarristen Thomas Blug 2004 nach seinem Sieg als „European Strat Player of the Year“, wo er im Londoner Wembley Stadion unter anderem mit Jeff Beck und Brian May auftrat, als den wohl unbekanntesten Superstar Deutschlands. Mit den Rainbirds, Purple Schulz und Tic Tac Toe ging er auf Tournee und mit ebenso unterschiedlichen Bands wie den No Angels, Blackeyed Blonde und Culture Beat ins Studio. Anlässlich des 40. Todestages von Jimi Hendrix präsentierte er 2010 das Projekt „Blug plays Hendrix“, das er am Samstag um 20 Uhr in der Tufa vorstellt. 16vor sprach mit dem Saarbrücker über seine Beziehung zu Hendrix und zu seiner 61er Stratocaster.

16vor: Es ist jetzt zehn Uhr morgens. Wann nehmen Sie zum ersten Mal am Tag die Gitarre in die Hand?

Thomas Blug: Leider habe ich nicht so viel Zeit, dass ich jeden Tag gleich als erstes die Gitarre in die Hand nehmen kann. Ich versuche es jedenfalls noch vor dem Mittagessen, um einen Kontakt zum Instrument aufzunehmen. Manchmal klappt es direkt nach dem Aufstehen. Die Morgenstund‘ hat eine besondere Qualität. Man ist noch sehr frei im Kopf. Meistens entwickele ich dabei Ideen.

16vor: Ihr Hauptarbeitsgerät ist eine Fender Stratocaster aus dem Jahr 1961, die damit fünf Jahre älter ist als Sie. Wer ist in einem besseren Zustand?

Blug: (lacht) Wir sind uns ebenbürtig. Wir haben beide ein paar Macken, aber über die Jahre auch eine gute Substanz entwickelt.

16vor: Haben Sie mal versucht, an eine Gitarre von Jimi Hendrix heranzukommen?

Blug: Nee, das ist alles viel zu teuer. Für mich geht es bei Gitarren um den Klang. Ein Instrument hat einen Charakter. Die alten Instrumente sind unterschiedlich. Es gibt einen Haufen alter Gitarren, die gar nicht so toll sind. Das wird auch ein bisschen überschätzt. Wenn mehrere Faktoren zusammenkommen, entsteht ein besonderer Charakter. Und wenn der einem persönlich liegt, macht das Instrument Sinn für einen, dann ist da Musik für mich drin.

Wenn ich eine Gitarre von Hendrix haben wollte, müsste ich erstmal einen Haufen Geld hinlegen. Und dann ist die Frage, ob der Charakter mir liegt. Ich vermute, die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering. Außerdem reift man mit dem Instrument. Ich spiele die 61er Strat auch schon über 20 Jahre. Das schafft eine Verbindung, die sich ständig weiterentwickelt. Ich entdecke mehr am Instrument und das Instrument nimmt mehr von mir an.

16vor: Was verbindet Sie mit Jimi Hendrix?

Blug: Hendrix ist für mich schon lange ein Thema. In meinen Anfangszeiten dachte ich zuerst, Hendrix ist dieser Schwarze mit der verstimmten Gitarre, der Drogen nimmt und seine Instrumente verbrennt. Man hat ihn zwar als Gitarren-Ikone wahrgenommen, aber musikalisch war das noch nicht so mein Ding. Dann habe ich irgendwann einmal die „Axis: Bold as Love“ gehört und gemerkt: Wow, das ist ja ein Konzeptalbum, und es hat „klick“ gemacht.   Mir ist klar geworden: Der Mann hat nicht nur damals den Gitarrensound revolutioniert, er hatte auch Konzepte, Songs und Texte. Daraufhin habe ich Hendrix gesamtmusikalisch in eine andere Schublade gesteckt. Je länger ich Gitarre spiele, umso mehr merke ich, was so revolutionär an Hendrix war. Wenn man mal ins Detail schaut – Hendrix war ein hervorragender Rhythmusgitarrist. Normalerweise denkt man an seine Solos, weil die mehr Aufsehen erregen. Seine Rhythmusarbeit ist superfiligran, sehr ausgefeilt, einzigartig. Man entdeckt immer mehr Details, die faszinierend sind. Hendrix steigt stetig bei mir im Kurs.

16vor: So dürfte es auch vielen Fans gehen. Hendrix gilt für viele als größter Gitarrist. Gucken die Zuschauer Ihnen bei Konzerten besonders genau auf die Finger?

Blug: Klar. Zum einen bin es gewohnt, dass mir die Leute auf die Finger gucken. Aber bei dem Hendrix-Projekt sind die Leute sehr, sehr kritisch. Auf der ersten Tour im vergangenen Jahr haben es mir Leute ein bisschen krummgenommen, dass ich Hendrix nicht eins zu eins gespielt habe. Das ist aber nicht mein Konzept. Von vornherein habe ich gesagt: „Ich will Hendrix so spielen, wie ich es für richtig halte oder meine Band es für richtig hält.“ Ich  glaube, das ist der eigentliche Geist von Hendrix. Wenn Hendrix „Sgt. Pepper“ gespielt hat, hat er auch nicht versucht, so zu singen und so zu spielen wie die Beatles, sondern er hat es auf seine Art gemacht. Ich bin aber näher an Hendrix dran, als es Hendrix an den Beatles war.

Ich möchte authentisch sein. Mittlerweile haben die Leute das erkannt. Nach dem Konzert in Karlsruhe vor wenigen Tagen habe ich eine super Kritik bekommen. Darin wurde gefragt: „Kann man ‚All Along The Watchtower‘ mit einem Sound-Brett beginnen, das fast klingt wie selig Nirvana? Kann man ‚Hey Joe‘ ganz langsam zu Stevie Wonders ‚Superstition‘ hindrehen und wieder zurück? Kann man in ‚Foxy Lady‘ einen klassisch anmutenden Part einbauen, bei dem Bass und Gitarre auf denkbar höchster spieltechnischer Ebene zu einem gezielt angesteuerten Orgasmus verabreden?“ Und die Antwort lautete: „Ja, man kann und darf das alles. Wenn man Thomas Blug heißt und ein ganz entspanntes Verhältnis zu Jimi Hendrix hat.“

Ich habe zwei Sänger in der Band. Reggie Worthy hat eine rauhere Soul-Stimme und David Readman eine Rockstimme. Was hat eine weiße Rockstimme mit Hendrix zu tun? Sehr wenig! Aber das war für mich ganz wichtig. Sonst ist man gleich in dieser Kerbe, wo man versucht, es so zu machen wie Hendrix.

16vor: Der Authentizität wegen werden Sie am Samstag also auch nicht linkshändig spielen und im Anschluss Ihre Gitarre anzünden?

Blug: Wir machen auch Show, aber nicht genau die Nummern, die Hendrix gemacht hat. Wir mögen die Musik. Und die spielen wir mal näher am Original und mal in einer eigenen Version. Einige Stücke haben wir auch doppelt im Programm, zum Beispiel „Purple Haze“. Davon habe ich eine eigene Version gemacht. Als Zugabe bringen wir die Originalversion.

16vor: Mit „Blug plays Hendrix“ sind Sie jetzt fast zwei Jahre unterwegs. Ist schon ein neues Projekt geplant?

Blug: Ich hätte noch mehr Ideen für Hendrix-Songs. Wir haben in diesem Jahr auch ein paar neue Titel im Programm. Ich habe gemerkt, dass auch die Band das Material frisch hält, weil wir auch weiterwachsen.

Es gibt andere Themen, die ich interessant finde, aber ich habe ja auch mein eigenes Ding. Es gibt eine Thomas-Blug-Band, ich komponiere eigene Songs und habe auch schon vier Alben gemacht. Da würde ich gerne im nächsten Jahr wieder ein bisschen mehr Energie reinstecken.

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