Grüne wollen Seilbahn und City-Maut für Lkw
Im Ziel ist man sich einig, und auch der Zeitplan steht nun: Gleich nach der Kommunalwahl wollen die Grünen ihren Kandidaten für die OB-Wahl im September präsentieren. Dass die drittstärkste politische Kraft Triers das Feld nicht kampflos SPD und CDU überlassen will, scheint in der Partei unumstritten. Eine Mitgliederversammlung sprach sich am Mittwochabend einstimmig für eine eigene OB-Bewerbung aus. Nachdem die „ob“-Frage damit entschieden ist, muss nun eine Findungskommission erkunden, mit wem die Grünen den Bewerbern von Union und Sozialdemokraten Paroli bieten wollen. „Die haben uns beide nicht mitgerissen“, fasste Ratsmitglied Anja Reinermann-Matatko das Ergebnis von Sondierungsgesprächen mit Hiltrud Zock und Wolfram Leibe zusammen. Programmatisch überraschen die Grünen, indem sie das Thema Seilbahn wieder ins Gespräch bringen und auch eine City-Maut für Lkw einführen möchten. „Wir sind gegen Denkverbote bei innovativen Lösungsansätzen“, heißt es im Wahlprogramm.
TRIER. Am Ende ging alles schnell. Rasend schnell gemessen an der Dauer, die Debatten zu wichtigen Fragen auf Versammlungen der Grünen meist einnehmen. Und dass dies eine wichtige Frage sein würde, stand von vornherein fest. Schließlich ist das Amt des Oberbürgermeisters die wichtigste Personalie der Stadt, obendrein wird über sie nur alle acht Jahre entschieden. Wolfram Leibe oder Hiltrud Zock? Oder weder noch? Keinen von beiden könne man unterstützen, machte Vorstandssprecher Wolf Buchmann gleich zu Beginn deutlich. Da war der Antrag mit der Überschrift „Wir wollen eine Alternative bieten!“ gerade erst verteilt. Die beiden Bewerber seien zwar „sehr angenehme Menschen“, auch hätten die Gespräche mit Zock und Leibe in einer „freundlichen und konstruktiven Atmosphäre“ stattgefunden, berichtete Buchmann. Doch am Ende habe man festgestellt, dass „die Differenzen in zentralen Sachfragen so groß sind, dass ein Wahlbündnis mit den beiden Kandidaten nicht in Frage kommt“. Welches denn konkret die inhaltlichen Differenzen seien, wollte ein Versammlungsteilnehmer nun wissen. Die Gespräche seien vertraulich gewesen, da sei es „nicht anständig“, im Nachhinein öffentlich darüber zu berichten, wies Ratsmitglied Reiner Marz den Wunsch zurück. Das sei „ein wirklich starkes Stück“, dass die Basis nicht erfahren dürfe, „wo die Knackpunkte liegen“, hielt Rainer Landele dagegen.
Landele gehört nun einer fünfköpfigen Kommission an, welche einen geeigneten Bewerber für einen eigenen OB-Kandidaten finden soll. In besagtem Gremium sitzt auch Ratsmitglied Anja Reinermann-Matatko, und die brachte die vorherrschende Stimmung bei den Teilnehmern der Sondierungsgespräche mit Zock und Leibe offenbar auf den Punkt: „Die haben uns beide nicht mitgerissen“, erklärte Reinermann-Matatko. Doch nur wer von einem Kandidaten überzeugt sei, sei auch bereit, „zu kleistern und zu kleben“. Bei Klaus Jensen sei das seinerzeit anders gewesen, der habe die Grünen derart begeistert, dass sie aus voller Überzeugung für ihn in den Wahlkampf zogen und auf eine eigene Kandidatur verzichteten. Dass nicht wenige Grüne in ihren Erwartungen hernach enttäuscht wurden, ist bekannt.
Mit ihrem Beschluss vom Mittwochabend weckt und verstärkt die Partei nun Erwartungen bei der eigenen Anhängerschaft. Dass man bis dato kein personelles Angebot machen konnte, bewerten manche hinter vorgehaltener Hand als eher suboptimal. Buchmann machte deutlich, dass für ihn Angelika Birk erste Wahl gewesen wäre. Der Kreisvorstand habe mit der Bürgermeisterin über eine mögliche Kandidatur gesprochen, doch diese habe abgelehnt und auf die „vielen Baustellen“ hingewiesen, denen sie sich in ihrem jetzigen Amt widmen müsse. Birk habe erklärt, dass sie vor diesem Hintergrund ihre eigentliche Arbeit nicht über einen längeren Zeitraum zugunsten eines Wahlkampfs drosseln könne. Diese Begründung sei nachvollziehbar und zu respektieren, so Buchmann, doch habe Birks Absage die Situation für seine Partei nicht eben einfacher gemacht, räumte er ein.
Mit dem nunmehr getroffenen Beschluss ist die Ausgangslager indes nicht leichter geworden. Denn auch wenn sich die Grünen noch einige Wochen Zeit einräumen – nach der Kommunalwahl, spätestens aber Mitte Juni, wollen sie ihr personelles Angebot präsentieren. Kein leichtes Unterfangen, und damit am Ende auch alle von der Kandidatin oder dem Bewerber überzeugt sind, wurde eine Findungskommission gebildet, deren Mitglieder unterschiedlicher nicht sein könnten: Neben Spitzenkandidatin Petra Kewes gehören ihr Thorsten Kretzer, Anja Reinermann-Matatko, Rainer Landele und Hartwig Johannsen an. Sind diese fünf erst einmal einer Meinung, dürfte eine Zustimmung der Basis fast nur noch Formsache sein.
In den kommenden Wochen wollen sich die Grünen aber vor allem der Kommunalwahl widmen. Nachdem im März die Liste aufgestellt wurde, beschloss die Mitgliederversammlung nun ein recht umfangreiches Programm. Einen breiten Raum nehmen darin erwartungsgemäß die Themen Verkehr und Stadtentwicklung ein. Die Grünen fordern massive Verbesserungen bei der Radverkehrsinfrastruktur und im ÖPNV, wollen sich für den Erhalt und Ausbau des Fernverkehrs einsetzen und verlangen eine Umweltspur für Radfahrer, Busse und Taxen auf dem Alleenring. Eine klares Bekenntnis zur Reaktivierung der Westtrasse gibt es ebenso wie die Forderung nach dem Bau neuer Haltepunkte entlang der Oststrecke, beispielsweise bei den Kaiserthermen und an der Aulbrücke in Trier-Süd. Die Grünen fordern zudem die Einführung von Tempo 30 in Saar- und Paulinstraße. Eine weitere Forderung: Der Augustinerhof vor dem Rathaus soll ein Platz mit Aufenthaltsqualität werden und nicht mehr allein als Parkplatz dienen.
Doch solcherart Forderungen klingen beinahe wenig ambitioniert verglichen mit dem, was die Grünen auch fordern – eine urbane Seilbahn als Teil des Nahverkehrsangebots. Derartiges wurde bereits vor Jahren im Zusammenhang mit dem damals noch geplanten Petrisberg-Aufstieg diskutiert und war auch Teil einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung im Auftrag der Stadtwerke. Nun greift die Partei das Thema wieder auf: „Eine Seilbahntrasse vom Petrisberg bis zum Industriegebiet in Sirzenich, mit Anbindung an die Westtrasse, würde viele unserer Verkehrsprobleme lösen. Eine zweite Achse vom Petrisberg über Mariahof und Castelnau bis nach Euren könnte bestehende und potentielle neue Wohngebiete problemlos erschließen“, hieß es ursprünglich im Entwurf für das Wahlprogramm. Doch das ging selbst einigen Grünen zu weit, gegen die Nennung konkreter Trassen formierte sich Widerstand. Kritiker führten unter anderem ins Feld, dass die vorgeschlagenen Trassen einen erheblichen Eingriff ins Stadtbild mit seinen Welterbestätten bedeuten würde. So wurden die Trassen-Varianten wieder gestrichen. Im Grundsatz halte man die Idee einer Seilbahn aber nach wie vor für zukunftsweisend, das gelte insbesondere für die Verbindung von Petrisberg und Talstadt.
von Marcus Stölb