Große Ratlosigkeit am Augustinerhof

Eine „Ergebnisverbesserung“ von 1,9 Millionen Euro soll die Stadt bewerkstelligen, und das noch im laufenden Jahr. Diese Auflage machte jetzt die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion bei ihrer Genehmigung für den Haushalt 2012. Wo das Geld herkommen soll, steht noch in den Sternen. Gegenüber 16vor kündigte OB Klaus Jensen (SPD) an, schon bald einen Konsolidierungsplan vorlegen zu wollen. Während die Grünen bereits erste konkrete Vorschläge machen, wirft die Linke der Kommunalaufsicht „Unverfrorenheit“ vor. Auch die Sozialdemokraten sind alles andere als begeistert ob der neuerlichen Konsolidierungsvorgabe: „Für uns ist aktuell nicht ersichtlich, wie das gehen soll“, so Fraktionschef Sven Teuber. Ähnlich äußert sich der Vorsitzende der CDU-Fraktion: Man sehe keine konkreten Möglichkeiten, auf die Schnell so viel Geld einzusparen, erklärte Dr. Ulrich Dempfle.

TRIER. Für einen Mann wie Martin Winterkorn wäre es ein Leichtes, das Geld aufzubringen. Der VW-Chef müsste lediglich auf etwas mehr als ein Zehntel seines Jahresgehaltes verzichten. Darauf kann und darf die Stadt nicht hoffen, doch zeigt der Vergleich: Was der Vorstandsvorsitzende des größten deutschen Automobilkonzerns binnen zwei Monaten verdient, vermag eine 104.000-Einwohner-Stadt nicht mehr aufzubringen.

1,9 Millionen Euro „Ergebnisverbesserung“ soll Trier noch in diesem Jahr erreichen, damit die Genehmigung des städtischen Haushalts wirksam wird. Ergebnisverbesserung – das steht für Einsparungen und/oder Gebührenerhöhungen. Beides ist unpopulär und nach Ansicht vieler in Rat und Verwaltung auch schier unmöglich. Zumal das Geld im Bereich der „freiwilligen Leistungen“ erwirtschaftet werden soll, also bei jenen Kostenstellen, die der Kommune nicht schon aufgrund bundes- oder landesgesetzlicher Regelungen vorgegeben sind. Im Klartext: Es geht ein weiteres Mal ans Eingemachte der kommunalen Selbstverwaltung. Der Spielraum, innerhalb dessen der Stadtrat eigene Akzente setzen kann, wird noch kleiner.

„Der Zuschussbedarf und damit das Defizit des freiwilligen Leistungsbereichs hat sich in der Planung für 2012 gegenüber dem Planwert des Nachtragshaushalts 2011 um ca. 1 Million Euro erhöht“, beschreibt ein Sprecher des Rathauses auf Anfrage die Ausgangssituation. In den kommenden Wochen werde die Verwaltung einen Konsolidierungsplan in Höhe von 1,9 Millionen Euro erarbeiten und den städtischen Gremien zur Entscheidung vorlegen, heißt es. „Angesichts des scharf kalkulierten Haushalts 2012 wird die Umsetzung der Auflage nicht leicht sein“. Für die Nennung einzelner Sparvorschläge sei es jedoch noch zu früh.

Das sehen die Grünen anders. Kaum hatte 16vor am Dienstag die Parteien um eine erste Stellungnahme zum ADD-Bescheid gebeten, da meldete sich Ratsmitglied Petra Kewes mit einem konkreten Vorschlag: „Einen solchen Betrag einzusparen, bedeutet, zumindest einen großen Posten zu kürzen“. Die Grünen seien deshalb dafür, die Million, um die der Etat für den Straßenunterhalt erhöht wurde, wieder zu kappen. „Diese Erhöhung wurde auf Antrag der CDU am zweiten Tag der Haushaltsberatung gegen die Stimmen der Grünen durchgesetzt“, so Kewes. Die weiteren  900.000 Euro bedeuteten „wahrscheinlich schmerzhafte Einbußen bei vielen kleineren Haushaltspositionen“, erwartet die Grüne und wird auch hier konkret: „Es werden dann zum Beispiel notwendige Personaleinstellungen statt 2012 erst zum 1. Januar 2013 erfolgen“.

Beim ehemaligen Ampelpartner SPD ist man „zunächst einmal erfreut, dass mit der Genehmigung des Haushaltes nun endlich die konkrete Arbeit der Verwaltung weitergehen kann und die Umsetzung vieler Projekte möglich wird“. Doch dann hat es sich schon mit der Begeisterung. „Trotz der großen und teils schmerzlichen Sparanstrengungen sollen nun noch einmal knapp 2 Millionen Euro eingespart werden. Für uns ist aktuell nicht ersichtlich, wie das gehen soll“, räumt Fraktionschef Sven Teuber offen ein und wird noch deutlicher: „Vielmehr erscheint uns der Haushalt in vielen Bereichen an seine Schmerzgrenze gekommen. Gerade in den Bereichen Soziales und Kultur, die oft leichtfertig als Streichopfer genannt werden, erscheint es uns doch arg schwierig, noch Einsparungen vorzunehmen“. Daher sei man sehr auf die Vorschläge des Stadtvorstands gespannt.

Bei der Linken nutzt man die Sparvorgabe der Kommunalaufsicht für eine Generalabrechnung: „Es ist eine Unverfrorenheit der ADD, weitere Kürzungen im kommunalen Haushalt zu fordern“, attackiert die Bundestagsabgeordnete und Linken-Fraktionschefin Katrin Werner die Behörde. Werner verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts: Die Koblenzer Richter hatten im Februar festgestellt, dass die Kommunen im Land zu wenig Geld erhalten. „Kürzungen beträfen dann wieder die Felder Soziales, Kultur und Sport – sprich an der sozialen Teilhabe wird gespart“, warnt die Linke und greift auch die rot-grüne Landesregierung an: „Während das Land Millionen im Nürburgring versenkt, müssen die Kommunen herbe Einsparungen durchmachen.“

Auch die Union ist skeptisch, ob sich die Vorgabe der Kommunalaufsicht umsetzen lässt. Man habe sich in den vergangenen Haushaltsberatungen „stets für den Weg der Konsolidierung eingesetzt“, so Fraktionschef Dr. Ulrich Dempfle, der „weitere, tiefergehende Einsparungen mittel- bis langfristig durch eine grundlegende Optimierung der Abläufe und Strukturen der Verwaltung“ für möglich hält. Mit Skepsis betrachte die CDU-Fraktion jedoch die von der ADD geforderten weiteren Einsparungen im laufenden Haushalt in Höhe von 1.9 Millionen Euro. „Wir sehen derzeit keine konkreten Möglichkeiten, um auf die Schnelle weitere Einsparungen vorzunehmen, da bereits der von uns beschlossene Haushalt ein Sparhaushalt mit dem niedrigsten denkbaren Ansatz war“. Die CDU sieht nun die Verwaltung am Zug, „konkrete Vorschläge zu machen, die wir sorgfältig prüfen und bewerten werden“.

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