FDP-Brief zur Skatehalle sorgt für Eklat

Die Trierer Skatehalle bleibt bis auf Weiteres geschlossen. Das kündigte Betreiber Axel Reichertz gegenüber 16vor an. Auslöser für seinen Schritt ist ein offener Brief der FDP. Darin kritisieren die Vorsitzenden von Partei und Ratsfraktion die Beteiligung der vom Verfassungsschutz beobachteten Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) sowie weiterer linker Gruppierungen an einem „Infoabend“. Wörtlich bezeichnen die Liberalen das „Projekt X“ als „Anlauf- und Rückzugsort für Extremisten“. Reichertz erklärte, er distanziere sich von jeder Form von Extremismus und Gewalt. Allerdings wolle er sich nicht in eine „Schlammschlacht“ hineinziehen lassen und lege deshalb sein Ehrenamt nieder.

TRIER-WEST. Dass die SDAJ mit den Unterstützern der Trierer Skatehalle sympathisiert und deren Anliegen unterstützt, ist keine Neuigkeit. Schon im Januar, als Mitglieder der Trierer Skaterszene im Rathaus demonstrierten, waren auch Vertreter der marxistisch-leninistischen Gruppierung vor Ort und verteilten fleißig Flyer. Und weil 16vor dies nicht unerwähnt ließ, meldete sich ein Leser und warnte, das Projekt habe sich hier wohl „die falschen Freunde ausgesucht“. Woraufhin Axel Reichertz kurz und knapp konterte: „Habe keine Ahnung was SDAJ ist!“ Auch am Samstag meldete sich der Betreiber der Skatehalle per Leserkommentar zu Wort. Dieses Mal jedoch auf der Homepage der FDP, auf der Kreischef Tobias Schneider und der Vorsitzende der Stadtratsfraktion, Dr. Karl-Josef Gilles am Vortrag einen offenen Brief veröffentlicht hatten.

In dem Schreiben fahren die Freidemokraten schweres Geschütz auf: „Mit großer Verwunderung“ habe man „zuletzt einige Veröffentlichungen von Ihnen zu Unterstützer- und Kooperationsgruppen des ‚Projekt X‘ zur Kenntnis genommen“, heißt es dort. Schneider und Gilles führen vor allem seit dem 7. März auf der Homepage angekündigte wöchentliche Infoabende an, an denen verschiedene Gruppen teilnehmen; darunter die SDAJ, die Autonome Antifa Trier, der Infoladen Trier. „Da wir bislang keine Kenntnis von einer politischen Ausrichtung des ‚Projekt X‘ hatten, werden Sie unsere Verwunderung und unsere starke Sorge verstehen, dass sich unter den von Ihnen aufgeführten Gruppen auch zwei Organisationen aus dem Spektrum der extremen Linken befinden“, schreiben die Liberalen und ergänzen: „Die SDAJ (Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend) als Jugendorganisation der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz in seinem Bericht von 2007 im Bereich Linksextremismus geführt. Gruppen der Autonomen Antifa werden vom Verfassungsschutz des Landes Rheinland-Pfalz im Bericht für 2010 sogar dem Bereich des gewalttätigen Linksextremismus zugeordnet.“ Für die FDP sei es „inakzeptabel, wenn extremistische Gruppierungen, egal welcher Art, auf diesem Wege eine Plattform erhalten und von den Verantwortlichen auch noch als Unterstützer hofiert werden“.

Per Mail hatte die FDP vor einigen Wochen um Stellungnahme gebeten, doch die laut Reichertz mit dem Geschäftsführer des Palais e.V. abgestimmte Antwort vermochte Schneider und Gilles nicht zu überzeugen. Am 11. Mai hatte Reichertz geantwortet: „Das Projekt-X ist nicht politisch motiviert. Es gibt bestimmt Skater/innen mit Partei Hintergrund, aber wir skaten zusammen, das ist alles. Eine gegenseitige Unterstützung erfolgt nur durch eine gemeinsame Vorstellung – dass eine Skatehalle eine sinnvolle Ergänzung zum vorhandenen Angebot der Stadt Trier ist. Auch uns ist bei den Demos aufgefallen, dass es Gruppierungen gibt, die besser organisiert sind wie wir… Wir gehen nicht mit politischem Extremismus um. Nachhaltigkeit ist mein Thema. Mülltrennen, Recyling Papier, Strom sparen… wir suchen einen Ausweg aus der Krise, das ist alles. Wer alles unser Projekt gutfindet, können wir nicht beeinflussen“. Am Sonntagmorgen schrieb Reichertz auf der FDP-Homepage: „Dass sich z.B. die SDAJ uns anschließt – finde ich nicht schlimm. Die gehen ja auch bei einer Demo gegen die NPD mit… Gewaltpotential war da nie, sonst würde ich mich dagegen wehren!“

„Distanzieren Sie sich“

Bei der FDP sah man sich durch Reichertz Antwort vom 11. Mai bestätigt: „Für uns ist es nicht hinnehmbar, dass ein Projekt, das massiv durch die Möglichkeit zur Nutzung eines städtischen Gebäudes unterstützt wurde und das möglicherweise in Zukunft noch eine Ausweitung dieser Unterstützung anstrebt, ein Anlauf- und Rückzugsort für Extremisten ist“, schreiben Schneider und Gilles und verlangen: „Distanzieren Sie sich öffentlich in aller Deutlichkeit von extremistischen Ideen und extremistischen Gruppierungen, insbesondere von der SDAJ und der Autonomen Antifa.“

Dass manche der Ansichten der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend mehr als nur bedenklich sind, zeigt ein Blick auf die SDAJ-Homepage. So gedachte man im Januar gemeinsam mit 18 weiteren europäischen Jugendorganisationen des 20. Jahrestags der „Konterrevolution“ sowie der „Auflösung der UdSSR und der Zerschlagung des Sozialismus“  – und feierte die Oktoberrevolution von 1917 als „Ausgangspunkt für eine der größten Errungenschaften der Zivilisation in der Geschichte der Menschheit, für die Abschaffung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen“. Ein kritisches oder gar verurteilendes Wort zu den massenhaften Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die im Namen und Auftrag Lenins, Stalins oder Breschnews begangen wurden, sucht man vergebens. Stattdessen schwadroniert die SDAJ weiter mit Sätzen wie „20 Jahre lang wächst jetzt unsere Generation unter den Bedingungen der Verfälschung der historischen Wahrheit, des Antikommunismus und der Lügen auf. Durch Lehrbücher in den Schulen, durch die Zeitungen und die Radio- und Fernsehsender dröhnt die Bourgeoisie und versuchen ihre Mechanismen derzeit, die Geschichte umzuschreiben“.

Für Reichertz brachte der offene Brief der FDP das Fass zum Überlaufen. Die Skatehalle ein Hort von Extremisten? Im Gespräch mit 16vor wehrte er sich am Sonntagabend gegen die Vorwürfe der Liberalen: „Die Skatehalle Trier distanziert sich natürlich von rechts- und linksradikalen Parteien“, erklärte er, fügte aber auch hinzu: „Ich persönlich sympathisiere mit der Antifa und ich möchte nicht von der FDP in eine Schlammschlacht gezogen werden“. Deshalb lege er sein Ehrenamt nieder und werde nun OB Klaus Jensen (SPD) um Rat fragen. Auf Nachfrage erläuterte er, dass eine andere Struktur für das Projekt geschaffen werden müsse. Er sei, auch vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse, nicht mehr willens und imstande, weiterhin ehrenamtlich die Verantwortung für die Skatehalle zu tragen.

Zugleich machte er aber deutlich, dass er nach wie vor dabei mithelfen wolle, eine dauerhafte Lösung für das „Projekt X“ zu finden. Er habe in den vergangenen Jahren sehr viel Zeit und auch Geld in dieses Ziel gesteckt und sehe sich hier vor allem in der Verantwortung gegenüber den vielen Skatern, die das „Projekt X“ nutzen. „Da es zur Zeit noch keine Ersatzperson für meine Position gibt, bleibt die Skatehalle bis auf Weiteres geschlossen“, so Reichertz.

Print Friendly, PDF & Email

von

Schreiben Sie einen Leserbrief

Angabe Ihres tatsächlichen Namens erforderlich, sonst wird der Beitrag nicht veröffentlicht!

Bitte beachten Sie unsere Kommentarrichtlinien!

Noch Zeichen.

Bitte erst die Rechenaufgabe lösen! * Time limit is exhausted. Please reload the CAPTCHA.