Expansion auf dem Trierer Grüneberg

Würde morgen die Kanzlerin zurücktreten, Thomas de Maizière wäre wohl ihr wahrscheinlichster Nachfolger. Am Dienstag besuchte der Bundesverteidigungsminister Trier. Genau genommen weilte er nur auf dem Grüneberg, der zweieinhalbstündige Besuch galt der dortigen Wehrtechnischen Dienststelle für Kraftfahrzeuge und Panzer (WTD 41). Der Standort auf dem Kürenzer Plateau zählt zu den Gewinnern der Bundeswehrreform und soll in den kommenden Jahren deutlich aufgerüstet werden. „Hier wird wichtige Arbeit für die Qualität und Sicherheit der Soldaten geleistet“, sagte de Maizière. Nun ist ein neues Klimazentrum für Tests bei Extremtemperaturen vorgesehen, zudem scheint denkbar, dass schon bald auf der Mosel bei Monaise Sturmboote unterwegs sein werden.

TRIER. Zwölf Prozent Steigung sind zu überwinden, und schon die Beschaffenheit des Fahrbahnbelags macht deutlich, dass der Kolonnenweg in Kürenz zu einer eher außergewöhnlichen Einrichtung führt – der WTD 41. Mehr als 200 Hektar hat die Bundeswehr auf dem Grüneberg in Beschlag genommen. Obwohl nur einige Hundert Meter Luftlinie vom nächsten Stadtteil entfernt, bekommen im Tal nur wenige etwas davon mit, was sich hier oben tagtäglich abspielt. Auf dem Plateau wurde bislang so ziemlich jedes Ketten- und Radfahrzeug getestet, das die Bundeswehr seit den 1960er-Jahren in Dienst genommen hat. Bevor die Panzer und Radfahrzeuge zum Einsatz kommen, werden sie auf dem Grüneberg an ihre fahrleistungstechnischen Grenzen gebracht.“Einsatznahe Erprobung“ nennt das die Bundeswehr.

Nah am Geschehen ist an diesem Tag auch der Bundesverteidigungsminister. Thomas de Maizière macht auf seiner Sommerreise Station in der Moselstadt, später wird er zum Heeresführungskommando nach Koblenz weiterfliegen. Entspannt und gut aufgelegt gibt er sich nach der Landung auf dem Grüneberg. Der gebürtige Bonner ist einer der ganz wenigen Minister im Kabinett Merkel, die noch nicht mit Skandalen, Pannen oder politischen Patzern von sich reden gemacht haben. Obwohl erst 58 Jahre alt, hat er schon an der Spitze von fünf Landesministerien gestanden. In Berlin managte er das Kanzleramt, übernahm dann zunächst das Schlüsselressort Inneres, bevor er nach Guttenbergs Rücktritt das Verteidigungsministerium übernahm. An seinen Vorgänger fühlt man sich zu allerletzt erinnert, wenn man de Maizière gegenüber steht.

„Sie sind hier zu Hause“, begrüßt der Christdemokrat den Trierer SPD-Bundestagsabgeordneten Manfred Nink (SPD), der in seinem früheren Leben tatsächlich einmal auf der WTD arbeitete. Anschließend lässt der Minister sich von den Experten erklären, wie die Tests ablaufen. Gemeinsam mit einem Tross aus Kommunalpolitikern wie Landrat Günther Schartz und Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani (beide CDU) sowie den Pressevertretern erklimmt der Minister jetzt eine Aussichtsplattform. Die Blicke schweifen über eine Betonpiste mit allerlei Unebenheiten – das ist so gewollt, schließlich kommen auf Federung und Dämpfer auf den Prüfstand. Und natürlich darf auch der „Leopard 2“ nicht fehlen an diesem Tag, mit rund 50 Stundenkilometern heizt der Kampfpanzer vorbei.

Sturmboote auf der Mosel?

Der „Leo“, wie das martialische Gefährt bisweilen verniedlichend genannt wird, gilt manchen als das Aushängeschild der deutschen Rüstungsindustrie schlechthin. Auch am Persischen Golf schwärmt man bekanntlich von dem Panzer, das autokratische Regime in Riad soll sein Interesse am Kauf von mehr als 200 Expemplaren bekundet haben. Bis heute hat die Bundesregierung nicht bestätigt, dass der Bundessicherheitsrat eine entsprechende Voranfrage der Saudis positiv beschieden hat. Vor wenigen Wochen nun berichtete Spiegel Online, dass die saudischen Militärs den Kampfpanzer bereits testeten, und dass hierbei auch ein Bundeswehroffizier beratend zur Stelle sei.

Auf dem Grüneberg ist man derweil bestrebt, zwischen dem unbestätigten „Leo“-Kaufinteresse der Saudis und der eigentlichen Bestimmung der Anlage zu unterscheiden : Die WTD diene ausschließlich der Erprobung von Fahrzeugen, die bei der Bundeswehr zum Einsatz kommen. Allenfalls Fahrzeuge von Nato-Mitgliedsstaaten würden auch getestet, sofern dies politisch gewollt sei. Und dann gebe es da noch den Fall, dass zivile Hersteller von Lastkraftwagen die WTD nutzten – „gegen Entgelt und nur im Rahmen der Kapazitäten“, betont ein Sprecher und fügt hinzu: „Die Truppe geht immer vor“. Aktuell arbeitet man gemeinsam an der Entwicklung des neuen Schützenpanzers „Puma“, ein Projekt, das federführend von „Rheinmetall“ und „Kraus-Maffei Wegmann“ realisiert wird. Die Tests in Trier haben schon zu einigen bedeutenden Modifikationen geführt.  Auch der „Leopard 2“ wurde und wird auf dem Grüneberg getestet, doch tritt man dort entschieden dem Eindruck entgegen, Rüstungshersteller könnten ihre Fahrzeuge hier noch einmal eigens für spezielle Anforderungen testen lassen, um so deren Exportchancen zu erhöhen.

An Aufträgen mangelt es den Mitarbeitern auf dem Grüneberg offenbar ohnehin nicht, und weil de Maizière im Rahmen der Bundeswehrreform beschlossen hat, dass der Standort Trier aufgewertet werden soll, scheint dessen Zukunft für die nächsten Jahre gesichert. Der Minister kündigte an, dass in die WTD 41 massiv investiert werden soll. So ist der Bau eines bundesweit bislang einzigartigen Klimazentrums vorgesehen. In dieser Anlage sollen Fahrzeuge unter extremen Temperaturbedingungen geprüft werden, zwischen minus 50 und plus 70 Grad Celsius werde die Spanne reichen. Außerdem geplant: die Realisierung eines multiaxialen Schwingungsprüfstands, auf dem 4-Achs-Radfahrzeuge mit einem Gewicht von maximal 45 Tonnen getestet werden können. Wie viel Geld diese und weitere Maßnahmen kosten und wann sie verwirklicht werden sollen, das sei noch unklar, erklärte der Minister auf Nachfrage. Bei der WTD spricht man von einem zweistelligen Millionenbetrag, der in jedem Fall benötigt werde.

Trier profitiert hierbei auch von der beschlossenen Auflösung der WTD 51 in Koblenz. Nicht nur, dass der Standort von derzeit rund 360 auf dann 430 Beschäftigte anwachsen wird – in Trier könnten in nicht allzu ferner Zukunft auch Sturm- und Luftkissenboote getestet werden. So werde geprüft, ob eine Kooperation mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) möglich ist, das in der Nähe der Moselschleuse einen Standort hat. Entschieden sei aber noch nichts, hieß es.

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