„Es muss nicht gespart werden“

Mit einem neuen Vorstand samt Doppelspitze hat sich die Trierer Linke personell für die Wahlkämpfe der kommenden beiden Jahre formiert. Auf einer Mitgliederversammlung des Kreisverbands Trier-Saarburg wurde Parteichefin Katrin Werner am Samstag mit klarer Mehrheit in ihrem Amt bestätigt. Werner will im Herbst 2013 auch wieder für den Bundestag kandidieren. Gemeinsam mit Marc-Bernhard Gleißner bildet sie künftig eine Doppelspitze. In mehreren Resolutionen bezogen die Linken auch inhaltlich Stellung. „Die kulturpolitische Bilanz der Stadt Trier in den letzten drei Jahren ist verheerend“, kritisierte Gleißner. Die Partei sprach sich erneut für die Einführung einer „Sozialcard“ aus und erteilte der Schließung von Schulen eine kategorische Absage.

TRIER. Turbulente Jahre liegen hinter der Trierer Linken, Parteiaustritte und Mandatsverzichte prägten die erste Halbzeit der aktuellen Kommunalwahlperiode. Diese Querelen bekomme man wohl noch so lange vorgehalten, wie Lafontaines Rücktritt als Bundesfinanzminister, bemerkte Marc-Bernhard Gleißner am Samstagmittag erheitert gegenüber dem Pressevertreter. Der 28-Jährige nimmt es mit Humor, konnte er doch nun demonstrieren, was er auch später als eines der großen Verdienste des bisherigen Vorstands herausstellte: „Wir haben Ruhe und Stabilität in den Kreisverband gebracht“, nahm er für sich und seine Genossen in Anspruch, „wir haben gelernt, unsere Konflikte intern zu lösen“.

Die kommunalpolitische Bühne bietet bekanntlich der Stadtrat, dort sind die Linken seit der letzten Kommunalwahl mit zwei Mitgliedern vertreten. Katrin Werner und Linde Andersen bilden die Fraktion. „Es gibt immer noch Leute die denken, die Linken seien nicht ganz koscher“, beschrieb Andersen in der ihr eigenen Art, wie sie die Stimmung im großen Ratssaal wahrnehme; doch, ergänzte sie,  „sogar die CDU wird langsam weicher“, während die Liberalen „noch ein paar Schwierigkeiten“ mit ihr und Werner hätten und „manchmal Böswilligkeit“ an den Tag legten. Davon lasse man sich aber nicht beeindrucken, betonte die Trier-Westerin.

Ob die neue parteiinterne Sachlichkeit auch bei jenen Wählern ankommt, die der Linken 2009 ihre Stimme gaben, wird sich 2013 und 2014 entscheiden. In den kommenden beiden Jahren habe man so ziemlich jede Wahl zu bestehen, stimmte Gleißner seine Genossen schon mal auf eine arbeitsreiche Zeit ein. So steht im Herbst nächsten Jahres die Bundestagswahl an: Katrin Werner, der 2009 über die Landesliste ihrer Partei der Sprung in das Berliner Parlament gelang, hat bereits angekündigt, erneut antreten zu wollen. 2014 folgt die Kommunalwahl, die wohl zeitgleich mit der Europawahl stattfinden wird. Wenige Monate später steht dann auch die OB-Wahl auf dem Programm. Ob die Linken einen eigenen Bewerber ins Rennen um den Chefsessel am Augustinerhof schicken werden, ist bislang unklar.

„Wie Schafe dazu zu führen, sich selber zu schlachten“

Klar ist seit diesem Samstag, dass Werner den mehr als 100 Mitglieder zählenden Kreisverband weitere zwei Jahre führen soll. Die 39-Jährige wurde mit 17 von 20 Stimmen in ihrem Amt bestätigt. Gemeinsam mit Gleißner bildet sie künftig eine Doppelspitze. Der Promotionsstudent kam auf 80 Prozent Zustimmung, bereits von 2006 bis 2008 bildete er mit Werner das Linken-Führungsduo. Durchweg gute Ergebnisse erzielten auch die weiteren Kandidaten für den geschäftsführenden Kreisvorstand: Daniel Flock, Werners Büroleiter und Mitglied im Dezernatsausschuss IV, wurde zum Kreisschatzmeister gewählt, Christian Lehberger amtiert als Schriftführer. Als Beisitzer komplettieren Benjamin Berndt, Klaus Peter Breuer aus Hermeskeil, Timothy Sanoske, Ralf Schulte und Wolfgang Schmitt den Vorstand.

Der wird sich im nächsten Jahr an das Formulieren eines Kommunalwahlprogramms machen müssen, doch erste Akzente wollte man schon jetzt setzen. So ging Gleißner insbesondere mit der Arbeit von Kulturdezernent Thomas Egger (FDP) hart ins Gericht. „Die kulturpolitische Bilanz der Stadt Trier in den letzten drei Jahren ist verheerend“, heißt es in einer von ihm maßgeblich formulierten und vorgestellten Resolution. Der neue Kreisvize führte die Abschaffung der Antikenfestspiele ins Feld, beklagte aber auch, dass das versprochene neue Konzept für „Brot und Spiele“ weiter auf sich warten lasse. Dem in der vergangenen Woche vom Bundesverwaltungsgericht zu Fall gebrachten „Kultur-Euro“ bescheinigte Gleißner, dass die durch ihn erzielten Mehreinnahmen zum „Bezahlen von Schulden zweckentfremdet“ worden seien, statt das Geld in eine zukunftsfähiges Kulturkonzept zu investieren. „Einsparungen im Bereich der Kultur-, Sport- und Freizeiteinrichtungen werden kategorisch abgelehnt“, verlangen die Linken in ihrer Resolution gegen „Kulturkahlschlag“.

Das mit dem „kategorisch“ ging mindestens zwei Versammlungsteilnehmern zu weit. Es gebe schließlich durchaus Bereiche, in die viel Geld flösse, das manchmal nicht gerechtfertigt erscheine. Eine Genossin hielt dem entgegen, dass es aus ihrer Sicht generell keinen Anlass für Sparanstrengungen gebe: „Es muss nicht gespart werden. Das Geld ist da, es muss nur anders verteilt werden“. Kategorisch wurde die Partei auch in ihrer Resolution „Inklusion und Bildungspolitik in Trier“. Wörtlich heißt es dort: „Schulen müssen in Wohnnähe liegen. Sie brauchen kleine Klassen und einen guten Betreuungsschlüssel. Die Schließung von Grundschulen und Schulstandorten lehnen wir ab“. Auch die Realschule plus lehnen die Linken ab – „sie verschärft lediglich die sozialen Unterschiede und Hauptschulabschlüsse werden weiter erhalten“. Stattdessen müsse eine „Schule für alle“ her und mehr Lehrer, Sozialpädagogen, Schulpsychologen und Erzieher eingestellt werden – finanziert durch Landesgelder. Erneuert wurde auch die Forderung nach einer „Sozialcard“. Diese solle den „Zugang zum ÖPNV, zu Kultur-, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen für alle kostengünstig ermöglichen“.

Dass die Trierer Linke dem Thema Sparen wenig abgewinnen kann, verdeutlichte Gleißner, als er eine weitere Resolution begründete: „Für einen echten Bürgerhaushalt in Trier“. Bislang mangele es diesem an Transparenz, sei der Bürgerhaushalt „nicht mehr als eine Ideensammlung von Bürgerinnen und Bürgern“. Es dürfe nicht sein, dass sich die Trierer lediglich mit Vorschlägen einbringen könnten, ihnen weitere Partizipationsmöglichkeiten aber verwehrt blieben. Dass die Stadt die Bürger im vergangenen Jahr dazu aufrief, ausschließlich Vorschläge für Einsparungen zu machen, missfiel Gleißner besonders: Dass sei wie der Versuch, „die Schafe dazu zu führen, dass sie sich selber schlachten“.

Print Friendly, PDF & Email

von

Schreiben Sie einen Leserbrief

Angabe Ihres tatsächlichen Namens erforderlich, sonst wird der Beitrag nicht veröffentlicht!

Bitte beachten Sie unsere Kommentarrichtlinien!

Noch Zeichen.

Bitte erst die Rechenaufgabe lösen! * Time limit is exhausted. Please reload the CAPTCHA.