Erst Vollsperrung, dann Stundentakt

Insgesamt elf Wochen wird die einzige Schienenverbindung zwischen Deutschland und dem benachbarten Großherzogtum gesperrt sein. Wenn im Mai und Juni diesen Jahres nichts mehr fährt zwischen Igel-West und Wasserbillig, wird dies vor allem Bahn reisende Grenzgänger treffen. Eine weitere mehrwöchige Vollsperrung steht im Spätherbst an und soll zum 13. Dezember wieder aufgehoben werden. Denn nur einen Tag später, zum nächsten Fahrplanwechsel von Europas Eisenbahnen, startet der Rheinland-Pfalz-Takt 2015. Und weil dieser deutliche Verbesserungen für den regionalen Schienenverkehr nach Luxemburg bringen soll, kann sich die Deutsche Bahn AG keinerlei Verspätung bei den Bauarbeiten leisten. Alles andere wäre eine Blamage gegenüber den Luxemburgern, ohne deren finanzielle Unterstützung der zweigleisige Ausbau auf deutscher Seite nie realisiert würde. Unterdessen läuft eine Online-Petition gegen die Einstellung des verbliebenen Fernverkehrs von und nach Trier.

TRIER/LUXEMBURG. Die Arbeiten sind schon in vollem Gange, wer mit dem Zug die Baustelle westlich von Igel passiert, kann sich ein Bild davon machen. Noch aber fließt der Bahnverkehr zwischen Trier und Luxemburg, pendeln Triebwagen und Doppelstockzüge zwischen den beiden Schwesterstädten und bringen täglich Hunderte Grenzgänger von der Moselstadt und dem Raum Konz in die Hauptstadt des Großherzogtums und wieder zurück in die Heimat. Doch schon in wenigen Monaten müssen sich Pendler, die auf die Bahn angewiesen sind, auf einige Umwege gefasst machen. Denn am 2. Mai wird die Strecke zwischen den beiden Ländern voll gesperrt, und erst acht Wochen später, am Morgen des 28. Juni, soll die Vollsperrung wieder aufgehoben werden. Allerdings auch dann nur vorübergehend, wie ein Bahn-Sprecher am Dienstag gegenüber 16vor bestätigte. Denn vom 22. November bis 13. Dezember folgt die zweite Vollsperrung.

Nur so lassen sich nach Darstellung des Konzerns die zahlreichen geplanten Maßnahmen im Zuge des Projekts umsetzen. So wird die derzeit bestehende Straßenbrücke der Bundesstraße B 49 unmittelbar hinter dem Ortsausgang von Igel abgerissen. Zudem wird ein rund ein Kilometer langes Gleis zwischen Wasserbillig und Igel neu verlegt sowie das Gleis 202 (sic!) im zwei Gleise zählenden Bahnhof Igel neu gebaut. Geplant sei zudem der Neubau diverser Weichen und die Anpassung der Oberleitung und der Leit- und Sicherungsgtechnik. „Bei Bahnkilometer 17,822 wird eine Hilfsbrücke für die K3 eingebaut, bei Kilometer 17,737 eine neue Eisenbahnüberführung über den Bach, bei Kilometer 17,353 eine neue Eisenbahnüberführung über den dortigen Fuß- und Radweg gebaut. Außerdem werden als Durchlässe bei Kilometer 16,624 der Jattbach verrohrt und am Mühlengraben bei Kilometer 17,728 das Gewölbe neugebaut“, erläutert der Konzernsprecher en detail die weiteren Maßnahmen. So dürfte denn auch der Radverkehr zwischen Igel und Wasserbillig für eine geraume Zeit eingeschränkt sein. Was vielleicht noch verkraft wäre, stünde neben den Bahn- nicht auch dem Autoverkehr eine mehrwöchige Vollsperrung ins Haus: So wird die Bundesstraße 49 vom 2. bis 23. Mai voll gesperrt, da in diesem Zeitraum die Straßenbrücke über die Bahntrasse abgerissen, ein neues Brückenbauwerk eingeschoben und der Fahrbahnbelag wieder hergestellt wird. Heißt im Klartext: Wer geglaubt hatte, als Nutzer der Pendlerlinien 117 und 118 des luxemburgischen Unternehmens Voyages Emil Weber von den Bauarbeiten nicht beeinträchtigt zu werden, hat Pech. Man habe noch keinerlei Kenntnis, wie der Verkehr in den betroffenen Wochen umgeleitet werde, erklärte ein Firmensprecher gestern auf Anfrage gegenüber 16vor. Das müsse letzten Endes das Transportministerium entscheiden, in dessen Auftrag die Luxemburger unterwegs sind.

19,8 Millionen Euro soll die Gesamtmaßnahme kosten, zum Fahrplanwechsel 2014/2015 soll sie abgeschlossen sein. Das bedeutet: Am 14. Dezember muss der Bahnverkehr wieder fließen, alles andere brächte die Bahn AG und auch die luxemburgische Staatsbahn CfL arg in die Bredouille. Denn an besagtem Tag soll so etwas wie eine neue Zeitrechnung im grenzüberschreitenden Bahnverkehr eingeläutet werden, dann – so der Stand der Planungen, werden stündlich Züge zwischen Koblenz über Trier nach Saarbrücken und Luxemburg verkehren. Die Luxemburger haben acht Doppelstockzüge vom Typ „KISS“ des schweizerischen Herstellers Stadler Rail geordert. Die Fahrzeuge bieten annähernd 300 Passagieren Platz. Das Konzept des Rheinland-Pfalz-Taktes sieht vor, dass die „KISS“-Züge von Luxemburg aus kommend in Trier mit den aus Saarbrücken kommenden „FLIRT“-Zügen gekoppelt werden und dann in einer Garnitur weiter nach Koblenz fahren. In entgegengesetzter Richtung werden die Triebwagen in Trier wieder getrennt, der eine Teil fährt bis Luxemburg weiter, der andere nach Saarbrücken. So wird es zum nächsten Fahrplanwechsel von Trier aus stündliche Regionalexpress-Verbindungen in alle drei Städte und über Saarbrücken hinaus bis nach Kaiserslautern geben.

Voraussetzung ist, dass es in den kommenden Monaten nicht zu Verzögerungen kommt. Der Ausbau der Bahnstrecke kommt schon jetzt deutlich später als erwartet. 2007 hatten der damalige Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee sowie seine Amtskollegen aus Luxemburg und Rheinland-Pfalz vereinbart, dass die durchgängige Zweigleisigkeit ins Großherzogtum bis spätestens 2012 realisiert wird. Doch dann legte Tiefensees Nachfolger Peter Ramsauer das Projekt erst einmal auf Eis und zweifelte dessen Nutzen an. In Luxemburg war man nicht amüsiert, und auch Ramsauers Bundestagskollege Bernhard Kaster (CDU) wollte die Entscheidung nicht hinnehmen. Dass nun doch gebaut wird, ist indes vor allem der luxemburgischen Seite zu verdanken. Die Regierung des zwischenzeitlich abgelösten Premiers Jean-Claude Juncker sagte zu, 8 der 19,8 Millionen Euro beizusteuern. Ohne diese Finanzspritze des Nachbarlandes wäre das zweite Gleis wohl auf der Strecke geblieben.

Wie nach Lage der Dinge der letzte verbliebene Rest an Fernverkehr von und nach Trier auf der Strecke bleiben wird. Die Bahn AG hat angekündigt, ab Dezember 2014 keine IC-Züge mehr an die Mosel und nach Luxemburg zu schicken. Gegen diese Entscheidung machen derzeit die Initiatoren einer Online-Petition Mobil.

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