Ein Sitz mehr für die FDP, einen weniger für die CDU

Wenn im Mai ein neuer Stadtrat gewählt wird, dürfte der schon bei den vorherigen Urnengängen recht unhandliche Wahlzettel noch einmal größer ausfallen. Nicht nur, dass sich mehr Parteien als je zuvor um Sitze am Augustinerhof bewerben werden – das im vergangenen Jahr vom Landtag geänderte Kommunalwahlgesetz verlangt auch eine ganze Reihe von „Zusatzinformationen“. So muss auf dem Stimmzettel der Artikel 3 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes ebenso abgedruckt werden, wie der jeweilige Geschlechteranteil auf den ersten 28 Plätzen der Listen. Und noch etwas ändert sich: die Zuteilung der Ratssitze. Kam vor fünf Jahren noch „Hare-Niemeyer“ zum Einsatz, werden die Mandate nun nach einem „Divisorverfahren mit Standardrundung“ zugeteilt. Gemessen am letzten Wahlergebnis müsste die CDU einen Sitz abgeben, FDP und FWG lägen hingegen nun gleichauf  – und das, obwohl Liberale und Freie Wähler 2009 fast 17.000 Stimmen trennten.

TRIER. Mit Mathematik hat es der Verfasser dieser Zeilen nicht. Allerdings muss man auch kein großer Rechenkünstler sein um zu erkennen, dass diese Änderung Verlierer und Gewinner nach sich ziehen wird. Da genügt schon ein Blick auf die Tabelle, die Guido Briel erstellt hat. Briel arbeitet im Bürgeramt des Rathauses und ist für die Vorbereitung der Kommunalwahl zuständig. Wie sich denn das neue Sitzzuteilungsverfahren auswirken würde, wenn man das Wahlergebnis vom letzten kommunalen Urnengang zugrunde lege, wollte 16vor von ihm wissen. Briel begann zu rechnen.

Als am frühen Abend des 8. Juni 2009, am Tag nach der Kommunalwahl also, sämtliche Stimmen ausgezählt waren, hatte die CDU mit 19 Mandaten ihre Stellung als stärkste Kraft im Rat noch klar behauptet. Das würde sie auch nach dem neuen Verfahren, allerdings fiele der Abstand zur SPD jetzt geringer aus. Die Genossen hatten damals 15 Sitze gewonnen. Einen verloren sie während der Wahlperiode an die FWG, weil Ratsmitglied Peter Spang Partei und Fraktion verließ und die Seiten wechselte. Dafür konnten Thomas Hare und Horst F. Niemeyer jedoch herzlich wenig.

2014 kommt nun erstmals ein nach dem französischen Mathematiker André Sainte-Laguë und dem deutschen Physiker Hans Schepers benanntes Verfahren zum Einsatz. Die Konsequenz: Die CDU käme gemessen am Wahlergebnis von 2009 nur noch auf 18 Sitze. Die Liberalen, deren damaliger Kreischef Thomas Egger am Tag nach der Wahl seine Enttäuschung über die gerade mal vier Ratsmandate kaum verhehlen wollte, käme hingegen jetzt auf fünf Mandate. Allerdings wären die Freidemokraten inzwischen bekanntlich wieder bei vier Sitzen angelangt, wechselte doch vor wenigen Wochen auch Felix Brand die Seiten und schloss sich der FWG an. Da sich das geänderte Verfahren nicht nur auf die Zusammensetzung des Stadtrats, sondern auch auf die der Fachausschüsse auswirken wird, könnte das Ganze noch einmal spannend werden; erst recht, wenn es im Mai ein knappes Ergebnis zwischen zwei Lagern geben sollte.

Zu Erinnerung: Als vor fünf Jahren SPD, Grüne und FDP ihr „Ampelbündnis“ bildeten, verfügten sie lediglich über eine Mehrheit von 29 von 56 Sitzen. Bei der Wahl zur Bürgermeisterin erhielt Angelika Birk (B90/Die Grünen) im Herbst 2009 gerade mal 28 Stimmen, Wirtschafts- und Kulturdezernent Thomas Egger (damals noch FDP) kam auf 29. Zwei Abweichler, und Birk wie auch Egger wären arg in die Bredouille gekommen. Wäre das Sainte-Laguë-/Schepers-Verfahren schon damals angewandt worden, die Mehrheit für Rot-Grün-Gelb wäre mit 30 Stimmen ein klein wenig komfortabler ausgefallen.

In vier Monaten werden die Karten nun neu gemischt, dann können die Trierer einen neuen Stadtrat wählen. Wie dieser Urnengang ausgehen wird, ist noch völlig offen, doch manche Tendenzen zeichnen sich schon ab. So wird es mit der Alternative für Deutschland (AfD), der Piratenpartei und eventuell auch der Spaßgruppierung Die Partei bis zu drei zusätzliche Bewerber um Ratssitze geben – neben CDU, SPD, Grünen, FDP, FWG, Die Linke und NPD. Damit sind Hunderte Namen auf dem Wahlzettel programmiert. Und weil seit 1989 in Rheinland-Pfalz kumuliert und panaschiert werden darf, sprich bis zu drei Stimmen auf einen Bewerber angehäuft und auch Kandidaten auf verschiedenen Listen gewählt werden dürfen, dürfte das Auszählen gleich noch einmal länger dauern als beim letzten Mal. Bemerkenswert ist: Obwohl das Wahlsystem eher komplizierter wurde, gab es 2009 „nur“ 751 ungültige Wahlzettel; 1984, beim letzten Urnengang ohne die Möglichkeit des Panaschierens und Kumulierens, waren es noch 1.407 gewesen. Allerdings lag die Wahlbeteiligung damals weitaus höher gelegen haben als die kläglichen 45,4 Prozent, die bei der Stadtratswahl vor fünf Jahren zur Wahl gingen.

Neben zusätzlichen Listen werden die Wähler auf dem Wahlzettel dieses Mal noch weitere Informationen vorfinden. So schreibt das im vergangenen Mai zum 16. Mal geänderte rheinland-pfälzische Kommunalwahlgesetz vor, dass bis zu dem Platz, der der Hälfte der in der Wahl zu vergebenden Plätze entspricht, Angaben zum Geschlechteranteil gemacht werden müssen. In Trier bedeutet dies: Zu jeder einzelnen Liste wird nun auf dem Wahlzettel stehen, wie hoch der prozentuale Anteil von Frauen und Männern auf den ersten 28 Plätzen ist. „Frauen und Männer sollen gleichmäßig in den Vertretungskörperschaften repräsentiert sein (Geschlechterparität). Bei der Aufstellung der Wahlvorschläge sind die Parteien und Wählergruppen aufgefordert, Geschlechterparität anzustreben“, lautet das erklärte Ziel im Gesetz. Und damit der Wähler eine Ahnung davon bekommt, wie es um die Geschlechterparität im aktuellen Stadtrat bestellt ist, muss auf dem Wahlzettel auch der Geschlechteranteil „zwei Monate vor der Wahl“ ausgewiesen werden.

Knapp vier Monate vor der Wahl gehören dem Stadtrat 56 Prozent Männer und 44 Prozent Frauen an. Am Geschlechterverhältnis konnten auch die Seitenwechsel von Felix Brand und Peter Spang nichts ändern. Nur der Ausschluss des NPD-Vertreters hatte Auswirkungen – zugunsten des Frauenanteils.

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