Eine weitere Shopping-Passage für Trier?

Triers Einzelhändler müssen sich warm anziehen. Zahlreiche Städte in der Großregion rüsten mit neuen Konsumtempeln auf. Konkurrenz droht vor allem aus Luxemburg, wo fast 150.000 Quadratmeter neue Verkaufsfläche entstehen werden. Im Rathaus hat man bis dato kein Konzept, wie den neuen Mitbewerbern Paroli geboten werden soll. Die Gespräche über ein regionales Einzelhandelskonzept kamen bislang über unverbindliche Absichtserklärungen nicht hinaus, und der Wirtschaftsdezernent erklärt, die Stadt habe kein Geld für eine spürbare Aufwertung der City. Mehr Geld hat offenbar die ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG: Das Unternehmen, das fast 140 Einkaufszentren von Madrid bis Moskau betreibt, hat auch Trier schon seit längerem im Visier. „Wir halten Trier für eine interessante Stadt und sind  immer wieder dabei, verschiedene Standortalternativen zu prüfen“, erklärte ein ECE-Sprecher jetzt gegenüber 16vor.

TRIER/LUXEMBURG.  Ein Name fällt immer, und würde man unter jüngeren und jung gebliebenen Trierern eine Umfrage starten, dann stünde dieser Ansiedlungswunsch wohl ganz weit oben: Ikea. Dass das schwedische Einrichtungshaus demnächst eine Filiale an der Mosel eröffnen könnte, dafür gibt es derzeit jedoch keine Anzeichen.  Die nächsten Neueröffnungen stehen laut Unternehmensangaben in diesem Monat im finnischen Kuopio und im chinesischen Wuxi an. Das ist sehr weit weg und doch geisterte der Name „Ikea“ vergangene Woche auch durch die Redebeiträge im Trierer Rathaussaal. Der Steuerungsausschuss beriet den Sachstandsbericht „Regionaler Dialog Einzelhandel“. Im Kern geht es darum, ob und wie sich das Oberzentrum Trier und die in der Region liegenden Mittelzentren wie Bitburg, wo im kommenden Jahr die 12.000 Quadratmeter Verkaufsfläche große „Bit-Galerie“ öffnen soll, Gerolstein oder Prüm bei der Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel abstimmen könnten.

Wer das Protokoll der Auftaktveranstaltung liest, verliert rasch den Glauben, dass der Dialog alsbald zu greifbaren Ergebnissen führen könnte. „Grundsätzlich zu begrüßen“ sei das Vorhaben ja, meinte etwa Mathilde Weinandy (CDU), Bürgermeisterin der Stadt Prüm, um sogleich zu verlangen: Dann müssten sich aber alle Teilnehmer „die Treue schwören“. Wobei Weinandy auch überzeugt ist, dass ein solcher „Treueschwur“ nicht lange halten würde, wie sie offen kundtat. Schließlich wolle jede Gemeinde ihre eigenen Interessen verfolgen. Der Bürgermeister von Bernkastel-Kues, Wolfgang Port, äußerte sich ähnlich: Letzten Endes müsse jede Stadt selbst entscheiden, welche Entwicklung sie nehmen wolle, gab der Christdemokrat zu Protokoll. Man kann das Kirchturmpolitik nennen, oder einfach nur realistisch. Denn im Wettbewerb mit dem Oberzentrum und anderen Mittelzentren muss tatsächlich jede Kommune schauen, wo sie bleibt; steht ein potenzieller Investor auf der Matte, dürfte auch kaum ein Wähler vor Ort goutieren, wenn man zugunsten der Großstadt auf die Ansiedlung verzichten würde.

ECE-Passagen in Koblenz, Kaiserslautern und Saarbrücken

Dass Triers Einzelhandel in den kommenden Jahren von mehreren Seiten in die Zange genommen wird, dafür sprechen viele Zahlen. Und anders als die bis heute nicht eingetretenen Leerstände, die auch der Verfasser dieser Zeilen mit der Eröffnung der Trier-Galerie kommen sah, scheint die Bedrohung dieses Mal von ganz anderem Kaliber zu sein. Beispiel Luxemburg: In Triers Schwesterstadt entsteht im Bereich des heutigen zentralen Busbahnhofs in den kommenden Jahren das „Royal Hamilius“, ein Shoppingcenter mit rund 16.000 Quadratmetern Verkaufs- und Dienstleistungsfläche. Nach derzeitigem Stand sollen im Herbst die Bauarbeiten beginnen, die sich voraussichtlich bis 2017 hinziehen werden. Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres soll bereits das Sterpenich Forum öffnen. Mit seinen 23.500 Quadratmetern Fläche liegt dieses Shoppingcenter zwar im belgischen Luxembourg, doch nur wenige Minuten von der Grenze zum Großherzogtum entfernt. Hinzu kommt: In Sterpenich ist auch Ikea präsent. Gemeinsam mit weiteren Projekten summiert sich die Einzelhandelsfläche, die derzeit in Luxemburg realisiert wird oder in Planung ist, auf fast 150.000 Quadratmeter – das ist mehr als die gesamte Verkaufsfläche innerhalb der Trierer Innenstadt. Und weil in Saarbrücken mit der „Europa-Galerie“, in Koblenz mit dem „Forum Mittelrhein“ und in Kaiserslautern mit der geplanten „Stadtgalerie“ weitere Konkurrenz entsteht, wird Triers Einzelhandel in den nächsten Jahren wohl Federn lassen müssen.

Die Projekte in Koblenz, Saarbrücken und Kaiserslautern haben eines gemeinsam – hinter allen steht der Projektentwickler ECE. Das Unternehmen ist umstritten, mit einer langen Liste von Argumenten („Fakten statt Vorurteile“) wehrt sich der Vorsitzende der Geschäftsführung, Alexander Otto, auf der ECE-Homepage gegen Kritiker. Einiges an Überzeugungsarbeit müsste Otto auch leisten, wenn sich denn bewahrheiten sollte, was 16vor erfahren hat: dass ECE vor einigen Monaten erneut sein Interesse am Standort Trier signalisierte. Dem Vernehmen nach soll seinerzeit die Option diskutiert worden sein, im Bereich der Europahalle eine neue Ladenpassage zu bauen. Angeblich gab es Überlegungen, das Konferenzzentrum in ein solches neues Einkaufszentrum zu integrieren. Tatsächlich war die Auslastung der Europahalle schon mal besser. Vor allem die „Arena Trier“, aber auch das neue Konferenzzentrum der Europäischen Rechtsakademie machen dem Veranstaltungskomplex zu schaffen.

Konkrete Pläne für ein weiteres Shoppingcenter gibt es noch nicht, doch trotz der „Trier-Galerie“ steht diese Option offenbar weiter im Raum. „Wir halten Trier für eine interessante Stadt und sind daher bestimmt schon seit zehn Jahren immer wieder dabei, verschiedene Standortalternativen zu prüfen“, erklärte Robert Heinemann, Chef der ECE-Unternehmenskommunikation jetzt auf Anfrage gegenüber ECE. Man habe in dieser Angelegenheit auch wiederholt mit Vertretern der Stadt gesprochen. „Es gibt jedoch bis heute in unserem Haus keine Vorfestlegung auf einen bestimmten Standort“, so Heinemann.

Unabhängig davon, ob ECE tatsächlich dereinst nach Trier kommen sollte, muss sich die Stadt schon jetzt etwas einfallen lassen. Denn die neuen Mitbewerber in anderen Städten dies- und jenseits der Landesgrenze dürften einiges an Kaufkraft umleiten und abziehen. So beziffert allein das Centermanagement der „Trier-Galerie“ den Anteil der luxemburgischen Kunden, die an Freitagnachmittagen und Samstagen die Passage aufsuchen, auf rund 50 Prozent. Finden die Luxemburger bald dieselben Geschäfte im eigenen Land, dann hat der Einzelhandel in Trier ein ernsthaftes Problem.

Jensen und Egger kritisieren „Trittbrettfahrer“

„Wir sollten uns im Klaren darüber sein, dass es die Luxemburger schon seit längerem ärgert, dass ein erheblicher Teil ihrer Kaufkraft nach Trier abfließt“, zeigte CDU-Fraktionschef Ulrich Dempfle in der Debatte grundsätzlich Verständnis für die Aufholjagd im Nachbarland. Dempfle forderte: „Wir müssen unsere Stadt so aufstellen, dass ihre Attraktivität weiter wächst“. Der Unionsmann machte zugleich deutlich, dass die Stadt Geld in die Hand nehmen müsse, wolle sie den öffentlichen Raum aufwerten: „Wir können uns hier nicht auf unsere Armut zurückziehen“, warnte Dempfle. „Ich habe oft den Eindruck, dass wir mehr reagieren als agieren“, erklärte auch sein SPD-Kollege Sven Teuber. Wie Dempfle forderte der Sozialdemokrat eine Weiterentwicklung der City Initiative, es brauche einen Professionalisierungsschub. Richard Leuckefeld gab zu bedenken, dass auch der Online-Handel eine wachsende Konkurrenz für die Einzelhändler darstelle. Der Grüne sprach sich dagegen aus, die City-Initiative „zu drängen“, einen professionellen City-Manager zu installieren. Das Geld, das allein für eine solche Stelle benötigt werde, fehle dann für konkrete Projekte, warnte er.

Für Christiane Probst (FWG) liegt die wesentliche Herausforderung darin, dass Trier mit dem Auto erreichbar bleibt. Auch die Parkraumsituation sei hierbei nicht zu unterschätzen. „Wir brauchen eine bessere Zufahrt“, verlangte auch Udo Köhler, und schon hallte das Wort „Moselaufstieg“ durch den Raum. Rainer Lehnart (SPD) hielt dem entgegen, dass die Vergangenheit gezeigt habe, dass die Umwandlung ehemaliger Parkplätze wie Domfreihof und Kornmarkt die Attraktivität der Stadt gesteigert hätten. Was Parkraum anbelangt, sei der Kampf mit der „grünen Wiese“ nie zu gewinnen, so Lehnart. Die Menschen kämen vor allem wegen des Flairs nach Trier einkaufen.

Thomas Egger (FDP) sieht vor allem die Geschäftsleute in der Pflicht. „Wir können als Stadt nur einen Rahmen schaffen“, erklärte der Wirtschaftsdezernent.  Die Einzelhändler müssten zudem bereit sein, tiefer in die Tasche zu greifen, wenn sie sich für die Konkurrenz wappnen wollten. Der Stadt fehle bekanntlich das Geld, um in größerem Umfang tätig zu werden. Egger wie auch Jensen kritisierten aber auch die „Trittbrettfahrer“, die nicht bereit seien, die Arbeit der City-Initiative zu unterstützen, aber von deren Aktionen profitierten. Was das Projekt „Regionaler Dialog Einzelhandel“ anbelangt, erklärte der OB: „Wir müssen diesen Versuch unternehmen“. Er habe allerdings die Sorge, dass der Leidensdruck bei einigen noch größer werden müsse, damit sie zur Kooperation bereit seien.

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