Sehen und gesehen werden
Licht ist Leben und kann die Nacht schon mal zum Tag machen. Mit einem neuen „Lichtmasterplan“ soll die Beleuchtung im öffentlichen Raum Triers in den kommenden Jahren deutlich verbessert und auf einen zeitgemäßen Stand gebracht werden. An Potenzial herrscht ebenso wenig Mangel wie an historischen Gebäuden, Achsen und Plätzen, die – ins rechte Licht gerückt – noch viel besser zur Geltung kommen könnten. Und allein schon die Straßenbeleuchtung ist ein einziges Konglomerat aus unterschiedlichen und zu einem großen Teil veralteten Leuchtentypen. Uwe Knappschneider vom Büro „licht raum stadt planung“ aus Wuppertal gab jetzt einen Zwischenbericht über den Stand in Sachen „Lichtmasterplan“. Dabei machte er deutlich, dass die Moselstadt auch in punkto Illuminierung von Welterbestätten wie Dom und Porta Nigra bislang weit unter ihren Möglichkeiten bleibt.
TRIER. „Das nehme ich alles auf meine Kappe“, scherzt Wolfgang van Bellen, der wirklich Verantwortliche lasse sich ja heute ohnehin nicht mehr ausmachen. Und dass dies nun wirklich nicht gelungen sei, darüber müsse man erst gar nicht diskutieren, räumt der Leiter des Tiefbauamts ein. Wohl wahr! Die Teilnehmer der abendlichen Exkursion sind in der Mitte der Nagelstraße angekommen, vor einem großen Büro- und Geschäftshaus haben sie sich nun versammelt. Dort stehen im Abstand von weniger als zehn Metern zwei Straßenleuchten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: eine halbwegs modern anmutende und eine auf historisch getrimmte Straßenlaterne, die obendrein verschiedene Lichtfarben hat. Das alles passt in etwa so gut zusammen wie ein Designermöbel zu Gelsenkirchener Barock.
Wer zu nächtlicher Stunde aufmerksam durch Trier flaniert oder mit dem Auto auf den Straßen der Stadt unterwegs ist, passiert ein regelrechtes Sammelsurium aus Leuchtentypen und Laternenmasten. Auch die „Lichtpunkthöhen“ sind meist sehr unterschiedlich, zudem variieren häufig die Lichtfarben von einer Leuchte zur nächsten. Das funktionale Licht, sprich die Straßenbeleuchtung, die allein schon aus Gründen der Verkehrssicherheit notwendig ist, wird vor allem in der Innenstadt verstärkt durch kommerzielles Licht, etwa Werbeanlagen. Hinzu kommt die sogenannte Architekturbeleuchtung, welche beispielsweise historische Bauwerke oder einzelne Hausfassaden stärker zu Geltung bringen soll.
Lange begnügte man sich in Städten und Gemeinden damit, darauf zu achten, dass auch ja alle Lampen brennen. Doch dass dies allein nicht genügt und man so eine Vielzahl von Chancen verschenkt, wurde vielerorts längst erkannt. Rund 200 Städte in Deutschland verfügen inzwischen über Lichtkonzepte, beziffert Uwe Knappschneider; etwa 30 davon, von Wolfsburg über Wetzlar bis Wiesbaden, stammten aus seinem Büro. Auch im Ausland sind die Wuppertaler aktiv, seit zehn Jahren beispielsweise im nahen Esch sur Alzette. Und seit ein paar Monaten auch in Trier: Im Auftrag der Stadt entwickelt Knappschneiders Team ein Konzept, wie Triers Achsen und Plätze, Ufer und Promenaden, Brücken und Verbindungen ins rechte Licht gerückt werden könnten. Bei einer sehr schwach besuchten Informationsveranstaltung in der Viehmarkttherme gaben van Bellen und Knappschneider am vergangenen Donnerstagabend einen Zwischenbericht.
Der externe Experte stellte zunächst fest, dass es in Trier zu viel Licht gebe. Das könne man beispielsweise sehen, wenn man in einer bewölkten Nacht auf die Stadt hinab blicke, etwa von Mariensäule oder Markusberg aus. Die Wolken leuchten – ein Indiz dafür, dass zu viel Licht ungenutzt in den Himmel abstrahlt. „Heute kann man es aber technisch viel besser regeln, dass das Licht dorthin strahlt, wo es gebraucht wird“, so Knappschneider. Es geht um Sehen und gesehen werden, was auch ganz wesentlich für das subjektive Sicherheitsempfinden der Menschen ist. Als „Schlüsselstrategien“, die dem geplanten Masterplan zugrunde lägen, nannte der Fachmann unter anderem das Ziel, „die Stadtstruktur und Stadtsilhouette erlebbar zu machen“. Außerdem gehe es darum, eine „Hierarchie der Straßenbeleuchtung“ zu entwickeln, die Stadteingänge zu betonen und mithilfe der Beleuchtung einen Brückenschlag zur Mosel zu schlagen.
Insgesamt soll es auf mittlere Sicht zu einer großen Vereinheitlichung kommen, insbesondere was das funktionale Licht anbelangt. So schlägt Knappschneider für die komplette Innenstadt „warmweißes“ und für die Hauptverkehrsstraßen „normalweißes“ Licht vor. Alle neuen Anlagen sollten mit LED-Technik laufen. Eine stärkere Einheitlichkeit soll es auch bei den „Lichtpunkthöhen“ geben; beispielsweise sollen hier für den Alleenring durchgängig 10 Meter gelten, für die Fußgängerzone 5. Das Licht muss hierbei nicht immer von einem Mast leuchten – auf Traufkanten montierte Strahler sind in vielen Fällen eine gute Alternative, weil sie den Straßenraum „entrümpeln“ helfen.
Warum er denn weißes Licht empfehle, wo man doch beispielsweise in Ländern wie Frankreich sehr häufig auf orangenfarbenes stoße, wurde Knappschneider von einem der wenigen anwesenden Bürger gefragt. Eine Frage, die er offenbar schon des Öfteren zu hören bekam, doch hält der Experte von diesen Natriumdampf-Hochdrucklampen, wie sie im Süden Europas durchaus üblich sind, wenig. Diese seien zwar „die Leuchtmittel mit der höchsten Effizienz und Lebensdauer“, merkte er an, „aber ihre Farbwiedergabe ist sehr schlecht“. So würden beispielsweise nur gelbe Farben wiedergegeben, was Passanten oft schlechter aussehen lasse, als es ihnen gerade ergehe.
Viel Potenzial sieht Knappschneider auch bei der Illumination von historischen Gebäuden. Verbesserungsmöglichkeiten gebe es etwa bei der Porta Nigra, deren Beleuchtung für ein „fahles zweidimensionales Bild“ des römischen Stadttores sorge. „Hier wäre mehr Differenzierung und Plastizität vonnöten“. Dass der Dom von wenigen großen Strahlern erleuchtet wird, findet Knappschneider ebenfalls wenig gelungen. „Man muss hier einfach mehr auf die Architektur eingehen“, verlangt er, der imposante Sakralbau komme in seiner Dreidimensionalität nicht ausreichend zur Geltung, beklagte der Experte.
In den kommenden Monaten soll das Konzept weiter ausgearbeitet werden. Wann es dann umgesetzt wird, ist noch offen, räumte Wolfgang van Bellen ein. Schließlich habe die Stadt mit einem Konzept noch „nicht automatisch mehr Geld zur Verfügung“. Allerdings, so der Amtsleiter, sei der Masterplan eine Richtschnur für die in den kommenden Jahren anstehenden Erneuerungsmaßnahmen in punkto Straßenbeleuchtung. So würden beispielsweise in Heiligkreuz größere Veränderungen anstehen. Knappschneider erklärte, die Wirtschaftlichkeitsberechnungen hätten ergeben, dass sich viele Leuchten schon binnen fünf bis zehn Jahren amortisierten. Die Investitionen würden quasi durch Energieeinsparungen refinanziert. Angesichts weiter steigender Stromkosten könnte es also zusätzlich interessant werden, das Konzept in absehbarer Zeit schrittweise umzusetzen.
von Marcus Stölb