„Die Bürger würden mich aus dem Rathaus prügeln“

OB Klaus Jensen (SPD) hat im Stadtrat den ersten doppischen Doppelhaushalt eingebracht. Trotz erheblicher Mehreinnahmen bei Posten wie der Gewerbesteuer wird auch der Etat 2013/2014 mit einem erheblichen Defizit abschließen, das sich in beiden Jahren auf jeweils rund 50 Millionen Euro summieren dürfte. Jensen sieht dennoch Anzeichen, dass sich die desolate Finanzsituation der Stadt mittelfristig entspannen wird. Zudem werde weiterhin investiert, beispielsweise in Schulen und Kitas sowie Straßen und Radwege. Der Stadtchef verteidigte den Beitritt Triers zum Kommunalen Entschuldungsfonds des Landes und wies die Kritik der Grünen zurück: „Guten Gewissens kann man das nicht ablehnen“, so Jensen, der auf rund 135 Millionen Euro verwies, die Trier in den kommenden 15 Jahren im Rahmen des KEF erhalten soll.

TRIER. Er verstehe es nicht, sagt der Oberbürgermeister, er könne die Haltung der Grünen nicht nachvollziehen, wiederholt Klaus Jensen am Dienstagmittag. Zu einem Pressegespräch hat der Sozialdemokrat geladen, seinen Entwurf für den Doppelhaushalt 2013/2014 will er erläutern. Natürlich muss Jensen jetzt auch etwas zur harschen Kritik der Grünen sagen: Die warnten vergangene Woche davor, dem Kommunalen Entschuldungsfonds (KEF) beizutreten (wir berichteten). In der Analyse stimme er mit der drittstärksten Ratsfraktion am Augustinerhof überein, denn es gebe in der Tat ein „strukturelles Defizit, dass wir alleine nicht beseitigt bekommen“. Dann wählt Jensen ein Bild, das die Situation auf den Punkt bringen soll: „Ich kann das Rathaus auch abschließen und nichts mehr machen, und trotzdem werden wir ein Defizit haben“. Deshalb aber den Beitritt zum KEF abzulehnen, sei keine ernsthafte Option. „Was wäre damit erreicht?“, fragt der OB rhetorisch in die Runde. Jensen ist überzeugt: Würden er und die Stadt das Angebot ausschlagen, in den kommenden 15 Jahren insgesamt rund 135 Millionen Euro von Land und Kommunalem Entschuldungsfonds zur Senkung der Liquiditätskredite zu erhalten, „dann würden mich die Bürger doch aus dem Rathaus prügeln“. Soweit wird es nicht kommen: Mit deutlicher Mehrheit stimmte der Stadtrat am Dienstagabend für den Beitrag zum KEF.

Erstmals seit Einführung der so genannten Doppik hat Jensen am Dienstagabend einen Entwurf für einen Doppelhaushalt eingebracht. Statt nur für ein Jahr soll die Finanzplanung nun gleich zwei Jahre umfassen. Bei früherer Gelegenheit hatte der OB erklärt, er wolle den Doppelhaushalt auch mit Blick auf die anstehenden Wahlen: Ende 2013 wird ein neuer Bundestag gewählt, im Sommer 2014 stehen die nächsten Stadtratswahlen an; und vielleicht wird nur wenige Monate später schon der neue Oberbürgermeister gewählt. In Wahlkampfzeiten läuft die parteipolitische Profilierungsmaschinerie bekanntlich auf Hochtouren, was mitunter auch zur Folge hat, dass Entscheidungen verschleppt werden. Unpopuläres wird vertagt, vermeintlich Populäres vorgezogen.

Schülerbeförderungskosten: Jensen beklagt Regelung

Jensen hat noch nicht erklärt, ob er wieder für das Amt des Oberbürgermeisters kandidieren wird, doch bei der Vorstellung seines Haushaltsentwurfs blickte er über die Jahre 2013/2014 hinaus, und ihm war erkennbar daran gelegen, kein allzu düsteres Bild der Lage zu zeichnen. Die Situation bleibe zwar „nach wie vor schwierig“, doch gebe es auch Anzeichen für eine „erfreuliche Entwicklung“. Der KEF sei hierbei nur „ein Baustein“, vielmehr übernähmen Bund und Land künftig mehr Verantwortung, sprich Kosten für Leistungen, die der Gesetzgeber den Kommunen auferlegt hat. So werden laut Jensen bei den Schlüsselzuweisungen des Landes an die Stadt die Sozialausgaben stärker berücksichtigt, was Trier eine gewisse Entlastung bringe. Mainz habe überdies eine „Zinsgarantie“ zugesagt, von der man in der aktuellen Niedrigzinsphase zwar keinen Gebrauch machen müsse, die aber eventuell noch wichtig werden könne. Und nicht zuletzt habe der Bund zugesagt, schrittweise die Ausgaben für die Grundsicherung zu übernehmen. „2014 sind wir hier bei Null“. Im Zuge der Verhandlungen über den Fiskalpakt habe Berlin außerdem zugesichert, ab übernächstem Jahr „erhebliche Kosten der Eingliederungshilfe zu übernehmen“. Das seien erste Schritte in die richtige Richtung, so der OB, dennoch bleibe Handlungsbedarf. So steigt der Posten „Schülerbeförderung und Essenskosten“ bis 2014 auf über 8 Millionen Euro. Zum Vergleich: 2012 waren hierfür knapp 6,6 Millionen Euro angesetzt. Dass die Stadt die Kosten für die Schülerbeförderung von Kindern aus dem Kreis, die städtische Schulen besuchen, übernehmen muss, bleibe eine „nicht zu akzeptierende Regelung“.

Der OB betonte, dass trotz der unverändert angespannten Haushaltslage weiter investiert werde. Im Doppelhaushaltsentwurf sind in den kommenden beiden Jahre erhebliche Mittel für den Ausbau von Kitas und Schulen vorgesehen, etwa in Ehrang (insgesamt 2,5 Millionen Euro) oder Mariahof, aber auch für die Erweiterung der Kita Wichernhaus. In den Ausbau der IGS auf dem Wolfsberg sollen aus der Stadtkasse insgesamt 3 Millionen Euro fließen. Den größten Ausgabenposten stellt indes das geplante Brand- und Katastrophenschutzzentrum in Ehrang dar, für das aus dem städtischen Etat mehr als 9 Millionen bereitgestellt werden. Überhaupt scheint in den nächsten Jahren vor allem in Ehrang viel investiert zu werden, unter anderem in den Bau der Umgehung B 422 (mehr als 5 Millionen Euro). Im Norden Triers will die Stadt nun offenbar das Projekt „Moselbahndurchbruch“ in Angriff nehmen, für das rund 2,8 Millionen Euro eingeplant sind. Die Umgestaltung des Nikolaus-Koch-Platzes (städtischer Anteil: voraussichtlich 600.000 Euro) und der Ausbau der Moselstraße (ebenfalls 600.000 Euro) sind für 2014 eingeplant. 2,75 Millionen Euro sollen in den nächsten beiden Jahren in den dritten Bauabschnitt der Zurmaiener Straße gesteckt werden, 800.000 Euro fließen in einen Kreisverkehr in Feyen, mit dem das geplante Nahversorgungszentrum Am Sandbach erschlossen werden soll. Fast eine Dreiviertelmillion Euro sind für den Bau des Radwegs vorgesehen, mit dem der Ruwer-Hochwald-Radweg besser ans Stadtgebiet angeschlossen würde.

Ersatz für „Bettensteuer“ noch nicht in Sicht

Der Oberbürgermeister kündigte außerdem an, die Stadt werden nun die letzten beiden großen Konversionsmaßnahmen angehen: Nachdem die Entwicklung in Castelnau Gestalt annimmt, will man sich jetzt verstärkt der General-von-Seidel-Kaserne in Euren und der Jägerkaserne in Trier-West annehmen. Das alles zeige, dass Trier in Bewegung sei und sich entwickle, verteidigte Jensen die Arbeit von Verwaltung und Stadtvorstand. Zugleich beklagte er „ein Einnahmeproblem“, die Steuerquote in Deutschland sei zu niedrig, um die bestehende Infrastruktur zu erhalten. Apropos Einnahmeproblem: Das hat die Stadt, wenn sie nicht bald einen Ersatz für die vom Bundesverwaltungsgericht gekippte Kultur- und Tourismusförderabgabe findet. Obwohl diese aktuell nicht mehr erhoben werden darf, wurden in den Haushalt 600.000 Euro eingestellt. Soll heißen: Im Rathaus erwartet man weiterhin einen Beitrag der Übernachtungsgäste beziehungsweise des Hotelgewerbes. Ihm wäre eine freiwillige Lösung mit den Betrieben am liebsten, so Jensen, demnächst stünden wieder Gespräche mit dem Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA an.

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