Dezernentin unter Druck

Schon ihre Kandidatur war umstritten, doch CDU und UBM setzten Simone Kaes-Torchianis Wahl zur neuen Trierer Baudezernentin durch. Das war im März 2007, inzwischen scheint ihr Rückhalt in den eigenen Reihen und bei den Freien Wählern kaum mehr vorhanden. Kaes-Torchianis Ankündigung, einen auf Betreiben der Union gefassten Ratsbeschluss zum Parken auf dem Radweg am Moselstadion nicht umzusetzen, dürfte das Verhältnis zwischen der CDU und „ihrer“ Dezernentin weiter belasten. Und weil sie in der Tankstellen-Debatte bislang an einem mehrheitlich gefassten Beschluss festhält, sieht sich die Baudezernentin in Internet-Foren nun Rücktrittsforderungen und Abwahlaufrufen ausgesetzt. Kaum vorstellbar, dass die CDU sie 2015 für eine weitere Amtszeit vorschlagen wird.

TRIER. „Radweg am Stadion bleibt tabu“, überschrieb das städtische Presseamt am vergangenen Freitag seine Meldung über den am Vorabend gefassten Beschluss, das Parken auf dem Radweg am Moselstadion während der Heimspiele der Eintracht zuzulassen. Sodann folgte eine neuerliche Belehrung, weshalb die Straßenverkehrsbehörde auch künftig nicht dulden werde, was CDU, FWG und FDP mit knapper Mehrheit beschlossen hatten. Damit war der Eklat quasi amtlich: Simone Kaes-Torchiani bleibt bei ihrer Position, die man als kompromisslos oder konsequent bezeichnen kann. Die Baudezernentin würde schlicht sagen, das geltende Recht habe ihr keine andere Wahl gelassen.

Schon vor der Abstimmung hatte sie deutlich gemacht, dass sie das Ansinnen der CDU-Fraktion für völlig daneben hielt. Man darf davon ausgehen, dass sie diese Haltung im Vorfeld der Ratssitzung auch in die „eigene“ Fraktion hinein kommunizierte. Doch dort ließ man sich nicht beirren und brachte den Antrag ein. Zum zweiten Mal binnen weniger Wochen führten die Christdemokraten ihre Parteifreundin vor: In der letzten Sitzung vor der Sommerpause hatte die CDU dem Bebauungsplan zur Loebstraße kurzfristig die Unterstützung versagt, um ausgerechnet dem erklärten „KT“-Gegner Wolfgang Natus eine weitere Chance einzuräumen; jenem Natus, der im Vorfeld von Kaes-Torchianis Wahl im März 2007 mit einem Brandbrief Stimmung gegen sie gemacht hatte. Der Unternehmer hielt den Stadtrat zum Narren, letzten Donnerstag stimmten die Christdemokraten nun doch für die ursprüngliche Vorlage.

Für Kaes-Torchiani dürfte dies eine gewisse Genugtuung gewesen sein, hatte sie doch am Ende Recht behalten. Blamiert war die CDU. Der Vorgang zeigt, wie gering die Vertrauensbasis zwischen der Union und der Beigeordneten inzwischen sein muss. Ob sich der Riss noch kitten lässt, ist fraglich, denn mit dem Radweg-Eklat dürften sich die Gräben zusätzlich vertiefen. Wie sollen CDU-Ratsmitglieder Eintracht-Fans künftig erklären, dass sie Hoffnungen weckten, die sich nicht erfüllen lassen? „Wir hätten ja gerne, aber die Kaes-Torchiani stellt sich stur“ – so oder so ähnlich werden die Formulierungen von Unions- und auch FWG-Leuten am Rande von Heimspielen wohl lauten.

„Sie trägt ihr Herz auf der Zunge“

Tatsächlich kann Kaes-Torchiani stur sein, und sie ist es auch. Mit einer mitunter an Herablassung grenzenden Art kann sie schon mal ganze Bürgerversammlungen gegen sich aufbringen; etwa indem sie sich allzu deutlich anmerken lässt, dass sie bestimmte Kritikpunkte nerven. Im Auswärtigen Amt hätte man wohl wenig Verwendung für sie, doch an einem Diplomatendasein würde sie selbst auch wenig Gefallen finden. „Sie trägt ihr Herz auf der Zunge“, sagt ein Ratsmitglied und meint es durchaus anerkennend. Bei Kaes-Torchiani wisse man jedenfalls, wo man dran sei, was sich nicht von allen Stadtvorstandsmitgliedern sagen lasse. Da ist was dran: Die Baudezernentin redet nicht lange drum herum, sondern sagt klar, was sie denkt. Ist sie von etwas überzeugt, beharrt sie auf ihrer Position. So auch jetzt im Streit über die geplante Umwandlung des Tankstellenareals in der Ostallee in eine Grünanlage. Eine klare Mehrheit des zuständigen Aussschusses stimmte im März 2009 für eine einmalige Verlängerung des Pachtvertrags bis Ende 2012.

Die Baudezernentin ist an diesen Beschluss gebunden, nur die Fraktionen können ihn wieder kassieren. Darauf läuft es inzwischen hinaus, doch gilt als sicher, dass Kaes-Torchiani ihre Position in dieser Frage nicht korrigieren wird. Sie ist überzeugt, dass eine Tankstelle im Alleenring nichts zu suchen hat und es Aufgabe der Deutschen BP gewesen wäre, rechtzeitig nach einem Ersatzstandort zu suchen. Immerhin wüssten Pächter und Deutsche BP seit mindestens acht Jahren, dass der Standort über kurz oder lang aufgegeben werden soll, gibt sie zu bedenken. Aber solche Feinheiten spielen in der Diskussion keine Rolle mehr, die Befürworter des Beschlusses sind längst in der Defensive. Im Rathaus unterschätzte man von Beginn an die Brisanz der Angelegenheit. Selbst als der Proteststurm nicht mehr zu ignorieren war, ließ man am Augustinerhof die Sache laufen. Erkannte in der Verwaltung niemand, was sich in Sachen Tankstelle zusammenbraute? Oder erwartete Kaes-Torchiani ernsthaft, dass der geballte Widerstand ohne Wirkung auf die Meinungsbildung in den Fraktionen bleiben würde? Die Baudezernentin ist nicht naiv, sie weiß, wie der Hase läuft: zickzack und im Zweifel auch mal zurück. „Ihr fällt es schwer, andere Meinungen zu akzeptieren und Kompromisse zu finden“, bemängelt ein Ratsmitglied, das ihr durchaus wohlgesonnen ist. Nun fordern die ersten Tankstellen-Fans auf Facebook ihre Abwahl.

Neuhaus, Horsch, Holkenbrink…

Soweit wird es nicht kommen, und auch ein freiwilliger Amtsverzicht scheint nahezu ausgeschlossen. Kaes-Torchiani teilt aus, aber sie kann auch einstecken. Doch sie läuft ernsthaft Gefahr, sich in Rat und Verwaltung vollends zu isolieren. Dabei verstellen ihr innerhalb des Rathauses umstrittener Führungsstil und ihre ausbaufähige Kompetenz, für Projekte zu begeistern, den Blick auf ihre Erfolge: Ob Energieagentur, Trier-West oder das Konversionsprojekt Castelnau – einiges hat sie auf den Weg gebracht. Auch scheint Kaes-Torchiani nicht so investorengläubig wie ihr Vorgänger. Manches überdimensionierte Bauprojekt bremste sie mit einer Veränderungssperre aus und erzwang so Nachbesserungen. Auch dem Architektur- und Städtebaubeirat räumt sie dem Vernehmen nach einen größeren Stellenwert ein. Bei Vorhaben an sensibler Stelle setzte sie Wettbewerbe durch, etwa gegenüber den Kaiserthermen, wo das neue Quartier für die Bundespolizei entsteht.

Spätestens nach der nächsten Kommunalwahl im Sommer 2014, bei der auch die Wahl eines neuen Oberbürgermeisters anstehen dürfte, muss der Stadtrat darüber entscheiden, wer ab 2015 das Baudezernat führen soll. Kaum vorstellbar, dass die CDU-Kandidatin dann wieder Simone Kaes-Torchiani heißen und die Unterstützung der FWG erhalten wird. Schon im Sommer 2009 gab es heftige Auseinandersetzungen zwischen ihr und Kreischef Bernhard Kaster. Da hatte die Dezernentin öffentlichkeitswirksam erklärt, sich nicht für parteipolitische Zwecke einspannen zu lassen. Seinerzeit erklärte sie auf die Frage, ob sie sich von ihrer Partei noch ausreichend unterstützt fühle: „In der Fraktion fühle ich mich wohl. Die Betonung liegt auf Fraktion“. Nun hat ihr die Fraktion wiederholt die Gefolgschaft versagt.

Sollte die Union sie nicht für eine zweite Amtszeit vorschlagen, wäre dies allerdings nichts Ungewöhnliches: Ob Norbert Neuhaus oder Christiane Horsch (beide für Wirtschaft) oder zuletzt Ulrich Holkenbrink (Kultur) – ihnen allen erging es aus unterschiedlichen Gründen ähnlich. Nur Georg Bernarding und Helmut Schröer konnten sich über Jahrzehnte der Unterstützung ihrer Partei sicher sein, auch wenn diese im Falle Bernardings nicht so weit reichte, ihn für das OB-Amt vorzuschlagen.

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