„Der Oberbürgermeister ist da unschuldig“

Muss die Stadt im laufenden Haushalt weitere 1,5 Millionen Euro einsparen? Die Grünen behaupten das und forderten OB Klaus Jensen (SPD) deshalb am Donnerstag auf, gegen das Land zu klagen und schon mal „einstweiligen Rechtsschutz“ zu organisieren. Von einem „Spardiktat“ ist die Rede, „das Maß ist voll“ wettert die Partei auch gegen die eigene rot-grüne Landesregierung und deren Kommunalaufsicht. Die Grünen hätten da wohl etwas gründlich missverstanden, konterte auf Anfrage das Rathaus. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion habe gar überhaupt keine neue Sparvorgabe gemacht, sondern lediglich an die vom März erinnert, ließ Jensen gegenüber 16vor mitteilen. Die Grünen bleiben bei ihrer Darstellung.

TRIER. Am Donnerstag traf sich der Steuerrungsausschuss zur zweiten Runde seiner Etatberatungen. Dass die Erstellung eines städtischen Doppelhaushalts keine Frohsinn fördernde Veranstaltung ist, wird nicht zuletzt Klaus Jensen bestätigen können. Doch jetzt wurde dem Stadtchef der Spaß an der schwierigen Materie wohl vollends verleidet. Denn noch am Vormittag, während die Beratungen andauerten, brachten die Grünen eine Pressemitteilung in Umlauf, die es in sich hat: „Das Maß ist voll“, skandieren die Spitzen von Partei und Fraktion, man sei „erbost über die kürzlich eingegangene Sparauflage der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion zum Nachtragshaushalt der Stadt Trier“. In einem Schreiben habe die ADD die Stadt Trier aufgefordert, „im laufenden Jahr 2012 weitere 1,5 Mio. Euro einzusparen.“ Die Grünen fordern den Stadtvorstand auf, „Widerspruch gegen die Auflage einzulegen und, falls erforderlich, diese im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes außer Kraft setzen zu lassen“.

Eine erneute Sparauflage? Am Augustinerhof ist davon nichts bekannt. „Die heute von der Stadtratsfraktion von Bündnis90/Die Grünen verbreitete Pressemitteilung, in der sie eine angeblich erneute Sparauflage der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Höhe von weiteren 1,5 Millionen Euro kritisieren, ist sachlich falsch“, weist ein Sprecher der Verwaltung die Darstellung entschieden zurück und ergänzt: „Richtig ist: Die ADD hat mit Schreiben vom 19.11.2012 u.a. den Beschluss des Stadtrats über die 1. Nachtragshaushaltssatzung 2012 mit der Maßgabe beanstandet, über zusätzliche Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen innerhalb des freiwilligen städtischen Leistungsbereichs und/oder der allgemeinen Deckungsmittel eine Ergebnisverbesserung in Höhe von mindestens 1.582.666 Euro sicherzustellen. Die mit der Entscheidung der ADD vom 26.03.2012 auferlegte Konsolidierungsauflage in Höhe von 1,9 Mio. Euro wurde nach Auffassung der Aufsichtsbehörde mit dem vorliegenden Nachtragshaushalt in einem Umfang von 317.334 Euro erfüllt, so dass noch eine Restkonsolidierungsforderung in Höhe von 1.582.666 Euro verbleibt.“ So liest es sich auch in dem 21-seitigen Schreiben der ADD, das 16vor vorliegt.

Die Grünen machen eine ganz andere Rechnung auf und sprechen von einem „rechtswidrigen Eingriff in das Recht der Kommunen auf Selbstverwaltung“. Kreisvorstandssprecher Thorsten Kretzer: „Bei ihren ritualisierten Spardiktaten unterschlägt die Aufsichtsbehörde regelmäßig die nicht verfassungsgemäßen Zuweisungen des Landes an die Stadt Trier“. Fraktionschefin Petra Kewes erklärte: „Die Landesregierung hat in den letzten Jahren einige soziale Verbesserungen auf den Weg gebracht, wie die kostenfreie Schülerbeförderung, die Schulbuchausleihe und einen kleineren Klassenteiler an den Schulen. Wir begrüßen diese Veränderungen, aber das Land kann uns nicht mit einem großen Batzen der Kosten ausbluten lassen. Alleine die Schülerbeförderung schlägt mit etwa 600.000 Euro jährlich zu Buche, die nicht durch das Land gedeckt sind“. Nur erklärt das noch nicht die völlig unterschiedlichen Darstellungen von Verwaltung und Grünen.

Nachfrag bei Wolf Buchmann, Schatzmeister der Partei. Er bleibt bei der Version der Grünen. „Wir hatten ein Sparpaket gebündelt, die 1,9 Millionen Euro wurden erbracht“, behauptet Buchmann. Allerdings sei man auf diesen Betrag nicht allein durch tatsächliche Einsparungen im freiwilligen Bereich gekommen, sondern auch durch Mittel, die der Bund für Sozialleistungen wider Erwartungen nicht zurückforderte, obwohl sie die Stadt nicht für den eigentlich vorgesehenen Zweck verausgabt hatte. Wie hoch dieser Betrag und damit der Anteil an den 1,9 Millionen Euro nun war, konnte Buchmann am Donnerstag nicht sagen. Doch dass es sich quasi um „Glück“ und „Zufall“ handelte, die Maßnahmen „niemandem weh“ taten, räumt er ein. Aber es habe dafür ja auch an anderen Stellen des Haushalts Mehrausgaben gegeben für Sozialleistungen, auf welche die Bürger einen gesetzlichen Anspruch hätten. „Für die Steigerung in diesem Bereich ist die Stadt daher nicht verantwortlich“. Die Grünen rechnen insofern anders: Deshalb hatte die Stadt Trier die Auflage, 1,9 Millionen Euro im Bereich der freiwilligen Leistungen einzusparen, an sich schon erfüllt. Im Ergebnis bedeutet dies, dass Trier jetzt insgesamt etwa 3,4 Millionen Euro bei den freiwilligen Leistungen in 2012 einsparen muss“. Buchmann weiter: „Der OB ist da unschuldig“, die Kritik richte sich an das Land und die ADD.

Das Rathaus teilte hingegen mit: „Der Oberbürgermeister hat bereits am 11.04.2012 eine 10-prozentige Haushaltssperre auf die Aufwendungen des sog. freiwilligen Leistungsbereichs ausgesprochen, die nach wie vor Gültigkeit hat. Innerhalb dieser Sperre gilt es nunmehr den noch zu erbringenden Konsolidierungsbeitrag in Höhe von rund 1,582 Mio. Euro im weiteren Vollzug des Haushalts 2012 tatsächlich einzusparen.“

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