„Der Nahverkehr droht unbezahlbar zu werden“

Seit einem Jahr regiert in Mainz eine rot-grüne Koalition. Mit Malu Dreyer ist die örtliche SPD am Kabinettstisch prominent vertreten, derweil die Trierer Grünen keinerlei bedeutsame Positionen in der Landeshauptstadt besetzen. Am Donnerstagabend brachte die Grünen-Fraktion im Stadtrat einen Resolutionstext ein, mit der den eigenen Leuten an der Spitze des Landes Dampf gemacht werden soll. Die zentralen Forderungen: Mehr Zuschüsse für die Finanzierung des Nahverkehrs und die Anerkennung des ÖPNV als eine Pflichtaufgabe der Kommunen. Ansonsten sei auch die Zukunft des Verkehrsverbunds Region Trier (VRT) gefährdet, warnten mehrere Redner. Dass zum kommenden Schuljahr der Elternanteil an den Kosten für die Schülerbeförderung wegfällt, könnte die Stadt laut OB Jensen (SPD) nahezu eine halbe Million Euro kosten.

TRIER. „Das Land übernimmt bei der Schülerbeförderung vom kommenden Schuljahr an auch den Eigenanteil der Eltern von Schülerinnen und Schülern, die die Sekundarstufe I an Gymnasien, Integrierten Gesamtschulen sowie die Berufsfachschulen I und II besuchen“, erklärte die Mainzer Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) im Januar. Von einem „deutlichen Beitrag zur Entlastung der Elternhäuser dieser jungen Menschen“ sprach die Sozialdemokratin bei der Beratung des Landtags über die Novelle des Schülerbeförderungsgesetzes. Ab dem Schuljahr 2012/2013 wird die Beförderung in allen Schularten bis zur zehnten Klasse nun kostenlos sein. Die Ministerin erklärte weiter: „Das Landesgesetz stellt sicher, dass die Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der Schülerbeförderung einen finanziellen Ausgleich für die wegfallende Eigenbeteiligung der Eltern erhalten“. Mehr als 16 Millionen Euro würden die Kommunen zusätzlich erhalten, damit das Konnexitätsprinzip eingehalten wird.

Konnexität bedeuten vereinfacht gesagt: Wer bestellt, bezahlt auch. Das Land hat entschieden und damit den betroffenen Eltern eine finanzielle Entlastung zugestanden. Doch weil die Schülerbeförderung seit 1980 eine Pflichtaufgabe der Landkreise und kreisfreien Städte ist, müssen Städte wie Trier für die Kosten aufkommen. Im Gegenzug erhalten sie Geld vom Land, doch die Zuweisungen reichen offenbar nicht aus. Allein die neue Regelung werde ein zusätzliches Loch von rund 450.000 Euro in die Stadtkasse reißen, bezifferte OB Klaus Jensen (SPD) am Donnerstagabend vor dem Stadtrat. Geld, das die Stadt nicht hat und das, wenn sie des denn doch hätte, in einer Förderung des Nahverkehrs besser angelegt wäre.

Doch mit dem Nahverkehr ist das so eine Sache in der Region Trier. Zum Januar musste der VRT die Fahrpreise deutlich erhöhen – um satte 4,6 Prozent. Im April sollte es die nächste Teuerung geben. Die Verkehrsunternehmen verwiesen auf stetig steigende Kosten, die ersten Firmen drohten bereits, ihre Konzessionen zurückzugeben. Die neuerliche Erhöhung der Tarife wurde von der Aufsichtsbehörde erst einmal auf Eis gelegt, doch dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis der Nahverkehr erneut teurer wird. Es sei denn, das Land würde sich stärker als bisher finanziell engagieren. Das jedenfalls verlangt der Stadtrat in einer einstimmig angenommenen Resolution. Mainz müsse die Belastungen für die kostenfreie Schülerbeförderung eins zu eins übernehmen, heißt es in dem auf Initiative der Grünen verabschiedeten Text. Der Rat sprach sich außerdem dafür aus, dass der Gesetzgeber den Status des Nahverkehrs von einer freiwilligen Leistung in eine Pflichtaufgabe der Kommunen umdefiniert. Gefordert werden darüber hinaus Sonderprogramme des Landes zur Förderung des Umweltverbunds.

Es sei inzwischen „klar, dass wir vor Ort nicht weiterkommen“, begründete Grünen-Fraktionsmitglied Anja Reinermann-Matatko den Vorstoß. Bei der Schülerbeförderung werde das Konnexitätsprinzip nicht eingehalten. Doch auch unabhängig davon reichten die Mittel für eine Attraktivitätssteigerung des Nahverkehrs nicht aus. Thomas Albrecht hatte vor der Sitzung im Saal eine Tabelle verteilt. Der Christdemokrat lieferte seinen Kollegen und der Presse damit einen eigens recherchierten Vergleich der Fahrpreise in vergleichbar großen Städten – von Jena bis Erlangen, von Koblenz bis Bremerhaven. Demnach bewegt sich Trier in allen Kategorien – ob bei Einzeltickets, Wochen- oder Monatskarten – an der Spitze. Während beispielsweise eine Monatskarte in Aachen für knapp 54 und in Erlangen sogar für nur 36,40 Euro zu haben sei, werden in Trier für zwei Zonen 70 Euro fällig, hielt Albrecht auf seinem Papier fest.

Der Nahverkehr in der Region drohe für die Kunden unbezahlbar zu werden, warnte der Unionsmann. Deshalb sei das Land gefordert, sich stärker zu engagieren, erklärte der Christdemokrat, der auch auf den rot-grünen Koalitionsvertrag verwies. „Wenn der VRT, besonders in der Fläche, kaum noch Gestaltungsspielräume hat und die Verkehrsunternehmen schon anfangen ihre Konzessionen zurückgeben, dann ist Handlungsbedarf angesagt“, sagte Rainer Lehnart (SPD) und betonte: „Es gibt keine Alternative zum Verkehrsverbund“. In der Vergangenheit waren vereinzelt Stimmen laut geworden, die einen Ausstieg der Stadt aus dem VRT verlangten. Derartiges wurde am Donnerstagabend nicht mehr gefordert. „Die Marschrichtung des Antrags können wir absolut nachvollziehen“, begrüßte auch Christiane Probst (FWG) die Resolution. Felix Brand (FDP) schloss sich für seine Fraktion dem Vorstoß ebenfalls an, nannte den Anlass für die Resolution aber „ein Indiz für die verfehlte Landespolitik“.

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