Der achte Wechsel

Am Samstag erklärte Johannes Verbeek seinen Austritt aus dem Trierer Stadtrat. Noch vor der Halbzeit der laufenden Wahlperiode haben damit schon acht von 56 gewählten Ratsmitgliedern das Handtuch geworfen – sei es aus gesundheitlichen, beruflichen oder innerparteilichen Gründen. Einzig die FWG-Fraktion kann eine ungebrochene personelle Kontinuität vorweisen und sogar einen Zugewinn verbuchen. Eine Zwischenbilanz, zwei Jahre nach der konstituierenden Sitzung des Stadtrats.

TRIER. Man müsste wohl tief in den Annalen der Trierer Lokalhistorie suchen, um annähernd Vergleichbares zu finden: Der neue Stadtrat war erst wenige Wochen gewählt und noch nicht einmal zu seiner konstituierenden Sitzung zusammengetreten, da hatten sich drei der Gewählten bereits wieder verabschiedet.

Gleich nach der Kommunalwahl kündigte der Sozialdemokrat Bruno Cordel seinen Mandatsverzicht an, weil er die Stadt aus beruflichen Gründen verlassen musste. Dass Cordel schon vor dem Wahltag von dem bevorstehenden Wegzug wusste, trug ihm einige Kritik ein. Doch noch weniger Verständnis konnte der Kürenzer Stephan Wonnebauer erwarten. Er sollte für Cordel nachrücken und teilte dann – auch für seine Genossen völlig überraschend – mit, dass er sein Mandat nicht annehmen werde. Als Gründe gab er berufliche Belastung an, sagte im Gespräch mit 16vor aber auch: „Meine Freizeit ist mir wichtiger“. Deshalb legte Wonnebauer auch gleich noch sein Mandat im Ortsbeirat und den Kürenzer SPD-Vorsitz nieder. Als Cordels Nach-Nachrücker kam schließlich Markus Nöhl in den Rat, der zweifellos zu den Leistungsträgern der SPD-Fraktion zählt.

Doch es sollte noch weitere Wechsel in der zweitstärksten Fraktion des Stadtrats geben: Aufgrund seiner schweren Erkrankung musste Klaus Blum sein Mandat niederlegen. Auf ihn folgte Detlef Schieben, der bereits bis 2009 Sitz und Stimme am Augustinerhof hatte. Für Aufsehen sorgte Anfang des Jahres der Wechsel des langjährigen SPD-Ratsmitglieds Peter Spang zur FWG-Fraktion. Spang hatte sich mit seinen früheren Genossen überworfen, doch dass er zu den Freien Wählern überlaufen würde, hatten viele ihm nicht zugetraut. Die FWG ist bislang die einzige Fraktion, deren 2009 gewählte Mitglieder noch allesamt an Bord sind.

DKP-Mitglied Kanty verzichtet

Vergleichsweise stabil präsentieren sich auch CDU und Grüne, die in den vergangenen beiden Jahren jeweils einen Wechsel zu verzeichnen hatten: In der vergangenen Woche rückte Christdemokrat Ulrich Glischke für Helmut Freischmidt nach, der Trier aus beruflichen Gründen verlässt. Manfred Becker musste den Rat verlassen, nachdem er eine Stelle im Rahmen des städtischen Projekts „Lernen vor Ort“ angetreten hatte. Mit Petra Kewes fanden die Grünen adäquaten Ersatz. Bei den Liberalen räumte nur wenige Monate nach der Wahl Fraktionschef Thomas Egger das Feld für den Polizisten Felix Brand – aus durchaus nachvollziehbaren Gründen. Der Stadtrat hatte den Juristen zum neuen Wirtschafts- und Kulturdezernenten gewählt, sein Mandatsverzicht ging also mit einem politischen Aufstieg einher.

Derartiges lässt sich für Marc-Bernhard Gleißner und Johannes Verbeek nicht behaupten, und überhaupt kam die Linke im Rat seit der Wahl nie zur Ruhe. Erst warf Gleißner das Handtuch, dann zerbrach die Fraktion zwischen Verbeek und Nachrückerin Katrin Werner. Nach dem Parteiausschluss Verbeeks sah es einige Wochen lang danach aus, als würde der Kürenzer bis zum Ende der Wahlperiode als Parteiloser durchhalten – bis er am Samstagabend seinen Mandatsverzicht verkündete. Nun könnte theoretisch erstmals in der Geburtsstadt Karl Marx‘ ein Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei in den Rat einziehen. Doch Konstantin Kanty erklärte am Montag gegenüber 16vor, dass er definitiv nicht für Verbeek nachrücken werde. Damit scheint immer wahrscheinlicher, dass ein Linker nachrücken und die Partei wieder Fraktionsstatus erreichen wird.

Überboten wird das Tohuwabohu auf der Linken nur noch vom drohenden Rauswurf des Ratsmitglieds der rechtsextremistischen NPD: OB Klaus Jensen (SPD) hatte vergangene Woche angekündigt, dass der Stadtrat voraussichtlich am 22. September zu einer nichtöffentlichen Sondersitzung zusammenkommen wird, um Safet Babic aus dem Rat auszuschließen. Erster Nachrücker für den NPD-Kreischef wäre Hans-Jörg Busch.

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