„Das war kein böser Wille der Stadtverwaltung“

Im September 2010 stellten OB Jensen (SPD) und Kulturdezernent Egger (FDP) eine Studie der Taurus ECO Consulting GmbH vor. Demnach hat Trier durchaus Potenzial in punkto Kreativwirtschaft. Also werde man das Profil der Stadt als Standort für Kultur und Kreativwirtschaft schärfen und 2011 bei der städtischen Wirtschaftsförderung die Stelle eines Kulturlotsen schaffen. Während der Kulturlotse weiter auf sich warten lässt, kippt bei Kreativen und Konzertveranstaltern die Stimmung. Egger kündigte gegenüber 16vor nun an, dass das Rathaus beim Genehmigen von Veranstaltungsplakaten restriktiver vorgehen wird. Die Macherinnen der Trierer Designmesse bekamen die neue Linie schon zu spüren, und auch Popp Concerts schlägt Alarm. Der Konzertveranstalter verweist auch auf Einnahmen, die der Stadt künftig entgehen würden.

TRIER. Ende März wandten sich Kathrin Greve und Julia Schwab direkt an den Kulturdezernenten. „Wir wenden uns in einer dringenden Angelegenheit an Sie“, schrieben sie Thomas Egger. Wenige Wochen vor der dritten Trierer Designmesse hatten die Beiden erfahren, dass sie nicht plakatieren durften. Was in den Vorjahren möglich gewesen war, sollte nun nicht mehr genehmigt werden. „Sicher ist dies nicht in Ihrem Interesse, da ja hier eindeutig eine Behinderung der Kulturszene und deren Entwicklung in Trier stattfindet“. Weiter schrieben Greve und Schwab: „Die Plakatierung der Messe ist ein äußerst wichtiger Bestandteil der Werbung und daher absolut erforderlich“. Wenige Tage später informierte das Dezernatsbüro die Veranstalterinnen, dass ihr Schreiben eingegangen sei und Egger sich im Urlaub befinde. „Er wird Ihr Schreiben nach Ostern vorfinden und ggfls. erforderliche Schritte ergreifen“.

Dabei blieb es dann, und damit auch bei der versagten Genehmigung, im Straßenraum zu plakatieren. Dass die dritte Designers inc. nur noch halb so viele Menschen wie im Vorjahr besuchten, dürfte nicht nur, aber auch darauf zurückzuführen sein. Die beiden kreativen Frauen sind nun arg frustriert. „Sollten wir das Gefühl haben, dass eine solche Veranstaltung von der Stadt nicht gewollt ist, dann werden wir uns im nächsten Jahr sehr gut überlegen, ob wir das noch einmal machen“, erklärte Julia Schwab im Gespräch mit 16vor. Ihre Enttäuschung verhehlt sie nicht, das Ganze sei schließlich ein erheblicher Aufwand gewesen. Aus zahlreichen Städten kamen Designer nach Trier und mussten erfahren, dass für „ihre“ Veranstaltung kaum geworben werden konnte.

Auf Anfrage tritt Thomas Egger nun dem Eindruck entgegen, das Rathaus habe es den Veranstaltern unnötig schwer machen wollen. „Es war kein böser Wille der Stadtverwaltung, der eine ‚vereinfachte‘ Veranstaltungswerbung unterbunden hat, im Gegenteil fanden im Vorfeld auch Vermittlungsversuche und Hilfestellungen seitens der Stadt statt, die jedoch offensichtlich nicht über die Kommerzialität der Veranstaltung und die daraus zwingend folgende Anwendung des Vertrages mit der TGS hinweghelfen konnten“, erläutert der Liberale gegenüber 16vor. TGS steht für Trierer Gesellschaft für Stadtmöblierung. Im Juli 2001 schloss die Stadt mit der TSG einen Vertrag. In diesem Vertrag räumte man der TGS das Recht zur alleinigen Nutzung aller Werbemöglichkeiten auf öffentlichen Verkehrsflächen ein. Von diesem Recht zur alleinigen Nutzung werde lediglich nicht-kommerzielle, von der Stadt genehmigte Veranstaltungswerbung ausgenommen, sagt Egger und erklärt mit Blick auf die Designmesse. „Wenn etwa die Stadt Trier oder die FH Mitveranstalter gewesen wären, hätte die Beurteilung gegebenenfalls anders aussehen können“.

Ob und inwieweit Veranstaltungswerbung in Trier erlaubt sei, ergebe sich allein aus dem Vertrag mit der TGS, fährt der Dezernent fort. „So war es auch zu Beginn der Vertragszeit geübte Verwaltungspraxis. Die Erlaubniserteilung zur Werbung für Veranstaltungen auch mit kommerziellem Hintergrund war eine schleichende Entwicklung. Das Bewusstsein für die Kommerzialität vieler Veranstaltungen wurde immer mehr durch einen äußerst weit ausgelegten Kulturfördergedanken zurückgedrängt“, sagt Egger und ergänzt: „Im Zusammenhang mit einer Reihe kommerzieller Großveranstaltungen“ habe die TGS „in jüngerer Vergangenheit zu Recht mahnend und nachdrücklich auf die Einhaltung des Vertrages hingewiesen, so dass zur Vertragskonformität zurückzukehren war“. Und das gelte auch in Bezug auf die Designmesse.

Kritik vom Konzertveranstalter

Im Klartext: Nicht die Art der Veranstaltung als solches gibt im Zweifel den Ausschlag, sondern der Hintergrund des Veranstalters. Während sich im Fall der Designmesse noch trefflich darüber streiten ließe, ob es sich um eine kommerzielle Veranstaltung im klassischen Sinne handelte, ist die Frage bei Popp Concerts leicht zu beantworten: Der Konzertveranstalter will Geld verdienen, weshalb seine kommerziellen Interesse auf der Hand liegen. Doch, gibt Oliver Thomé von Popp Concerts zu bedenken, wo wird die Grenze gezogen? „Wenn ein Verein in St. Maximin ein Konzert mit Jan Garbarek veranstaltet und diesselben Eintrittspreise verlangt wie wir, wo ist denn da der Unterschied?“, fragt er.

Für sein Unternehmen sei die Möglichkeit, 14 Tage vor einem Konzert rund 50 sogenannter Hartfasertafeln aufzustellen, „existenziell“. Als sich der Konzertveranstalter im Frühjahr wie üblich Genehmigungen fürs Plakatieren einholen wollte, wurde Thomé vom Rathaus auf die neue restriktive Vorgehensweise hingewiesen. Man habe zwischenzeitlich auch an OB Jensen geschrieben, doch sei die Antwort „unbefriedigend“ ausgefallen, so Thomé. Er hofft nun, dass das Thema auf die kommunalpolitische Tagesordnung kommt. Dort gehört es wohl auch hin, denn nach Darstellung von Popp Concerts entgehen der Stadt nun auch Einnahmen, sollte sie bei ihrer Linie bleiben: „Wir haben jedes Jahr rund 10.000 Euro Gebühren an die Stadt gezahlt, nur für die Genehmigung unserer Plakate“, so Thomé.

Egger verteidigt derweil die Haltung der Verwaltung: „Der Stadt Trier sind hier durch die Vertragsgestaltung grundsätzlich die Hände gebunden. Es macht insoweit auch keinen Sinn, auf die rechtlich zweifelhafte Handhabung in der Vergangenheit zu verweisen, sondern es müssen Lösungen für die Zukunft gefunden werden“. Der Freidemokrat kündigt an: „Diesem Thema hat sich deshalb das Kulturdezernat im Rahmen der Zuständigkeit für die Öffentlichkeitsarbeit sowie – auf regionaler Ebene – die Initiative Region Trier (IRT) angenommen, um gemeinsam eine verbesserte Wahrnehmung der in der Region stattfindenden Veranstaltungen zu erreichen.“

Am Profil des Kultur- und Kreativstandorts Trier wolle er weiter feilen, kündigt der Dezernent an. Man habe „intensive Gespräche“ mit Kultur- und Kreativwirtschaftenden in Trier sowie mit wichtigen Partnern wie dem Technologie-Zentrum Trier GmbH, der Fachhochschule und der Universität geführt, deren Ergebnisse in die Konzepterarbeitung eingeflossen sind. Die bisherigen Gespräche mit dem Land über eine mögliche Finanzierung als Pilotprojekt seien „weitestgehend positiv verlaufen und wir versuchen derzeit, mit dem Land die Einzelheiten hierzu abzustimmen“. Und wo bleibt der Kulturlotse, den Egger und Jensen bereits für 2011 versprochen hatten: „Die Einrichtung einer Lotsenfunktion kann erst nach Sicherstellung der Finanzierung des Projektes bzw. bei Genehmigung eines vorzeitigen Maßnahmenbeginns durch das Land Rheinland-Pfalz erfolgen“. Allerdings, so Egger weiter, könne man sich ja auch schon heute an die ämterübergreifende Arbeitsgruppe aus der Wirtschaftsförderung und dem Kulturbüro bei Fragen und Anregungen zum Thema Kultur- und Kreativwirtschaft wenden.

Ansprechpartner bei der Wirtschaftsförderung: Frau Susanne Steffes (Tel. 0651/718-1833, Mail susanne.steffes@trier.de), beim Kulturbüro Frau Christine Faber: (Tel. 0651/718-1417, Mail christine.faber@trier.de.)

Print Friendly, PDF & Email

von

Schreiben Sie einen Leserbrief

Angabe Ihres tatsächlichen Namens erforderlich, sonst wird der Beitrag nicht veröffentlicht!

Bitte beachten Sie unsere Kommentarrichtlinien!

Noch Zeichen.

Bitte erst die Rechenaufgabe lösen! * Time limit is exhausted. Please reload the CAPTCHA.