„Da muss rigoroser durchgegriffen werden“

Keine Vorgaben für die anstehenden Verhandlungen der Stadt mit der Deutschen BP über einen neuen Pachtvertrag für die Tankstelle in der Ostallee, und auch keine Vorentscheidung in Sachen stärkere Verkehrsberuhigung in der Neustraße – das ist die Bilanz der gestrigen Beratungen im Bauausschuss. Obwohl Baudezernentin Kaes-Torchiani (CDU) mit Hinweis auf die Gemeindeordnung eine Diskussion über die Inhalte des neuen Pachtvertrags rasch beenden wollte, entspann sich eine heftige und phasenweise unschöne Debatte. In Sachen Neustraße soll die Verwaltung ein umfassendes Konzept ausarbeiten. Nach Darstellung der Stadt könnten die im mittleren Teil der Straße vorhandenen Stellplätze kurzfristig aufgegeben werden. Enttäuscht von der Sitzung zeigte sich die Sprecherin der IG Neustraße: „Das wird wieder auf die lange Bank geschoben“.

TRIER. Die Atmosphäre in den Sitzungen des Bauausschusses ist – gelinde gesagt – ziemlich gewöhnungsbedürftig. Davon konnten sich gestern Abend rund ein Dutzend Bürger überzeugen, die die Beratungen des Gremiums über Neustraße und Tankstelle verfolgten. Wenn auch nur einer mit dem Gedanken gespielt haben sollte, in die Kommunalpolitik einzusteigen – er dürfte es sich nach dem Verlauf wohl wieder anders überlegen.

Nach gut einer Stunde war es auch um die Stimmung von Aloysia Melchior nicht mehr zum Besten gestellt. Gemeinsam mit zwei Dutzend Gewerbetreibenden hatte die Vorsitzende der Interessengemeinschaft Neustraße im November einen neuerlichen Vorstoß gewagt, die Politik zum Handeln zu bewegen. In einem Schreiben an die Verwaltung und die Fraktionen forderte die IG, „eine Neukonzeption der Parkmöglichkeiten, des fließenden Verkehrs und der damit verbundenen Fußgängersicherheit in der als Spielstraße ausgewiesenen Neustraße im Bereich Volksbank/Schmelzerhaus bis zur Ecke Kapuzinergasse/Pfützenstraße“ auf den Weg zu bringen. Die SPD hatte das Thema auf die Tagesordnung des Ausschusses gesetzt (wir berichteten).

Die Probleme sind bekannt, die Forderungen alles andere als neu, wie Eva-Maria Weiß vom Stadtplanungsamt einmal mehr deutlich machte. Bereits Mitte der 90er-Jahre wurde ein Konzept zur Verkehrsberuhigung der Neustraße ausgearbeitet, das im Jahr 2000 schließlich umgesetzt wurde. Seither gab es vonseiten der Mehrzahl der ortsansässigen Händler mehrfach den Wunsch, die vier verbliebenen Stellplätze im mittleren Bereich zu entfernen. 2006 erhob die IG diese Forderung zuletzt, doch es ließ sich kein Konsens herstellen, weil vereinzelte Unternehmer ihr Veto einlegten. Daraufhin lehnte auch der Dezernatsausschuss den Wunsch nach Aufgabe der vier Stellplätze ab. Nach dem neuerlichen Vorstoß von Melchior und Kollegen schienen die Chancen nun gestiegen, dass sich an der „unsäglichen Situation“ (O-Ton Kaes-Torchiani) alsbald etwas ändern könnte. „Keiner hält sich an die Schrittgeschwindigkeit, es wird geparkt, wo gerade Platz ist“, beklagte Rainer Lehnart (SPD). „In der Tat äußerst ärgerlich“ sei es, dass sich Mitbürger nicht an die Verkehrsregeln halten, meinte auch CDU-Mann Thomas Albrecht. Und für die Baudezernentin ist klar: „Man muss hier rigoroser durchgreifen“.

Verwaltung: Vier Stellplätze könnten aufgegeben werden

Doch wann durchgegriffen wird und wie rigoros eine Neuregelung der Verkehrskonzeption dann ausfallen wird, das scheint noch einigermaßen offen. Zu einem ersten Schritt vermochte sich der Ausschuss am Donnerstagabend jedenfalls nicht durchzuringen: der Aufgabe der vier Stellplätze, die gerade im mittleren Teil der Straße Parksuchverkehr provozieren, der unter anderem auch die zahlreichen Gäste vor den Cafés nervt. Straßenverkehrs-, Tiefbau- und Stadtplanungsamt kamen bei einer ersten Prüfung im Dezember zu dem Ergebnis, dass eine Aufgabe besagter Stellplätze problemlos und kurzfristig möglich wäre. Bevor der Ausschuss hierüber aber beschließt, soll es nun ein Treffen mit den betroffenen Hauseigentümern und Gewerbetreibenden geben, auf dass ein Konsens hergestellt werde.

„Das wird sich wiederholen, das wird wieder auf die lange Bank geschoben“, kommentierte Melchior enttäuscht den Verlauf der Sitzung. Der gab tatsächlich wenig Anlass zur Hoffnung, dass es nun zügig gehen könnte mit einer Aufgabe der Stellplätze, und erst recht bis zu einer möglichen Ausweitung der Fußgängerzone dürfte noch viel Wasser die Mosel hinabfließen. Denn auch wenn Vertreter aller Fraktionen den Ist-Zustand beklagten, so wollte man doch offenkundig nichts überstürzen – was angesichts der jahrelangen Vorgeschichte aber ohnehin nicht drohte. Man wolle bewusst „noch nichts beschließen und nichts festschreiben“, meinte etwa Lehnart, der aber zugleich zu erkennen gab, dass er einer Ausweitung der Fußgängerzone bis zur Saarstraße einiges abgewinnen könnte. Albrecht erklärte, es sei „nicht so einfach“, die vorhandenen Parkplätze zu entfernen, und überhaupt müsse man erst einmal einen „Abwägungsprozess“ durchführen. Anja Matatko (B90/Die Grünen) forderte hingegen, über die Petition der IG Neustraße abzustimmen. „Das ist ja alles schon diskutiert worden“, gab sie zu bedenken. Peter Spang (FWG) will lieber ein umfassendes Konzept der Verwaltung abwarten. „Wir sind da ergebnisoffen“, erklärte er und ergänzte: „Wenn es keine gravierenden Bedenken geben sollte, dann würden wir uns freuen, wenn die Fußgängerzone bis zur Saarstraße ausgeweitet wird“. Nur die vier Parkplätze im mittleren Teil aufzugeben, wäre nach Meinung Spangs „zu kurz gesprungen“. Auch Tobias Schneider (FDP) erklärte, dass er einer Analyse grundsätzlich offen gegenüber stehe.

Die Verwaltung soll nun ein Konzept ausarbeiten, das auch Alternativen zur Verkehrsführung vorsieht. Denn bei einer Ausweitung der Fußgängerzone müsste die Erschließung von mehreren Straßen neu geregelt werden, etwa der Pfützenstraße, aber auch der Germanen- und der Gervasiusstraße. Kaes-Torchiani ist indes überzeugt, dass bereits die Aufgabe der vier Stellplätze den Parkplatz-Suchverkehr eindämmen könnte.

Debatte über Tankstelle eskaliert

Eindämmen wollte die Dezernentin am Donnerstagabend auch den „Meinungsaustausch“ über die Inhalte eines neuen Pachtvertrags mit der Tankstelle in der Ostallee. Die Grünen hatten beantragt, dass der Ausschuss über wesentliche Eckpunkte für die Verhandlungen berät, der Verwaltung also konkrete Vorgaben für die Verhandlungen macht (wir berichteten). Kaes-Torchiani verwies auf die Gemeindeordnung, die vorsieht, dass Vertragsangelegenheiten nur in nicht öffentlicher Sitzung beraten werden dürfen. Mit dieser Aussage wollte sich Dominik Heinrich nicht zufrieden geben: Gerade angesichts der wiederholten Kritik, dass die ursprüngliche Entscheidung vom März 2009 nicht transparent gemacht wurde, sei es legitim, öffentlich über die wichtigen Eckpunkte eines neuen Vertrags zu diskutieren.

Thomas Albrecht (CDU) warf Heinrich daraufhin ein „wenig demokratisches“ Verhalten vor. „Man muss sich mit einem Abstimmungsergebnis auch mal abfinden“, attackierte der Unionsmann den Grünen. Die Forderung nach einer möglichst kurzen Pachtzeit sei schon deshalb nicht zielführend, weil sie dem Pächter keine Möglichkeit für Investitionen lasse. Sven Teuber (SPD) verlangte hingegen eine „größtmögliche Transparenz im Sinne des Rechts“. Es gebe durchaus Punkte, über die man auch öffentlich diskutieren könne, etwa was die künftige Dauer des Verkaufs auch nach 22 Uhr anbelangt. Anja Matatko konterte Albrechts Position mit der Feststellung, es sei „nicht nur das Recht, sondern die Pflicht“ des Ausschusses, zu artikulieren, welche konkreten Erwartungen man an den neuen Pachtvertrag habe. „Wir haben den Glauben, dass die Verwaltung in der Lage sein muss, das Bestmögliche für die Stadt zu erreichen“, hielt dem Peter Spang entgegen. Der FWGler schob hinterher: „das bestmögliche Ergebnis für die Allgemeinheit, nicht nur für die Anwohner“.

Während Teuber für seine Fraktion erklärte, dass man die Anliegen der Anwohner „voll und ganz“ unterstütze, sprach Spang von dem Versuch, auf diese Weise den Grundsatzbeschluss des Stadtrats auszuhebeln. Ähnlich äußerte sich Tobias Schneider von den Liberalen, der den Grünen einen „interessanten Taschenspielertrick“ vorwarf. Heinrichs Eckpunkte hätten nur zum Ziel, den Grundsatzbeschluss infrage zu stellen, er sei aber gegen „Zielvorgaben im luftleeren Raum“. Sodann verschärfte sich der Ton der Diskussion. Heinrich griff die CDU frontal an: Diese sei „absolut feige“ und wolle den „schwarzen Peter gänzlich an die Verwaltung schieben“. Auch Teuber schaltete sich erneut ein und warf namentlich Albrecht vor, sich hinter der Gemeindeordnung verstecken zu wollen, um nicht Farbe bekennen zu müssen. Der Sozialdemokrat verstieg sich gar zu der Unterstellung, gerade als Staatsanwalt wisse Albrecht ja, wie man Recht so auslegen könne, „wie es Ihnen passt“. Eine Entgleisung, die eine sofortige Reaktion nach sich zog: Er verbitte sich „diese Unverschämtheit“, rief Albrecht erregt in den Saal, woraufhin Elisabeth Tressel (ebenfalls CDU) den Stil der Debatte rügte. Teuber entschuldigte sich daraufhin für seinen verbalen Ausrutscher.

Laut Kaes-Torchiani soll es demnächst Verhandlungen zwischen der Stadt und der Deutschen BP über einen neuen Pachtvertrag geben. Ein Angebot vonseiten des Konzerns liege bereits vor, doch über Inhalte konnte sie im öffentlichen Teil der Sitzung nicht berichten – siehe Gemeindeordnung. Dass Kaes-Torchiani, die sich im März 2009 gegen eine Verlängerung des Pachtvertrags bis Ende 2012 aussprach und auch dem Grundsatzbeschluss des Rats vom vergangenen November kritisch gegenüber steht, die Position der Stadt unter Wert verkaufen wird, steht wohl nicht zu erwarten.

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