Breite Mehrheit für Schulkonzept

Zwei Tage vor der Ratssitzung zeichnet sich eine überraschend breite Mehrheit in Sachen Schulentwicklungskonzept ab. Am Dienstag präsentierten CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP einen gemeinsamen Antrag, der eine ganze Reihe von Änderungen der Vorlage des Stadtvorstands vorsieht. So verlangen die vier Fraktionen unter anderem den Erhalt der Egbert- sowie der Martin-Grundschule, zudem soll die Kurfürst-Balduin-Realschule an ihrem Standort in Trier-West verbleiben. Allerdings heißt es auch, dass „durch Konzentration fünf Grundschulstandorte“ aufgegeben werden müssten. So steht die Grundschule Kürenz vor dem Aus, Reichertsberg und Pallien sowie Ehrang und Quint sollen jeweils an einem gemeinsamen Standort zusammengelegt werden. Aufatmen können die Verantwortlichen des Horts in Heiligkreuz. 

TRIER. Alle müssten sich nun an einen Tisch setzen und dürften diesen nicht mehr verlassen, bevor weißer Rauch aufgestiegen sei, hatte Grünen-Fraktionschefin Petra Kewes vergangene Woche noch verlangt. Kaum begann am Dienstag im fernen Rom das Konklave, da präsentierten gleich vier der sechs Ratsfraktionen ein gemeinsames Papier, das den Schlusspunkt unter eine jahrelange, inzwischen ermüdende Diskussion setzen könnte – die um die mehr als überfällige Fortschreibung des Schulentwicklungskonzepts. Was bis vor wenigen Tagen noch kaum vorstellbar schien, gelang den Vertretern in, wie es aus Teilnehmerkreisen heißt, „sehr harten Verhandlungen“. Mit einem 16 Punkte umfassenden Änderungsantrag zur Vorlage des Stadtvorstands legten CDU, SPD, Grüne und Liberale ihre gemeinsame Linie fest.

Die vier Fraktionen fordern, dass fünf Grundschulstandorte aufgegeben werden. Hierfür müssten die Schulbezirke entsprechend vergrößert und die Schüler in drei- oder vierzügigen Grundschulen zusammengeführt werden. Die Grundschule Quint und die Grundschule St. Peter in Ehrang sollen „schnellstmöglich“ an einem neuen Standort fusionieren. Konkret müsse die Verwaltung hierfür aber zwei Optionen prüfen: einen Neubau in der Nähe des Ehranger Marienkrankenhauses oder aber die Nutzung der bestehenden Räumlichkeiten am Mäusheckerweg. Bis Ende des Jahres soll der Rat dann entscheiden, welche der beiden Varianten zum Zuge kommen wird. Bis zum Ausbau des neuen Standorts bleibe der Schulbetrieb in Ehrang und Quint aber erhalten, versichern die Fraktionen den betroffenen Eltern und Lehrern.

Gerettet scheint derweil die Egbert-Grundschule. Hier hatten sowohl CDU als auch SPD eine Verlagerung nach Olewig vorgeschlagen. Das Argument: Für einen Neubau am jetzigen Standort fehle schlicht das Geld. Von einem solchen Neubau, den der Stadtvorstand im Februar überraschend ins Gespräch brachte, ist nun auch nicht mehr die Rede. Stattdessen einigte man sich auf folgenden Kompromiss: „Die Grundschule Egbert bleibt ohne Aus- oder Neubau erhalten. Die Schulbezirksgrenzen sind so zu verändern, dass die zusätzlichen Kinder von Ausonius und Olewig aufgenommen werden können, ohne dass Egbert erweitert werden müsste.“ Die Grundschule Kürenz taucht in diesen Überlegungen nicht mehr auf, sie würde aufgegeben. Aufatmen werden die Eltern und Kinder auch in Martin: Hier sprechen sich die vier Fraktionen für einen Erhalt des Standorts aus.

Vom Tisch scheint nun endgültig auch die weitere Nutzung der früheren Robert-Schuman-Realschule. Hatten Gutachter Wolf Krämer-Mandeau und der Stadtvorstand noch vorgeschlagen, hier die Barbara- und die Egbert-Grundschule zusammenzulegen, wollen CDU, SPD, FDP und Grüne das Gebäude jetzt aufgeben. Womit auch eine mögliche Verlagerung einzelner Klassen der Kurfürst-Balduin-Realschule Plus in die Kaiserstraße nicht mehr zur Debatte stünde. Eine solche „Dislozierung“ hatte die SPD ins Gespräch gebracht. Stattdessen soll der Standort im Westen der Stadt weiter aufgewertet werden. Nicht nur, dass die Realschule Plus an ihrem angestammten Platz verbleiben würde, am selben Standort sollen außerdem die Grundschulen Pallien und Reichertsberg ein neues, gemeinsames Domizil erhalten. Spätestens zum Schuljahr 2018/2019 müsse der hierfür notwendige Erweiterungsbau stehen, verlangen die Autoren des Ergänzungsantrags.

Freude dürfte der gemeinsame Änderungsantrag auch in Heiligkreuz auslösen, wo man sich um die Zukunft des Hort sorgte. „Die Stadt Trier steht dem Ausbau des Anteils an Ganztagsgrundschulen positiv gegenüber, betont aber auch die Notwendigkeit der Existenz von Horten. Die Verwaltung wird beauftragt, dem Rat bis Ende 2013 ein Konzept vorzulegen, das einen Zeitplan für die Beantragung von Ganztagsgrundschulen mit dem Ziel eines gesamtstädtisch gesehenen Hortangebotes in Einklang bringt“, heißt es in dem Fraktionen übergreifenden Papier. Wichtiger noch für die Heiligkreuzer: Der Punkt 4.10 der Vorlage des Stadtvorstands, in dem die Auflösung des Horts erstmals thematisiert wurde, soll ersatzlos gestrichen werden.

Noch vor den vier Fraktionen hatte die FWG einen eigenen Änderungsantrag präsentiert. In diesem wird zwar ebenfalls der Ausbau des Standorts Balduin-Schule zu einem „Schulzentrum Trier-West“ gefordert und eine Aufgabe des Robert-Schuman-Gebäudes verlangt, auch will man den Hort in Heiligkreuz erhalten. Doch verlangen die Freien Wähler einen Erhalt der Grundschulen in Quint und Kürenz. Der Ausbau der Integrierten Gesamtschule auf dem Wolfsberg dürfe nur erfolgen, wenn eine „Prioritätenliste für die gesamten anstehenden Schulbaumaßnahmen vorliegt“.

Kritik kommt derweil von der Linken: Mit der Kompromisslösung zwischen den großen Fraktionen werde „das Engagement vieler Eltern, Lehrer und Schüler mit einer Hinterzimmerpolitik geradezu mit Füßen getreten“, so Linken-Fraktionschefin Katrin Werner. „Sollte jetzt ein Änderungsantrag vorgeschlagen werden, muss es genügend Zeit geben, diesen mit allen Betroffenen zu beraten und zu diskutieren“, verlangte sie. Ihre Fraktion setze sich weiterhin für den Erhalt der Schulstandorte Egbert, Kürenz, Martin und Quint ein.  „Wir können eine Lösung im Schulentwicklungskonzept nur mittragen, wenn das Wohl der Kinder in den Mittelpunkt gestellt wird und nicht die Konsolidierungsbemühungen des Haushaltes seitens Rat und Verwaltung Vorrang hat“, erklärt Werner weiter.

Der Durchbruch in der Schuldebatte kommt einer kommunalpolitischen Sensation gleich. Denn noch vor wenigen Tagen galt selbst für Insider als einigermaßen wahrscheinlich, dass der Tagesordnungspunkt auf die April-Sitzung verschoben werden könnte, um so weitere Zeit für die Verhandlungen zu gewinnen. Mit einer derart breiten Mehrheit hatten jedenfalls die wenigsten noch gerechnet.

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