Boa is back

Phillip Boa Exhaus Trier Pia Lund LoyaltyPhillip Boa ist einer der ganz wenigen ernstzunehmenden, deutschen Musiker. Er hat großartige Songs wie „Container Love“, „Diana“ und „Kill your Ideals“ geschrieben und nach einer musikalisch weniger bewegenden Zeit nun mit „Loyalty“ wieder ein ausgezeichnetes, vielseitiges Album veröffentlicht. Davon und viele mitreißende alte Stücke, die allesamt einen mehr oder weniger melancholischen Grundton haben, spielte der 49-Jährige mit seinem Voodooclub am vergangenen Donnerstag im Exhaus. Zudem war er ausgesprochen gut gelaunt. Ein nicht unerheblicher Teil der insgesamt 250 Besucher hatte die Independent-Ikone schon bei ihrem letzten Auftritt in Trier vor etwa zehn Jahren auf der Sommerbühne gesehen. Die meisten dürften auch bei Boas nächstem Konzert wieder dabei sein, denn der vergangene Gig war richtig gut. Zu dem gelungenen Abend trug auch die Trierer Electronic-Rock-Band „My First Robot“ bei, die sich als adäquaten Support erwies.

TRIER. Phillip Boa und seine Ex-Frau Pia Lund, die zu seiner Musik betörenden Gesang beisteuert, in der Garderobe kurz vor dem Auftritt:

„Du willst ja wohl nicht wieder die bescheuerten Sneaker zu deinem Anzug anziehen?“
„Warum nicht? Sie sind bequem und sehen cool aus.“
„Woher will einer, der auf der Bühne tanzt wie Mister Bean, wissen, was cool ist?“
„Wenn du weiter so verbittert rumzickst, werden deine Philtrumsfältchen bald so tief sein wie der Grand Canyon.“
„Arschloch.“

Dieser alberne Streit ist frei erfunden. Nie würden diese beiden tiefsinnigen, auf der Bühne so perfekt harmonierenden Menschen einen so primitiven Disput haben. Pia Lund hat allerdings während fast des gesamten Konzertes einen Gesichtsausdruck, als hätte es kurz zuvor noch eine heftige Auseinandersetzung gegeben. Auf der Bühne guckt sie ihren Ex-Partner kaum an. Es dauert 14 Stücke, bis sie zum ersten Mal lächelt. Bei „And then She kissed her“, das sie – wie Boa später bei „Albert is a Headbanger“ – alleine singt, wirkt sie für einen kurzen Moment nicht wie eine strenge Französischlehrerin mit Migräne. Warum Französischlehrerin? Vielleicht liegt‘s an der Aufgeschlossenheit vermittelnden Bekleidung der mutmaßlichen Endvierzigerin, die in schwarzen Lederstiefeln, einer hautengen Jeans und einer luftigen Bluse steckt.

Während Pia Lund wohl nur so dreinblickt, als leide sie unter Kopfschmerzen, hat Phillip Boa tatsächlich welche, wie er gegen Ende des Konzertes erzählt. Darum trinkt der nachdenkliche Mann mit der Volahiku-Frisur (vorne lang, hinten kurz) die ganze Zeit auch nur Wasser und reicht die vom Haus bereitgestellten alkoholischen Getränke ins Publikum. Eine großzügig tätowierte Zuschauerin in der ersten Reihe, die alle Stücke mitsingen kann, darf sich über eine halbvolle Flasche Rotwein freuen, aus der sie nur ganz kleine Schlucke nimmt.

Boa und sein vorzüglich besetzter Voodooclub – hier sind vor allem der Schlagzeuger Moses und der Percussionist und Keyboarder Toett hervorzuheben, die ab und zu synchron trommeln – machen aber nicht nur durstige Fans und mit Alkoholgeschenken glücklich. Ihre Musik ist das Berauschende. Die Mischung aus Klassikern wie das beschwingte „Container Love“, dessen poppige Fortsetzung „Love on Sale“ oder das lässige „Diana“ und Stücken wie „When the Wall of Voodoo Breaks“ oder „Sunny when it Rains“ des neuen, abwechslungsreichen Albums „Loyalty“ machen das Konzert rund. Zudem hat Boa sichtlich Spaß in Trier. Zwischen erster und zweiter Zugabe gibt es für die Besucher noch einen als „Back Ups“ bezeichneten Bonusblock unter anderen mit „Rome in the Rain“ und „So what“.

Nach dem Konzert klatscht der zu Unrecht als kompliziert geltende Musiker Hände ab. Sollte es vor dem Auftritt zwischen Boa und Lund wirklich Spannungen gegeben haben, sind diese im Anschluss hoffentlich verflogen. Es wäre schade, wenn nur die Zuschauer gut gelaunt das Exhaus verließen.

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