Akuter Klärungsbedarf in Sachen Fahrradstation

Kommt sie oder scheitert der Bau einer Fahrradstation am Hauptbahnhof an mangelnden Zuschüssen vom Land? Nachdem die vorbereitenden Untersuchungen für das Vorhaben abgeschlossen sind und ein Konzept für die Anlage vorliegt, steht und fällt die Realisierung des Projekts laut Rathaus mit der Förderung. 2008 sagte der damalige Verkehrsminister Hering dem OB zu, dass Mainz 85 Prozent der Investitionskosten beisteuere  – allerdings nur für die Radabstellanlagen. Doch die Station soll neben einer Großgarage für Velos auch einen Verleihservice sowie einen Fahrradladen umfassen. Aus dem Rathaus heißt es, man befinde sich in intensiven Gesprächen mit dem Ministerium. Bis dato gibt es in Rheinland-Pfalz noch keine Fahrradstation, die diese Bezeichnung verdient. Anders als im benachbarten Nordrhein-Westfalen, wo die Förderung solcher Anlagen großzügiger ausfällt.

TRIER. Man muss schon sehr aufmerksam sein, um auf das provisorische Schild am Durchgang zu Gleis 10 Süd zu stoßen. Von der Fabrikstraße führt der Weg zur Fahrradstation des Bürgerservices. Doch wer sein Zweirad einfach nur witterungsgeschützt abstellen möchte, der ist hier völlig fehl am Platz und muss noch etwas schieben – zu den überdachten Stellplätzen am Gleis 10 Nord. Wer dort noch einen Platz findet, sollte nun etwas Frustrationstoleranz mitbringen. Denn die Fahrradständer vom Typ „Pedalo Hoch-Tief“ sind alles andere als komfortabel, und was vom Hersteller als „stabil und platzsparend“ gepriesen wird, ist vor allem eines – unpraktisch. Derart dicht wurden die Ständer aneinander gereiht, dass man beim Einstellen des eigenen Rads unfreiwillig mit anderen aneinander gerät.

Wer mit dem Fahrrad zum Bahnhof fährt und dort in den Zug umsteigt, findet bislang eher suboptimale Bedingungen vor. Die Zahl der Abstellplätze reicht hinten und vorne nicht aus, weshalb zahlreiche Räder an Laternen festgekettet den Bahnhofsvorplatz säumen. Auch die Wegeführung von und zum Bahnhof ist arg verbesserungswürdig und eigentlich gar nicht vorhanden. Das Problem ist seit etlichen Jahren bekannt. Im Auftrag des Mainzer Verkehrsministeriums ermittelte das Trierer Büro für Mobilitätsberatung und Moderation den Bedarf für eine Fahrradstation in Trier. Nachdem der damalige Verkehrsminister Hendrik Hering OB Klaus Jensen (beide SPD) im Frühjahr 2008 eine großzügige Förderung in Aussicht stellte, stellten die Gremien des Stadtrats rasch die Weichen für eine Fahrradstation.

Nun liegt auch eine vom Büro für Mobilitätsberatung und Moderation in Zusammenarbeit mit dem Kölner Planerbüro Südstadt und ts-concept aus Düsseldorf erarbeitete Studie zur vorbereitenden Konzeptionierung der Fahrradstation vor. Demnach würde die geplante Anlage als „Kerndienstleistungen“ das bewachte und witterungsgeschützte Fahrradparken, den Fahrradverleih sowie einen Fahrradladen inklusive Werkstatt umfassen. Hinzu kämen möglicherweise weitere Dienstleitungs- und Serviceangebote, je nach Vorstellungen des künftigen Betreibers. Insgesamt wurde ein Bedarf von 480 Fahrradstellplätzen ermittelt. Davon würden 240 Einstellplätze auf das bewachte Parken entfallen, weitere 220 wären für Leihfahrräder vorgesehen und 40 Stellplätze für Reparaturaufbewahrung. Unter den Stellplätzen für bewachtes Parken werden zum jetzigen Stand etwa 40 mit einer Lademöglichkeit für Pedelecs geplant. Laut Rathaus haben mehrere potenzielle Betreiber ihr grundsätzliches Interesse an einem Betrieb einer solchen Station, wie es sie von Freiburg über Bielefeld bis Hannover schon seit Jahren gibt, signalisiert.

„Es besteht hohe Dringlichkeit für ein geregeltes und sicheres Fahrradparken im Bahnhofsumfeld“, betont die Verwaltung gegenüber 16vor. Mit der Realisierung der Fahrradstation werde nicht nur dem „wilden Abstellen der Fahrräder Einhalt geboten, es werden auch neue Kundenkreise für den kombinierten Umweltverbund (ÖPNV / SPNV mit dem Fahrrad als Zu- und Abverkehr) erschlossen, da dann auch hochwertige Fahrräder bedenkenlos abgestellt werden können“, argumentiert man im zuständigen Baudezernat, wo man sich von einer Fahrradstation neben einer Stärkung des Umweltverbundes auch einen „Anstoß zur allgemeinen Aufwertung des Bahnhofsumfeldes“ erhofft. Als wahrscheinlichster Standort für die Anlage gilt die ehemalige Expressguthalle im südlichen Bereich des Hauptbahnhofs. Hier wäre eine beidseitige Erschließung von der Fabrikstraße sowie vom Bahnsteig aus möglich.  „Die Gespräche zwischen der Stadt und der Deutschen Bahn AG bezüglich eines möglichen Erwerbs und einer Nutzung für eine Fahrradstation laufen“, heißt es.

Doch noch ist unklar, ob das Projekt, das ursprünglich schon bis 2011 realisiert werden sollte, tatsächlich verwirklicht werden kann. Denn auch wenn man sich in der Verwaltung noch außerstande sieht, zum jetzigen Planungsstand das notwendige Investitionsvolumen zu beziffern – die Finanzierung hängt in jedem Fall in der Schwebe.  „Die Realisierung der Fahrradstation ist vor allem abhängig von den konkreten Förderzusagen seitens des Landes. Zudem sind der Verlauf der Verhandlungen mit der Bahn und die Betreibersuche nicht konkret einzugrenzende Zeitfaktoren. Parallel dazu müssen auch noch die entsprechenden politischen Beschlüsse der städtischen Gremien gefasst werden“, listet die Verwaltung gleich mehrere Knackpunkte auf. Sollten alle diese Schritte jedoch optimal verlaufen, dann könne in diesem Jahr mit der konkreten Gebäudeplanung begonnen sowie der Grunderwerb getätigt werden.

Die grundsätzliche Zusage über eine 85-prozentige Förderung sei seitens des jeweils zuständigen Ministeriums „mehrfach schriftlich wiederholt“ worden, doch stehe ein förmlicher Bewilligungsbescheid noch aus. Zudem bestehe noch „akuter Klärungsbedarf“, auf welche Anlagenbestandteile sich die Förderung beziehe. Ein Sprecher der Stadt konkretisierte auf Nachfrage: „Die jüngsten Aussagen des zuständigen Ministeriums sagen eindeutig aus, dass sich die Förderung ausschließlich auf eine reine Fahrradabstellanlage und die hierfür benötigte Grundfläche bezieht. Sämtliche weitere Bestandteile einer wirklichen Radstation entsprechend dem Beispiel NRW wären demnach nicht zuschussfähig. Dies würde allerdings bedeuten, dass die Stadt das Projekt Fahrradstation nicht realsieren könnte. Statt dessen wäre nur eine reine Fahrradabstellanlage machbar“. Man befinde sich derzeit in intensiven Verhandlungen mit dem Land, um eine Ausweitung der Förderung auf das Gesamtprojekt zu ermöglichen. Im städtischen Haushalt für das laufende Jahr sind allerdings keinerlei Gelder für die Fahrradstation eingestellt.

Weniger kostenintensiv wäre die mehr als überfällige Verbesserung der Wegeführung von und zum Hauptbahnhof. Nicht nur Tausende Radtouristen verzweifeln an der Beschilderung, auch zahlreiche radelnde Pendler und Alltagsradler müssen weiträumige Umwege inkauf nehmen oder verstoßen gleich gegen die Straßenverkehrsordnung. Im Mobilitätskonzept 2025 sei ein ganzes „Maßnahmenbündel“ vorgesehen, welches „vielfache Verbesserungen“ im Bereich der Verbindung vom Hauptbahnhof zur Porta Nigra vorsehe. Unter anderem sei der fahrradgerechte Um- und Ausbau des Knotens am Balduinsbrunnen vorgesehen sowie die Einrichtung so genannter Umweltspuren, also für den Radverkehr freigegebener Busspuren. „Da man gemäß derzeitiger Verkehrsregelung mit dem Fahrrad vom Hauptbahnhof über die Bahnhofsstraße in Richtung Innenstadt nur schiebend unterwegs sein darf, besteht hier akuter Handlungsbedarf“, räumt jetzt auch das Rathaus ein und verspricht: „Dem Projekt wird dementsprechend verwaltungsseitig eine sehr hohe Priorität eingeräumt. Die konkreten Planungen sollen daher zügig angegangen werden“. Einen konkreten Zeitplan nennt die Verwaltung nicht.

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